die persönliche Gesinnung und die Kunst der Ueber¬ redung nur immer darbot, wurde angewandt, um we¬ nigstens vierundzwanzig Stunden zu gewinnen, die denn endlich auch zugestanden wurden, mit dem Ver¬ sprechen, daß erst nach deren Ablauf die Franzosen dänischerseits von dem Zurückziehn der Truppen benach¬ richtigt werden sollten. Diese kurze Frist benutzte Tet¬ tenborn, um auf's neue Eilboten an den General Döb¬ beln zu senden, so wie an alle die Orte, von denen für Hamburg zwar nicht in diesem Augenblick, aber doch später Hülfe zu erwarten war, und für welche die Nachricht dieser Veränderung große Wichtigkeit ha¬ ben mußte. Als endlich am 19. Abends, da es schon dunkel geworden war, die dänischen Truppen wirklich abzogen und von dem Grasbrook und Hamburgerberg ihr Geschütz wegnahmen, verwandelte sich aller noch übrige Muth in trostlose Niedergeschlagenheit. Die Meisten gaben alle Hoffnung auf, die Stadt, die so¬ gar mit der Hülfe der Dänen nicht gegen die große Uebermacht des Feindes sicher gewesen war, nun ohne solchen Beistand noch länger zu behaupten. Zwar ver¬ kündigte Tettenborn unmittelbar darauf die Annäherung der Schweden, die der General Döbbeln inzwischen wirklich versprochen hatte zu schicken, allein theils hielt man diese noch für entfernt, theils hatte ein durch die lange Gewohnheit entstandenes Gefühl ihrer Lage die Hamburger in dem nachbarlichen Beistand der Dänen
die perſoͤnliche Geſinnung und die Kunſt der Ueber¬ redung nur immer darbot, wurde angewandt, um we¬ nigſtens vierundzwanzig Stunden zu gewinnen, die denn endlich auch zugeſtanden wurden, mit dem Ver¬ ſprechen, daß erſt nach deren Ablauf die Franzoſen daͤniſcherſeits von dem Zuruͤckziehn der Truppen benach¬ richtigt werden ſollten. Dieſe kurze Friſt benutzte Tet¬ tenborn, um auf's neue Eilboten an den General Doͤb¬ beln zu ſenden, ſo wie an alle die Orte, von denen fuͤr Hamburg zwar nicht in dieſem Augenblick, aber doch ſpaͤter Huͤlfe zu erwarten war, und fuͤr welche die Nachricht dieſer Veraͤnderung große Wichtigkeit ha¬ ben mußte. Als endlich am 19. Abends, da es ſchon dunkel geworden war, die daͤniſchen Truppen wirklich abzogen und von dem Grasbrook und Hamburgerberg ihr Geſchuͤtz wegnahmen, verwandelte ſich aller noch uͤbrige Muth in troſtloſe Niedergeſchlagenheit. Die Meiſten gaben alle Hoffnung auf, die Stadt, die ſo¬ gar mit der Huͤlfe der Daͤnen nicht gegen die große Uebermacht des Feindes ſicher geweſen war, nun ohne ſolchen Beiſtand noch laͤnger zu behaupten. Zwar ver¬ kuͤndigte Tettenborn unmittelbar darauf die Annaͤherung der Schweden, die der General Doͤbbeln inzwiſchen wirklich verſprochen hatte zu ſchicken, allein theils hielt man dieſe noch fuͤr entfernt, theils hatte ein durch die lange Gewohnheit entſtandenes Gefuͤhl ihrer Lage die Hamburger in dem nachbarlichen Beiſtand der Daͤnen
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die perſoͤnliche Geſinnung und die Kunſt der Ueber¬
redung nur immer darbot, wurde angewandt, um we¬
nigſtens vierundzwanzig Stunden zu gewinnen, die
denn endlich auch zugeſtanden wurden, mit dem Ver¬
ſprechen, daß erſt nach deren Ablauf die Franzoſen
daͤniſcherſeits von dem Zuruͤckziehn der Truppen benach¬
richtigt werden ſollten. Dieſe kurze Friſt benutzte Tet¬
tenborn, um auf's neue Eilboten an den General Doͤb¬
beln zu ſenden, ſo wie an alle die Orte, von denen
fuͤr Hamburg zwar nicht in dieſem Augenblick, aber
doch ſpaͤter Huͤlfe zu erwarten war, und fuͤr welche
die Nachricht dieſer Veraͤnderung große Wichtigkeit ha¬
ben mußte. Als endlich am 19. Abends, da es ſchon
dunkel geworden war, die daͤniſchen Truppen wirklich
abzogen und von dem Grasbrook und Hamburgerberg
ihr Geſchuͤtz wegnahmen, verwandelte ſich aller noch
uͤbrige Muth in troſtloſe Niedergeſchlagenheit. Die
Meiſten gaben alle Hoffnung auf, die Stadt, die ſo¬
gar mit der Huͤlfe der Daͤnen nicht gegen die große
Uebermacht des Feindes ſicher geweſen war, nun ohne
ſolchen Beiſtand noch laͤnger zu behaupten. Zwar ver¬
kuͤndigte Tettenborn unmittelbar darauf die Annaͤherung
der Schweden, die der General Doͤbbeln inzwiſchen
wirklich verſprochen hatte zu ſchicken, allein theils hielt
man dieſe noch fuͤr entfernt, theils hatte ein durch die
lange Gewohnheit entſtandenes Gefuͤhl ihrer Lage die
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/374>, abgerufen am 24.11.2024.
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