auch Weiber aus edlem Triebe sich zu dem Kampfe berufen glaubten, der sonst nur Männern obliegt; eine Erscheinung, die schwerlich in andern, als wahrhaften Volkskriegen, gefunden wird, und unwidersprechlich die gerechte Sache zu erkennen gibt. Wir nennen bei dieser Gelegenheit noch Eleonoren Prochaska, ein Mäd¬ chen aus Potsdam, die der Ruf der Waffen und des Vaterlandes ihrem stillen Lebenswandel entführte, und unter dem Namen August Renz in unentdeckter Ver¬ kleidung den Lützow'schen Jägern beigesellt hatte. Sie war gleich im Anfang des Treffens bei der Görde durch einen Schuß verwundet worden, allein das hel¬ denmüthige Mädchen war nicht bloß als Mädchen, son¬ dern wäre auch als Mann ausgezeichnet gewesen, und ging nicht aus dem Gefecht, bis ein zweiter Schuß in den Schenkel sie nöthigte, beides, das Gefecht und ihre Verkleidung zu verlassen. Sie entdeckte sich einem Offizier, durch dessen Vermittlung sie alle mögliche Schonung und Hülfe erlangte. Allein nach wenigen Tagen starb sie an ihren Wunden, beklagt von allen ihren Kameraden, deren Liebe und Achtung sie in hohem Grade besessen hatte.
Die Nachrichten von unsern großen Heeren meldeten fortdauernd die glücklichsten Vortheile, die von allen Seiten über den aus Böhmen, Schlesien, und der Mark Brandenburg schon ganz nach Sachsen zurück¬ gedrängten Feind erfochten waren. Große und zahl¬
auch Weiber aus edlem Triebe ſich zu dem Kampfe berufen glaubten, der ſonſt nur Maͤnnern obliegt; eine Erſcheinung, die ſchwerlich in andern, als wahrhaften Volkskriegen, gefunden wird, und unwiderſprechlich die gerechte Sache zu erkennen gibt. Wir nennen bei dieſer Gelegenheit noch Eleonoren Prochaska, ein Maͤd¬ chen aus Potsdam, die der Ruf der Waffen und des Vaterlandes ihrem ſtillen Lebenswandel entfuͤhrte, und unter dem Namen Auguſt Renz in unentdeckter Ver¬ kleidung den Luͤtzow'ſchen Jaͤgern beigeſellt hatte. Sie war gleich im Anfang des Treffens bei der Goͤrde durch einen Schuß verwundet worden, allein das hel¬ denmuͤthige Maͤdchen war nicht bloß als Maͤdchen, ſon¬ dern waͤre auch als Mann ausgezeichnet geweſen, und ging nicht aus dem Gefecht, bis ein zweiter Schuß in den Schenkel ſie noͤthigte, beides, das Gefecht und ihre Verkleidung zu verlaſſen. Sie entdeckte ſich einem Offizier, durch deſſen Vermittlung ſie alle moͤgliche Schonung und Huͤlfe erlangte. Allein nach wenigen Tagen ſtarb ſie an ihren Wunden, beklagt von allen ihren Kameraden, deren Liebe und Achtung ſie in hohem Grade beſeſſen hatte.
Die Nachrichten von unſern großen Heeren meldeten fortdauernd die gluͤcklichſten Vortheile, die von allen Seiten uͤber den aus Boͤhmen, Schleſien, und der Mark Brandenburg ſchon ganz nach Sachſen zuruͤck¬ gedraͤngten Feind erfochten waren. Große und zahl¬
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auch Weiber aus edlem Triebe ſich zu dem Kampfe
berufen glaubten, der ſonſt nur Maͤnnern obliegt; eine
Erſcheinung, die ſchwerlich in andern, als wahrhaften
Volkskriegen, gefunden wird, und unwiderſprechlich die
gerechte Sache zu erkennen gibt. Wir nennen bei
dieſer Gelegenheit noch Eleonoren Prochaska, ein Maͤd¬
chen aus Potsdam, die der Ruf der Waffen und des
Vaterlandes ihrem ſtillen Lebenswandel entfuͤhrte, und
unter dem Namen Auguſt Renz in unentdeckter Ver¬
kleidung den Luͤtzow'ſchen Jaͤgern beigeſellt hatte. Sie
war gleich im Anfang des Treffens bei der Goͤrde
durch einen Schuß verwundet worden, allein das hel¬
denmuͤthige Maͤdchen war nicht bloß als Maͤdchen, ſon¬
dern waͤre auch als Mann ausgezeichnet geweſen, und
ging nicht aus dem Gefecht, bis ein zweiter Schuß in
den Schenkel ſie noͤthigte, beides, das Gefecht und
ihre Verkleidung zu verlaſſen. Sie entdeckte ſich einem
Offizier, durch deſſen Vermittlung ſie alle moͤgliche
Schonung und Huͤlfe erlangte. Allein nach wenigen
Tagen ſtarb ſie an ihren Wunden, beklagt von allen
ihren Kameraden, deren Liebe und Achtung ſie in
hohem Grade beſeſſen hatte.
Die Nachrichten von unſern großen Heeren meldeten
fortdauernd die gluͤcklichſten Vortheile, die von allen
Seiten uͤber den aus Boͤhmen, Schleſien, und der
Mark Brandenburg ſchon ganz nach Sachſen zuruͤck¬
gedraͤngten Feind erfochten waren. Große und zahl¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/466>, abgerufen am 24.11.2024.
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