Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

ser überall bedingt, gestattete durchaus keine Anwen¬
dung großer Massen, noch selbst deren Vereinigung
unter persönlichen Oberbefehl, und so legten die Um¬
stände den Hamburgern grade den härtesten Theil des
Kriegs auf, der mehr im standhaften Ertragen unauf¬
hörlicher Mühsale und Beschwerden, und im willigen
Hingeben an die Einzelheit geringfügiger Leistungen,
als in den Anstrengungen der Schlacht und den begei¬
sternden Zuständen der Gefahr besteht.

Tettenborn sah nur zu bald erfüllt, was er vor¬
ausgesehn hatte; kaum war man in Kopenhagen von
der Abweisung, die der Graf von Bernstorff in Eng¬
land erfahren hatte, unterrichtet, als auch sogleich an
die dänischen Truppen der Befehl abgesandt wurde,
sich zurückzuziehen und Hamburg seinem Schicksale zu
überlassen; dieser Befehl traf am 18. Mai in Hamburg
ein, und sollte sogleich ausgeführt, sowie den Franzosen
dies angezeigt werden. Tettenborn bestürmte den Ge¬
neral von Wegener und den Oberstlieutenant von Haff¬
ner mit Vorstellungen und Ermahnungen, um sie we¬
nigstens zu einem Aufschub in Vollstreckung jenes Be¬
fehls zu bewegen; die Erörterung der Lage Dänemarks
gegen die Verbündeten, die von dänischer Seite schon
verübten Feindseligkeiten gegen Frankreich, das noch
eben erst auf Wilhelmsburg vergossene dänische Blut,
die Ehre der dänischen Truppen und ihre eigne Be¬
stürzung über diese schnelle Umkehr, kurz alles, was

ſer uͤberall bedingt, geſtattete durchaus keine Anwen¬
dung großer Maſſen, noch ſelbſt deren Vereinigung
unter perſoͤnlichen Oberbefehl, und ſo legten die Um¬
ſtaͤnde den Hamburgern grade den haͤrteſten Theil des
Kriegs auf, der mehr im ſtandhaften Ertragen unauf¬
hoͤrlicher Muͤhſale und Beſchwerden, und im willigen
Hingeben an die Einzelheit geringfuͤgiger Leiſtungen,
als in den Anſtrengungen der Schlacht und den begei¬
ſternden Zuſtaͤnden der Gefahr beſteht.

Tettenborn ſah nur zu bald erfuͤllt, was er vor¬
ausgeſehn hatte; kaum war man in Kopenhagen von
der Abweiſung, die der Graf von Bernſtorff in Eng¬
land erfahren hatte, unterrichtet, als auch ſogleich an
die daͤniſchen Truppen der Befehl abgeſandt wurde,
ſich zuruͤckzuziehen und Hamburg ſeinem Schickſale zu
uͤberlaſſen; dieſer Befehl traf am 18. Mai in Hamburg
ein, und ſollte ſogleich ausgefuͤhrt, ſowie den Franzoſen
dies angezeigt werden. Tettenborn beſtuͤrmte den Ge¬
neral von Wegener und den Oberſtlieutenant von Haff¬
ner mit Vorſtellungen und Ermahnungen, um ſie we¬
nigſtens zu einem Aufſchub in Vollſtreckung jenes Be¬
fehls zu bewegen; die Eroͤrterung der Lage Daͤnemarks
gegen die Verbuͤndeten, die von daͤniſcher Seite ſchon
veruͤbten Feindſeligkeiten gegen Frankreich, das noch
eben erſt auf Wilhelmsburg vergoſſene daͤniſche Blut,
die Ehre der daͤniſchen Truppen und ihre eigne Be¬
ſtuͤrzung uͤber dieſe ſchnelle Umkehr, kurz alles, was

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0373" n="361"/>
&#x017F;er u&#x0364;berall bedingt, ge&#x017F;tattete durchaus keine Anwen¬<lb/>
dung großer Ma&#x017F;&#x017F;en, noch &#x017F;elb&#x017F;t deren Vereinigung<lb/>
unter per&#x017F;o&#x0364;nlichen Oberbefehl, und &#x017F;o legten die Um¬<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nde den Hamburgern grade den ha&#x0364;rte&#x017F;ten Theil des<lb/>
Kriegs auf, der mehr im &#x017F;tandhaften Ertragen unauf¬<lb/>
ho&#x0364;rlicher Mu&#x0364;h&#x017F;ale und Be&#x017F;chwerden, und im willigen<lb/>
Hingeben an die Einzelheit geringfu&#x0364;giger Lei&#x017F;tungen,<lb/>
als in den An&#x017F;trengungen der Schlacht und den begei¬<lb/>
&#x017F;ternden Zu&#x017F;ta&#x0364;nden der Gefahr be&#x017F;teht.</p><lb/>
        <p>Tettenborn &#x017F;ah nur zu bald erfu&#x0364;llt, was er vor¬<lb/>
ausge&#x017F;ehn hatte; kaum war man in Kopenhagen von<lb/>
der Abwei&#x017F;ung, die der Graf von Bern&#x017F;torff in Eng¬<lb/>
land erfahren hatte, unterrichtet, als auch &#x017F;ogleich an<lb/>
die da&#x0364;ni&#x017F;chen Truppen der Befehl abge&#x017F;andt wurde,<lb/>
&#x017F;ich zuru&#x0364;ckzuziehen und Hamburg &#x017F;einem Schick&#x017F;ale zu<lb/>
u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en; die&#x017F;er Befehl traf am <hi rendition="#b">18.</hi> Mai in Hamburg<lb/>
ein, und &#x017F;ollte &#x017F;ogleich ausgefu&#x0364;hrt, &#x017F;owie den Franzo&#x017F;en<lb/>
dies angezeigt werden. Tettenborn be&#x017F;tu&#x0364;rmte den Ge¬<lb/>
neral von Wegener und den Ober&#x017F;tlieutenant von Haff¬<lb/>
ner mit Vor&#x017F;tellungen und Ermahnungen, um &#x017F;ie we¬<lb/>
nig&#x017F;tens zu einem Auf&#x017F;chub in Voll&#x017F;treckung jenes Be¬<lb/>
fehls zu bewegen; die Ero&#x0364;rterung der Lage Da&#x0364;nemarks<lb/>
gegen die Verbu&#x0364;ndeten, die von da&#x0364;ni&#x017F;cher Seite &#x017F;chon<lb/>
veru&#x0364;bten Feind&#x017F;eligkeiten gegen Frankreich, das noch<lb/>
eben er&#x017F;t auf Wilhelmsburg vergo&#x017F;&#x017F;ene da&#x0364;ni&#x017F;che Blut,<lb/>
die Ehre der da&#x0364;ni&#x017F;chen Truppen und ihre eigne Be¬<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;rzung u&#x0364;ber die&#x017F;e &#x017F;chnelle Umkehr, kurz alles, was<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[361/0373] ſer uͤberall bedingt, geſtattete durchaus keine Anwen¬ dung großer Maſſen, noch ſelbſt deren Vereinigung unter perſoͤnlichen Oberbefehl, und ſo legten die Um¬ ſtaͤnde den Hamburgern grade den haͤrteſten Theil des Kriegs auf, der mehr im ſtandhaften Ertragen unauf¬ hoͤrlicher Muͤhſale und Beſchwerden, und im willigen Hingeben an die Einzelheit geringfuͤgiger Leiſtungen, als in den Anſtrengungen der Schlacht und den begei¬ ſternden Zuſtaͤnden der Gefahr beſteht. Tettenborn ſah nur zu bald erfuͤllt, was er vor¬ ausgeſehn hatte; kaum war man in Kopenhagen von der Abweiſung, die der Graf von Bernſtorff in Eng¬ land erfahren hatte, unterrichtet, als auch ſogleich an die daͤniſchen Truppen der Befehl abgeſandt wurde, ſich zuruͤckzuziehen und Hamburg ſeinem Schickſale zu uͤberlaſſen; dieſer Befehl traf am 18. Mai in Hamburg ein, und ſollte ſogleich ausgefuͤhrt, ſowie den Franzoſen dies angezeigt werden. Tettenborn beſtuͤrmte den Ge¬ neral von Wegener und den Oberſtlieutenant von Haff¬ ner mit Vorſtellungen und Ermahnungen, um ſie we¬ nigſtens zu einem Aufſchub in Vollſtreckung jenes Be¬ fehls zu bewegen; die Eroͤrterung der Lage Daͤnemarks gegen die Verbuͤndeten, die von daͤniſcher Seite ſchon veruͤbten Feindſeligkeiten gegen Frankreich, das noch eben erſt auf Wilhelmsburg vergoſſene daͤniſche Blut, die Ehre der daͤniſchen Truppen und ihre eigne Be¬ ſtuͤrzung uͤber dieſe ſchnelle Umkehr, kurz alles, was

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/373
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/373>, abgerufen am 21.11.2024.