gen, ferner außerordentliche Vorräthe von Kriegsbe¬ dürfnissen aller Art. Der letzte Anhalt des zerrütteten Heeres auf dieser Seite war verloren. "Von diesem Zeitpunkte hauptsächlich, sagt Napoleon in seinen dem General Montholon diktirten Bemerkungen begannen die großen Verluste dieses Feldzuges, und nichts konnte unvorhergesehener sein, als dieses Ereigniß von Wilna."
Tettenborn übergab die Stadt dem General Tscha¬ plitz, der mit dem Vortrabe des Admirals Tschitschakoff herangeeilt war, und rückte gleich am folgenden Tage gegen den Niemen vor, um die Verbindung des Mar¬ schalls Macdonald, der noch bei Mitau stand, mit dem Könige Murat, der in Königsberg die zerstreueten Truppen sammelte, zu unterbrechen. In dieser Gegend stieß Tettenborn auf preußische Truppen, mit welchen es aber, da man sich gegenseitig gute Gesinnung zu¬ traute, zu keinem ernstlichen Gefechte kam; nach einigen Scharmützeln erhielten sie Befehl, sich über den Niemen zurückzuziehen, und Tettenborn ging ungehindert nach Tilsit vor, wo die Einwohner ihn mit begeistertem Ju¬ bel empfingen. Nach einigen weiteren leichten Gefech¬ ten zwischen Tilsit und Ragnit hob der inzwischen von dem General von Yorck mit den russischen Befehlsha¬ bern eingegangne Waffenstillstand auch diesen Anschein von Feindseligkeit zwischen den Russen und Preußen auf, diese letztern trennten sich von den Franzosen, und Tettenborn konnte nun den Marschall Macdonald, der
gen, ferner außerordentliche Vorraͤthe von Kriegsbe¬ duͤrfniſſen aller Art. Der letzte Anhalt des zerruͤtteten Heeres auf dieſer Seite war verloren. „Von dieſem Zeitpunkte hauptſaͤchlich, ſagt Napoleon in ſeinen dem General Montholon diktirten Bemerkungen begannen die großen Verluſte dieſes Feldzuges, und nichts konnte unvorhergeſehener ſein, als dieſes Ereigniß von Wilna.“
Tettenborn uͤbergab die Stadt dem General Tſcha¬ plitz, der mit dem Vortrabe des Admirals Tſchitſchakoff herangeeilt war, und ruͤckte gleich am folgenden Tage gegen den Niemen vor, um die Verbindung des Mar¬ ſchalls Macdonald, der noch bei Mitau ſtand, mit dem Koͤnige Murat, der in Koͤnigsberg die zerſtreueten Truppen ſammelte, zu unterbrechen. In dieſer Gegend ſtieß Tettenborn auf preußiſche Truppen, mit welchen es aber, da man ſich gegenſeitig gute Geſinnung zu¬ traute, zu keinem ernſtlichen Gefechte kam; nach einigen Scharmuͤtzeln erhielten ſie Befehl, ſich uͤber den Niemen zuruͤckzuziehen, und Tettenborn ging ungehindert nach Tilſit vor, wo die Einwohner ihn mit begeiſtertem Ju¬ bel empfingen. Nach einigen weiteren leichten Gefech¬ ten zwiſchen Tilſit und Ragnit hob der inzwiſchen von dem General von Yorck mit den ruſſiſchen Befehlsha¬ bern eingegangne Waffenſtillſtand auch dieſen Anſchein von Feindſeligkeit zwiſchen den Ruſſen und Preußen auf, dieſe letztern trennten ſich von den Franzoſen, und Tettenborn konnte nun den Marſchall Macdonald, der
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gen, ferner außerordentliche Vorraͤthe von Kriegsbe¬
duͤrfniſſen aller Art. Der letzte Anhalt des zerruͤtteten
Heeres auf dieſer Seite war verloren. „Von dieſem
Zeitpunkte hauptſaͤchlich, ſagt Napoleon in ſeinen dem
General Montholon diktirten Bemerkungen begannen
die großen Verluſte dieſes Feldzuges, und nichts konnte
unvorhergeſehener ſein, als dieſes Ereigniß von Wilna.“
Tettenborn uͤbergab die Stadt dem General Tſcha¬
plitz, der mit dem Vortrabe des Admirals Tſchitſchakoff
herangeeilt war, und ruͤckte gleich am folgenden Tage
gegen den Niemen vor, um die Verbindung des Mar¬
ſchalls Macdonald, der noch bei Mitau ſtand, mit dem
Koͤnige Murat, der in Koͤnigsberg die zerſtreueten
Truppen ſammelte, zu unterbrechen. In dieſer Gegend
ſtieß Tettenborn auf preußiſche Truppen, mit welchen
es aber, da man ſich gegenſeitig gute Geſinnung zu¬
traute, zu keinem ernſtlichen Gefechte kam; nach einigen
Scharmuͤtzeln erhielten ſie Befehl, ſich uͤber den Niemen
zuruͤckzuziehen, und Tettenborn ging ungehindert nach
Tilſit vor, wo die Einwohner ihn mit begeiſtertem Ju¬
bel empfingen. Nach einigen weiteren leichten Gefech¬
ten zwiſchen Tilſit und Ragnit hob der inzwiſchen von
dem General von Yorck mit den ruſſiſchen Befehlsha¬
bern eingegangne Waffenſtillſtand auch dieſen Anſchein
von Feindſeligkeit zwiſchen den Ruſſen und Preußen
auf, dieſe letztern trennten ſich von den Franzoſen, und
Tettenborn konnte nun den Marſchall Macdonald, der
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/251>, abgerufen am 24.11.2024.
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