Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

unsere Truppen zum Sturm vor. Der General Pecheux
hatte, sobald er sich umgangen und von der Straße
nach Lüneburg abgedrängt ohne Hoffnung eines Rück¬
zugs sah, den Entschluß der verzweifeltsten Gegenwehr
gefaßt, und in seinen Soldaten dieselbe Gesinnung
erweckt. Die Franzosen standen mit unerschüttertem
Muthe, und unterhielten ein mörderisches Gewehrfeuer,
indem sie zugleich aus ihren noch brauchbaren Stücken
Kartätschen in unsere Reihen schmetterten. Der Major
von Lützow sprengte mit seinen Reitern auf das feind¬
liche Fußvolk an, wurde aber durch eine Kugel in den
Leib schwer verwundet. Der General von Dörnberg
war inzwischen herangerückt, und erneuerte den Angriff;
zwei Massen, auf welche der Oberstlieutenant Karl
von Nostiz (jetzt russischer Generallieutenant) bekannt
durch seine rücksichtlose Unerschrockenheit, an die Spitze
einiger Schwadronen Husaren eindrang, wurden zusam¬
mengehauen, gefangen; eine dritte Masse erlitt gleiches
Schicksal durch den Oberstlieutenant von der Golz.
Immer noch wehrten sich die Franzosen mit größter
Entschlossenheit, ihr Gewehrfeuer tödtete uns viele Leute.
Aber immer näher drangen die Unsern vor, preußische
Jäger eroberten stürmend die letzte Haubitze des Fein¬
des, unsere Kanonen feuerten von allen Seiten in
seine Reihen, die schon durch kein eignes Geschütz mehr
vertheidigt wurden. Unter diesen Umständen suchte der
General Pecheux mit dem Rest seiner Truppen auf

unſere Truppen zum Sturm vor. Der General Pecheux
hatte, ſobald er ſich umgangen und von der Straße
nach Luͤneburg abgedraͤngt ohne Hoffnung eines Ruͤck¬
zugs ſah, den Entſchluß der verzweifeltſten Gegenwehr
gefaßt, und in ſeinen Soldaten dieſelbe Geſinnung
erweckt. Die Franzoſen ſtanden mit unerſchuͤttertem
Muthe, und unterhielten ein moͤrderiſches Gewehrfeuer,
indem ſie zugleich aus ihren noch brauchbaren Stuͤcken
Kartaͤtſchen in unſere Reihen ſchmetterten. Der Major
von Luͤtzow ſprengte mit ſeinen Reitern auf das feind¬
liche Fußvolk an, wurde aber durch eine Kugel in den
Leib ſchwer verwundet. Der General von Doͤrnberg
war inzwiſchen herangeruͤckt, und erneuerte den Angriff;
zwei Maſſen, auf welche der Oberſtlieutenant Karl
von Noſtiz (jetzt ruſſiſcher Generallieutenant) bekannt
durch ſeine ruͤckſichtloſe Unerſchrockenheit, an die Spitze
einiger Schwadronen Huſaren eindrang, wurden zuſam¬
mengehauen, gefangen; eine dritte Maſſe erlitt gleiches
Schickſal durch den Oberſtlieutenant von der Golz.
Immer noch wehrten ſich die Franzoſen mit groͤßter
Entſchloſſenheit, ihr Gewehrfeuer toͤdtete uns viele Leute.
Aber immer naͤher drangen die Unſern vor, preußiſche
Jaͤger eroberten ſtuͤrmend die letzte Haubitze des Fein¬
des, unſere Kanonen feuerten von allen Seiten in
ſeine Reihen, die ſchon durch kein eignes Geſchuͤtz mehr
vertheidigt wurden. Unter dieſen Umſtaͤnden ſuchte der
General Pecheux mit dem Reſt ſeiner Truppen auf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0452" n="440"/>
un&#x017F;ere Truppen zum Sturm vor. Der General Pecheux<lb/>
hatte, &#x017F;obald er &#x017F;ich umgangen und von der Straße<lb/>
nach Lu&#x0364;neburg abgedra&#x0364;ngt ohne Hoffnung eines Ru&#x0364;ck¬<lb/>
zugs &#x017F;ah, den Ent&#x017F;chluß der verzweifelt&#x017F;ten Gegenwehr<lb/>
gefaßt, und in &#x017F;einen Soldaten die&#x017F;elbe Ge&#x017F;innung<lb/>
erweckt. Die Franzo&#x017F;en &#x017F;tanden mit uner&#x017F;chu&#x0364;ttertem<lb/>
Muthe, und unterhielten ein mo&#x0364;rderi&#x017F;ches Gewehrfeuer,<lb/>
indem &#x017F;ie zugleich aus ihren noch brauchbaren Stu&#x0364;cken<lb/>
Karta&#x0364;t&#x017F;chen in un&#x017F;ere Reihen &#x017F;chmetterten. Der Major<lb/>
von Lu&#x0364;tzow &#x017F;prengte mit &#x017F;einen Reitern auf das feind¬<lb/>
liche Fußvolk an, wurde aber durch eine Kugel in den<lb/>
Leib &#x017F;chwer verwundet. Der General von Do&#x0364;rnberg<lb/>
war inzwi&#x017F;chen herangeru&#x0364;ckt, und erneuerte den Angriff;<lb/>
zwei Ma&#x017F;&#x017F;en, auf welche der Ober&#x017F;tlieutenant Karl<lb/>
von No&#x017F;tiz (jetzt ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;cher Generallieutenant) bekannt<lb/>
durch &#x017F;eine ru&#x0364;ck&#x017F;ichtlo&#x017F;e Uner&#x017F;chrockenheit, an die Spitze<lb/>
einiger Schwadronen Hu&#x017F;aren eindrang, wurden zu&#x017F;am¬<lb/>
mengehauen, gefangen; eine dritte Ma&#x017F;&#x017F;e erlitt gleiches<lb/>
Schick&#x017F;al durch den Ober&#x017F;tlieutenant von der Golz.<lb/>
Immer noch wehrten &#x017F;ich die Franzo&#x017F;en mit gro&#x0364;ßter<lb/>
Ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enheit, ihr Gewehrfeuer to&#x0364;dtete uns viele Leute.<lb/>
Aber immer na&#x0364;her drangen die Un&#x017F;ern vor, preußi&#x017F;che<lb/>
Ja&#x0364;ger eroberten &#x017F;tu&#x0364;rmend die letzte Haubitze des Fein¬<lb/>
des, un&#x017F;ere Kanonen feuerten von allen Seiten in<lb/>
&#x017F;eine Reihen, die &#x017F;chon durch kein eignes Ge&#x017F;chu&#x0364;tz mehr<lb/>
vertheidigt wurden. Unter die&#x017F;en Um&#x017F;ta&#x0364;nden &#x017F;uchte der<lb/>
General Pecheux mit dem Re&#x017F;t &#x017F;einer Truppen auf<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[440/0452] unſere Truppen zum Sturm vor. Der General Pecheux hatte, ſobald er ſich umgangen und von der Straße nach Luͤneburg abgedraͤngt ohne Hoffnung eines Ruͤck¬ zugs ſah, den Entſchluß der verzweifeltſten Gegenwehr gefaßt, und in ſeinen Soldaten dieſelbe Geſinnung erweckt. Die Franzoſen ſtanden mit unerſchuͤttertem Muthe, und unterhielten ein moͤrderiſches Gewehrfeuer, indem ſie zugleich aus ihren noch brauchbaren Stuͤcken Kartaͤtſchen in unſere Reihen ſchmetterten. Der Major von Luͤtzow ſprengte mit ſeinen Reitern auf das feind¬ liche Fußvolk an, wurde aber durch eine Kugel in den Leib ſchwer verwundet. Der General von Doͤrnberg war inzwiſchen herangeruͤckt, und erneuerte den Angriff; zwei Maſſen, auf welche der Oberſtlieutenant Karl von Noſtiz (jetzt ruſſiſcher Generallieutenant) bekannt durch ſeine ruͤckſichtloſe Unerſchrockenheit, an die Spitze einiger Schwadronen Huſaren eindrang, wurden zuſam¬ mengehauen, gefangen; eine dritte Maſſe erlitt gleiches Schickſal durch den Oberſtlieutenant von der Golz. Immer noch wehrten ſich die Franzoſen mit groͤßter Entſchloſſenheit, ihr Gewehrfeuer toͤdtete uns viele Leute. Aber immer naͤher drangen die Unſern vor, preußiſche Jaͤger eroberten ſtuͤrmend die letzte Haubitze des Fein¬ des, unſere Kanonen feuerten von allen Seiten in ſeine Reihen, die ſchon durch kein eignes Geſchuͤtz mehr vertheidigt wurden. Unter dieſen Umſtaͤnden ſuchte der General Pecheux mit dem Reſt ſeiner Truppen auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/452
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/452>, abgerufen am 24.11.2024.