im Bombardiren der Stadt nach. Er dachte auf eine leichtere Art zu deren Besitz zu gelangen, als durch einen Angriff, dessen Erfolg doch immer zweifelhaft war, und der auch im Gelingen eine große Menge Leute kosten mußte. Die Dänen waren das Mittel, welches ihnen dies alles ersparen sollte. Die Unter¬ handlungen zwischen Altona und Haarburg wurden täglich lebhafter; der Präsident von Kaas war aus Kopenhagen angelangt, um in das Hauptquartier Na¬ poleon's zu reisen, und hielt sich unterwegs in Haar¬ burg eine Zeit lang bei dem Marschall Davoust auf; was man von den gepflogenen Unterhandlungen erfuhr, deutete nicht allein auf Annähern, sondern auf ein völ¬ liges Anschließen Dänemarks an Frankreich. Bei dem vertrauten Verkehr zwischen den Nachbarstädten, die sich in vieler Hinsicht als Eins betrachteten, und denen die kaufmännischen Verbindungen ein engeres Band blie¬ ben, als das, womit jede einer andern Regierung an¬ gehörte, waren die geheimsten Verhandlungen der Dänen in Hamburg bekannt, man sprach laut davon, daß letztere mit den Franzosen vereinigt die Stadt angrei¬ fen, oder dieselbe auf glimpfliche Weise doch einstwei¬ len besetzen und den Russen nur freien Abzug gestatten würden, und so sahen die unglücklichen Hamburger aus denselben Truppen, die noch eben ihre Bundesgenossen und Beschützer gewesen, plötzlich drohende Feinde wer¬ den, und zwar um so gefährlicher, als man nach die¬
im Bombardiren der Stadt nach. Er dachte auf eine leichtere Art zu deren Beſitz zu gelangen, als durch einen Angriff, deſſen Erfolg doch immer zweifelhaft war, und der auch im Gelingen eine große Menge Leute koſten mußte. Die Daͤnen waren das Mittel, welches ihnen dies alles erſparen ſollte. Die Unter¬ handlungen zwiſchen Altona und Haarburg wurden taͤglich lebhafter; der Praͤſident von Kaas war aus Kopenhagen angelangt, um in das Hauptquartier Na¬ poleon's zu reiſen, und hielt ſich unterwegs in Haar¬ burg eine Zeit lang bei dem Marſchall Davouſt auf; was man von den gepflogenen Unterhandlungen erfuhr, deutete nicht allein auf Annaͤhern, ſondern auf ein voͤl¬ liges Anſchließen Daͤnemarks an Frankreich. Bei dem vertrauten Verkehr zwiſchen den Nachbarſtaͤdten, die ſich in vieler Hinſicht als Eins betrachteten, und denen die kaufmaͤnniſchen Verbindungen ein engeres Band blie¬ ben, als das, womit jede einer andern Regierung an¬ gehoͤrte, waren die geheimſten Verhandlungen der Daͤnen in Hamburg bekannt, man ſprach laut davon, daß letztere mit den Franzoſen vereinigt die Stadt angrei¬ fen, oder dieſelbe auf glimpfliche Weiſe doch einſtwei¬ len beſetzen und den Ruſſen nur freien Abzug geſtatten wuͤrden, und ſo ſahen die ungluͤcklichen Hamburger aus denſelben Truppen, die noch eben ihre Bundesgenoſſen und Beſchuͤtzer geweſen, ploͤtzlich drohende Feinde wer¬ den, und zwar um ſo gefaͤhrlicher, als man nach die¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0384"n="372"/>
im Bombardiren der Stadt nach. Er dachte auf eine<lb/>
leichtere Art zu deren Beſitz zu gelangen, als durch<lb/>
einen Angriff, deſſen Erfolg doch immer zweifelhaft<lb/>
war, und der auch im Gelingen eine große Menge<lb/>
Leute koſten mußte. Die Daͤnen waren das Mittel,<lb/>
welches ihnen dies alles erſparen ſollte. Die Unter¬<lb/>
handlungen zwiſchen Altona und Haarburg wurden<lb/>
taͤglich lebhafter; der Praͤſident von Kaas war aus<lb/>
Kopenhagen angelangt, um in das Hauptquartier Na¬<lb/>
poleon's zu reiſen, und hielt ſich unterwegs in Haar¬<lb/>
burg eine Zeit lang bei dem Marſchall Davouſt auf;<lb/>
was man von den gepflogenen Unterhandlungen erfuhr,<lb/>
deutete nicht allein auf Annaͤhern, ſondern auf ein voͤl¬<lb/>
liges Anſchließen Daͤnemarks an Frankreich. Bei dem<lb/>
vertrauten Verkehr zwiſchen den Nachbarſtaͤdten, die ſich<lb/>
in vieler Hinſicht als Eins betrachteten, und denen die<lb/>
kaufmaͤnniſchen Verbindungen ein engeres Band blie¬<lb/>
ben, als das, womit jede einer andern Regierung an¬<lb/>
gehoͤrte, waren die geheimſten Verhandlungen der Daͤnen<lb/>
in Hamburg bekannt, man ſprach laut davon, daß<lb/>
letztere mit den Franzoſen vereinigt die Stadt angrei¬<lb/>
fen, oder dieſelbe auf glimpfliche Weiſe doch einſtwei¬<lb/>
len beſetzen und den Ruſſen nur freien Abzug geſtatten<lb/>
wuͤrden, und ſo ſahen die ungluͤcklichen Hamburger aus<lb/>
denſelben Truppen, die noch eben ihre Bundesgenoſſen<lb/>
und Beſchuͤtzer geweſen, ploͤtzlich drohende Feinde wer¬<lb/>
den, und zwar um ſo gefaͤhrlicher, als man nach die¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[372/0384]
im Bombardiren der Stadt nach. Er dachte auf eine
leichtere Art zu deren Beſitz zu gelangen, als durch
einen Angriff, deſſen Erfolg doch immer zweifelhaft
war, und der auch im Gelingen eine große Menge
Leute koſten mußte. Die Daͤnen waren das Mittel,
welches ihnen dies alles erſparen ſollte. Die Unter¬
handlungen zwiſchen Altona und Haarburg wurden
taͤglich lebhafter; der Praͤſident von Kaas war aus
Kopenhagen angelangt, um in das Hauptquartier Na¬
poleon's zu reiſen, und hielt ſich unterwegs in Haar¬
burg eine Zeit lang bei dem Marſchall Davouſt auf;
was man von den gepflogenen Unterhandlungen erfuhr,
deutete nicht allein auf Annaͤhern, ſondern auf ein voͤl¬
liges Anſchließen Daͤnemarks an Frankreich. Bei dem
vertrauten Verkehr zwiſchen den Nachbarſtaͤdten, die ſich
in vieler Hinſicht als Eins betrachteten, und denen die
kaufmaͤnniſchen Verbindungen ein engeres Band blie¬
ben, als das, womit jede einer andern Regierung an¬
gehoͤrte, waren die geheimſten Verhandlungen der Daͤnen
in Hamburg bekannt, man ſprach laut davon, daß
letztere mit den Franzoſen vereinigt die Stadt angrei¬
fen, oder dieſelbe auf glimpfliche Weiſe doch einſtwei¬
len beſetzen und den Ruſſen nur freien Abzug geſtatten
wuͤrden, und ſo ſahen die ungluͤcklichen Hamburger aus
denſelben Truppen, die noch eben ihre Bundesgenoſſen
und Beſchuͤtzer geweſen, ploͤtzlich drohende Feinde wer¬
den, und zwar um ſo gefaͤhrlicher, als man nach die¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/384>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.