den Kronprinzen alsbald nach seiner Landung die Ab¬ geordneten Parish, Gries und Karl Sieveking gesandt; der letztere, damals in noch sehr jungen Jahren, zeigte schon die großen Vorzüge des Geistes und Karakters, welche er seitdem in seiner ehrenvollen Laufbahn staats¬ männischen Wirkens zum Wohl und Ruhm seiner Va¬ terstadt vielfach dargethan. Der Kronprinz hörte die Vorstellungen der Abgeordneten theilnehmend an, ver¬ mied aber jede bestimmte Zusicherung. Allein selbst im günstigsten Falle, wenn er alles gewährte, was in sei¬ ner Macht stand, mußten viele Tage hingehen, bevor die Hülfe eintreffen konnte, die mit jeder Stunde, welche dieser Zustand fortdauerte, Gefahr lief, zu spät zu kommen. Es blieb daher nichts übrig, um nur einigen Halt in die Sachen zu bringen, als von Wall¬ moden Verstärkung zu beziehn. Dieser sandte ein preußi¬ sches Bataillon, welches zwar nicht sehr stark war, aber aus Kerntruppen bestand, bei Lüneburg das Gefecht ruhmvoll entschieden hatte, und in dem Oberstlieute¬ nant von Borck sich des tapfersten Anführers rühmen konnten. Am 27. Mai traf das Bataillon in Hamburg ein, und brachte einen neuen Schimmer von Hoffnung für die Einwohner mit, welche dieser Truppen endlich glaubten gewiß sein zu können.
Wunderbar genug blieb auch jetzt, nach dem Ab¬ zuge der Schweden, wie früher der Dänen, der Feind ganz ruhig, und wagte keinen Angriff, ja ließ sogar
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den Kronprinzen alsbald nach ſeiner Landung die Ab¬ geordneten Pariſh, Gries und Karl Sieveking geſandt; der letztere, damals in noch ſehr jungen Jahren, zeigte ſchon die großen Vorzuͤge des Geiſtes und Karakters, welche er ſeitdem in ſeiner ehrenvollen Laufbahn ſtaats¬ maͤnniſchen Wirkens zum Wohl und Ruhm ſeiner Va¬ terſtadt vielfach dargethan. Der Kronprinz hoͤrte die Vorſtellungen der Abgeordneten theilnehmend an, ver¬ mied aber jede beſtimmte Zuſicherung. Allein ſelbſt im guͤnſtigſten Falle, wenn er alles gewaͤhrte, was in ſei¬ ner Macht ſtand, mußten viele Tage hingehen, bevor die Huͤlfe eintreffen konnte, die mit jeder Stunde, welche dieſer Zuſtand fortdauerte, Gefahr lief, zu ſpaͤt zu kommen. Es blieb daher nichts uͤbrig, um nur einigen Halt in die Sachen zu bringen, als von Wall¬ moden Verſtaͤrkung zu beziehn. Dieſer ſandte ein preußi¬ ſches Bataillon, welches zwar nicht ſehr ſtark war, aber aus Kerntruppen beſtand, bei Luͤneburg das Gefecht ruhmvoll entſchieden hatte, und in dem Oberſtlieute¬ nant von Borck ſich des tapferſten Anfuͤhrers ruͤhmen konnten. Am 27. Mai traf das Bataillon in Hamburg ein, und brachte einen neuen Schimmer von Hoffnung fuͤr die Einwohner mit, welche dieſer Truppen endlich glaubten gewiß ſein zu koͤnnen.
Wunderbar genug blieb auch jetzt, nach dem Ab¬ zuge der Schweden, wie fruͤher der Daͤnen, der Feind ganz ruhig, und wagte keinen Angriff, ja ließ ſogar
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den Kronprinzen alsbald nach ſeiner Landung die Ab¬
geordneten Pariſh, Gries und Karl Sieveking geſandt;
der letztere, damals in noch ſehr jungen Jahren, zeigte
ſchon die großen Vorzuͤge des Geiſtes und Karakters,
welche er ſeitdem in ſeiner ehrenvollen Laufbahn ſtaats¬
maͤnniſchen Wirkens zum Wohl und Ruhm ſeiner Va¬
terſtadt vielfach dargethan. Der Kronprinz hoͤrte die
Vorſtellungen der Abgeordneten theilnehmend an, ver¬
mied aber jede beſtimmte Zuſicherung. Allein ſelbſt im
guͤnſtigſten Falle, wenn er alles gewaͤhrte, was in ſei¬
ner Macht ſtand, mußten viele Tage hingehen, bevor
die Huͤlfe eintreffen konnte, die mit jeder Stunde,
welche dieſer Zuſtand fortdauerte, Gefahr lief, zu ſpaͤt
zu kommen. Es blieb daher nichts uͤbrig, um nur
einigen Halt in die Sachen zu bringen, als von Wall¬
moden Verſtaͤrkung zu beziehn. Dieſer ſandte ein preußi¬
ſches Bataillon, welches zwar nicht ſehr ſtark war, aber
aus Kerntruppen beſtand, bei Luͤneburg das Gefecht
ruhmvoll entſchieden hatte, und in dem Oberſtlieute¬
nant von Borck ſich des tapferſten Anfuͤhrers ruͤhmen
konnten. Am 27. Mai traf das Bataillon in Hamburg
ein, und brachte einen neuen Schimmer von Hoffnung
fuͤr die Einwohner mit, welche dieſer Truppen endlich
glaubten gewiß ſein zu koͤnnen.
Wunderbar genug blieb auch jetzt, nach dem Ab¬
zuge der Schweden, wie fruͤher der Daͤnen, der Feind
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/383>, abgerufen am 21.11.2024.
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