des inneren Lebens bei; solche Begabung des Geistes und solch' einnehmende Gemüthsfülle finden sich nur selten vereinigt. Auch an litterarischem Talent war Frau von Fouque größer, als die meisten ihrer Zeitge¬ nossinnen, die später mit ihr wetteiferten, und ihr erstes Erzeugniß dieser Art, ein Roman "Rodrich" wird an kräftiger Haltung gewiß von keiner Frauendichtung über¬ troffen. Die Umstände, welche späterhin dieses Talent dennoch hindern konnten, in seiner ganzen Macht her¬ vorzutreten, und die Ruhmesgebühr, zu der es berech¬ tigt war, von der Welt einzufordern, werden deshalb immer zu beklagen sein!
Liebevoll und befriedigend stellte sich daß Verhältniß mit Fouque. Wer ihn bloß in spätern Jahren gekannt hat, wird ihm einen tiefen Grund von Edelsinn und Gutmüthigkeit nicht absprechen dürfen, wenn auch diese schönen Eigenschaften, und sogar seine dichterische Gabe, jetzt von mancher Verbitterung, die ihm das Leben zu¬ geführt hat, getrübt sind. In jener Zeit aber war der lebhafte, bescheidene, freisinnige und herzliche, von jedem besten Willen beseelte Mann das Bild der reinsten Liebes¬ würdigkeit. Er sah auf eine zum Theil schmerzvolle Vergangenheit so ergeben zurück, als hätte er nichts mehr zu hoffen, und hoffte so frisch und fröhlich von jedem neuen Tage das Beste, als hätte er noch gar nichts erlebt. Seine Dichtung stand auf der Höhe des genußreichsten Hervorbringens, mit jedem kleinen
des inneren Lebens bei; ſolche Begabung des Geiſtes und ſolch' einnehmende Gemuͤthsfuͤlle finden ſich nur ſelten vereinigt. Auch an litterariſchem Talent war Frau von Fouqué groͤßer, als die meiſten ihrer Zeitge¬ noſſinnen, die ſpaͤter mit ihr wetteiferten, und ihr erſtes Erzeugniß dieſer Art, ein Roman „Rodrich“ wird an kraͤftiger Haltung gewiß von keiner Frauendichtung uͤber¬ troffen. Die Umſtaͤnde, welche ſpaͤterhin dieſes Talent dennoch hindern konnten, in ſeiner ganzen Macht her¬ vorzutreten, und die Ruhmesgebuͤhr, zu der es berech¬ tigt war, von der Welt einzufordern, werden deshalb immer zu beklagen ſein!
Liebevoll und befriedigend ſtellte ſich daß Verhaͤltniß mit Fouqué. Wer ihn bloß in ſpaͤtern Jahren gekannt hat, wird ihm einen tiefen Grund von Edelſinn und Gutmuͤthigkeit nicht abſprechen duͤrfen, wenn auch dieſe ſchoͤnen Eigenſchaften, und ſogar ſeine dichteriſche Gabe, jetzt von mancher Verbitterung, die ihm das Leben zu¬ gefuͤhrt hat, getruͤbt ſind. In jener Zeit aber war der lebhafte, beſcheidene, freiſinnige und herzliche, von jedem beſten Willen beſeelte Mann das Bild der reinſten Liebes¬ wuͤrdigkeit. Er ſah auf eine zum Theil ſchmerzvolle Vergangenheit ſo ergeben zuruͤck, als haͤtte er nichts mehr zu hoffen, und hoffte ſo friſch und froͤhlich von jedem neuen Tage das Beſte, als haͤtte er noch gar nichts erlebt. Seine Dichtung ſtand auf der Hoͤhe des genußreichſten Hervorbringens, mit jedem kleinen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0026"n="14"/>
des inneren Lebens bei; ſolche Begabung des Geiſtes<lb/>
und ſolch' einnehmende Gemuͤthsfuͤlle finden ſich nur<lb/>ſelten vereinigt. Auch an litterariſchem Talent war<lb/>
Frau von Fouqu<hirendition="#aq">é</hi> groͤßer, als die meiſten ihrer Zeitge¬<lb/>
noſſinnen, die ſpaͤter mit ihr wetteiferten, und ihr erſtes<lb/>
Erzeugniß dieſer Art, ein Roman „Rodrich“ wird an<lb/>
kraͤftiger Haltung gewiß von keiner Frauendichtung uͤber¬<lb/>
troffen. Die Umſtaͤnde, welche ſpaͤterhin dieſes Talent<lb/>
dennoch hindern konnten, in ſeiner ganzen Macht her¬<lb/>
vorzutreten, und die Ruhmesgebuͤhr, zu der es berech¬<lb/>
tigt war, von der Welt einzufordern, werden deshalb<lb/>
immer zu beklagen ſein!</p><lb/><p>Liebevoll und befriedigend ſtellte ſich daß Verhaͤltniß<lb/>
mit Fouqu<hirendition="#aq">é</hi>. Wer ihn bloß in ſpaͤtern Jahren gekannt<lb/>
hat, wird ihm einen tiefen Grund von Edelſinn und<lb/>
Gutmuͤthigkeit nicht abſprechen duͤrfen, wenn auch dieſe<lb/>ſchoͤnen Eigenſchaften, und ſogar ſeine dichteriſche Gabe,<lb/>
jetzt von mancher Verbitterung, die ihm das Leben zu¬<lb/>
gefuͤhrt hat, getruͤbt ſind. In jener Zeit aber war der<lb/>
lebhafte, beſcheidene, freiſinnige und herzliche, von jedem<lb/>
beſten Willen beſeelte Mann das Bild der reinſten Liebes¬<lb/>
wuͤrdigkeit. Er ſah auf eine zum Theil ſchmerzvolle<lb/>
Vergangenheit ſo ergeben zuruͤck, als haͤtte er nichts<lb/>
mehr zu hoffen, und hoffte ſo friſch und froͤhlich von<lb/>
jedem neuen Tage das Beſte, als haͤtte er noch gar<lb/>
nichts erlebt. Seine Dichtung ſtand auf der Hoͤhe<lb/>
des genußreichſten Hervorbringens, mit jedem kleinen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[14/0026]
des inneren Lebens bei; ſolche Begabung des Geiſtes
und ſolch' einnehmende Gemuͤthsfuͤlle finden ſich nur
ſelten vereinigt. Auch an litterariſchem Talent war
Frau von Fouqué groͤßer, als die meiſten ihrer Zeitge¬
noſſinnen, die ſpaͤter mit ihr wetteiferten, und ihr erſtes
Erzeugniß dieſer Art, ein Roman „Rodrich“ wird an
kraͤftiger Haltung gewiß von keiner Frauendichtung uͤber¬
troffen. Die Umſtaͤnde, welche ſpaͤterhin dieſes Talent
dennoch hindern konnten, in ſeiner ganzen Macht her¬
vorzutreten, und die Ruhmesgebuͤhr, zu der es berech¬
tigt war, von der Welt einzufordern, werden deshalb
immer zu beklagen ſein!
Liebevoll und befriedigend ſtellte ſich daß Verhaͤltniß
mit Fouqué. Wer ihn bloß in ſpaͤtern Jahren gekannt
hat, wird ihm einen tiefen Grund von Edelſinn und
Gutmuͤthigkeit nicht abſprechen duͤrfen, wenn auch dieſe
ſchoͤnen Eigenſchaften, und ſogar ſeine dichteriſche Gabe,
jetzt von mancher Verbitterung, die ihm das Leben zu¬
gefuͤhrt hat, getruͤbt ſind. In jener Zeit aber war der
lebhafte, beſcheidene, freiſinnige und herzliche, von jedem
beſten Willen beſeelte Mann das Bild der reinſten Liebes¬
wuͤrdigkeit. Er ſah auf eine zum Theil ſchmerzvolle
Vergangenheit ſo ergeben zuruͤck, als haͤtte er nichts
mehr zu hoffen, und hoffte ſo friſch und froͤhlich von
jedem neuen Tage das Beſte, als haͤtte er noch gar
nichts erlebt. Seine Dichtung ſtand auf der Hoͤhe
des genußreichſten Hervorbringens, mit jedem kleinen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/26>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.