seiner linken Flanke gegen die Elbe hin sich zu retten, und zog sich von Anhöhe zu Anhöhe. Allein hier sollte seine Niederlage erst recht vollständig werden. Wall¬ moden an der Spitze der Truppen drang unausgesetzt vor, und ermunterte im heftigsten Kugelregen die Sei¬ nigen durch das Beispiel heldenmüthiger Ruhe. Der Major von Berger führte sein Bataillon an der Spitze der Sturmmassen zum Bajonetangriff. Tettenborn sprengte mit seinen Kosaken heran, und brachte eiligst alles reitende Geschütz hart an die schon ungeordneten Reihen des Feindes, der jetzt nicht mehr Stand hielt; kaum hatte sich das immer schwächer werdende Häuf¬ lein mit einem Kriegsmuthe, der uns Bewunderung und Mitleid abnöthigte, auf einem neuen Hügelrande wieder gestellt, als es auch schon durch das Feuer unsrer Kanonen, die in größter Nähe nachfuhren, jedes¬ mal niedergeschmettert und wie weggehaucht war. Hiezu kam der Schrecken, den die hier zuerst in diesem Kriege gebrauchten Congreve'schen Brandraketen als etwas Neues und Unerhörtes in den Franzosen erregten; das unaus¬ löschliche Feuer, das sausend durch die Lüfte fuhr, ver¬ brannte mit weitem Sprühen alles, was in seinen Bereich kam, bis zuletzt eine zerspringende Granate noch zerschmetterte, was jenes verschont hatte. Es waren in der That einige Franzosen durch dieses Feuer verbrannt worden, und die Flüchtlinge klagten in den Ortschaften, wo sie durchkamen, mit Entsetzen über
ſeiner linken Flanke gegen die Elbe hin ſich zu retten, und zog ſich von Anhoͤhe zu Anhoͤhe. Allein hier ſollte ſeine Niederlage erſt recht vollſtaͤndig werden. Wall¬ moden an der Spitze der Truppen drang unausgeſetzt vor, und ermunterte im heftigſten Kugelregen die Sei¬ nigen durch das Beiſpiel heldenmuͤthiger Ruhe. Der Major von Berger fuͤhrte ſein Bataillon an der Spitze der Sturmmaſſen zum Bajonetangriff. Tettenborn ſprengte mit ſeinen Koſaken heran, und brachte eiligſt alles reitende Geſchuͤtz hart an die ſchon ungeordneten Reihen des Feindes, der jetzt nicht mehr Stand hielt; kaum hatte ſich das immer ſchwaͤcher werdende Haͤuf¬ lein mit einem Kriegsmuthe, der uns Bewunderung und Mitleid abnoͤthigte, auf einem neuen Huͤgelrande wieder geſtellt, als es auch ſchon durch das Feuer unſrer Kanonen, die in groͤßter Naͤhe nachfuhren, jedes¬ mal niedergeſchmettert und wie weggehaucht war. Hiezu kam der Schrecken, den die hier zuerſt in dieſem Kriege gebrauchten Congreve'ſchen Brandraketen als etwas Neues und Unerhoͤrtes in den Franzoſen erregten; das unaus¬ loͤſchliche Feuer, das ſauſend durch die Luͤfte fuhr, ver¬ brannte mit weitem Spruͤhen alles, was in ſeinen Bereich kam, bis zuletzt eine zerſpringende Granate noch zerſchmetterte, was jenes verſchont hatte. Es waren in der That einige Franzoſen durch dieſes Feuer verbrannt worden, und die Fluͤchtlinge klagten in den Ortſchaften, wo ſie durchkamen, mit Entſetzen uͤber
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ſeiner linken Flanke gegen die Elbe hin ſich zu retten,
und zog ſich von Anhoͤhe zu Anhoͤhe. Allein hier ſollte
ſeine Niederlage erſt recht vollſtaͤndig werden. Wall¬
moden an der Spitze der Truppen drang unausgeſetzt
vor, und ermunterte im heftigſten Kugelregen die Sei¬
nigen durch das Beiſpiel heldenmuͤthiger Ruhe. Der
Major von Berger fuͤhrte ſein Bataillon an der Spitze
der Sturmmaſſen zum Bajonetangriff. Tettenborn
ſprengte mit ſeinen Koſaken heran, und brachte eiligſt
alles reitende Geſchuͤtz hart an die ſchon ungeordneten
Reihen des Feindes, der jetzt nicht mehr Stand hielt;
kaum hatte ſich das immer ſchwaͤcher werdende Haͤuf¬
lein mit einem Kriegsmuthe, der uns Bewunderung
und Mitleid abnoͤthigte, auf einem neuen Huͤgelrande
wieder geſtellt, als es auch ſchon durch das Feuer
unſrer Kanonen, die in groͤßter Naͤhe nachfuhren, jedes¬
mal niedergeſchmettert und wie weggehaucht war. Hiezu
kam der Schrecken, den die hier zuerſt in dieſem Kriege
gebrauchten Congreve'ſchen Brandraketen als etwas Neues
und Unerhoͤrtes in den Franzoſen erregten; das unaus¬
loͤſchliche Feuer, das ſauſend durch die Luͤfte fuhr, ver¬
brannte mit weitem Spruͤhen alles, was in ſeinen
Bereich kam, bis zuletzt eine zerſpringende Granate
noch zerſchmetterte, was jenes verſchont hatte. Es
waren in der That einige Franzoſen durch dieſes Feuer
verbrannt worden, und die Fluͤchtlinge klagten in den
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/453>, abgerufen am 24.11.2024.
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