reiche Streifschaaren zogen in seinem Rücken und auf seinen Flanken ungestraft umher, und besuchten Braun¬ schweig und sogar Kassel, gegen welchen letztern Ort der Kronprinz von Schweden den General Tschernyscheff mit 3000 Pferden vorgeschickt hatte. Die Nachricht, daß Baiern dem großen Bunde beigetreten, kam ebenfalls in diesen Tagen. Alles dies forderte zu kühnen Unter¬ nehmungen auf, denen die großen Ereignisse immer festere Grundlage boten. Der Marschall Davoust hatte seine Hauptstärke jetzt an die Elbe gezogen, und im Ochsenwärder, beim Zollenspieker und bei Lauenburg versammelt; er schien äußerst besorgt wegen eines An¬ griffs auf Haarburg, dessen Befestigung er eilig ver¬ mehren ließ. Bei dieser Lage der Dinge ersuchte Wall¬ moden den Kronprinzen von Schweden, die Stecknitz bloß durch den General von Vegesack beobachten zu lassen, da der allgemeine Zustand der Sachen kein Vor¬ dringen des Feindes mehr auf dieser Seite zu befürch¬ ten gab, ihm selbst aber zu erlauben, nach Hannover vorzugehen, wo alles nur auf sein Erscheinen wartete, um sich gegen den Feind zu bewaffnen. Allein der Kronprinz war keineswegs damit einverstanden; und was er in Rücksicht des Marschalls Davoust wohl bewilligt hätte, mochte er wegen der Dänen nicht zu¬ gestehen. Diesen war bisher noch kein bedeutender Nachtheil beigebracht, und ihm dem Schweden doch vor allem daran gelegen, diese Feinde nicht länger un¬
reiche Streifſchaaren zogen in ſeinem Ruͤcken und auf ſeinen Flanken ungeſtraft umher, und beſuchten Braun¬ ſchweig und ſogar Kaſſel, gegen welchen letztern Ort der Kronprinz von Schweden den General Tſchernyſcheff mit 3000 Pferden vorgeſchickt hatte. Die Nachricht, daß Baiern dem großen Bunde beigetreten, kam ebenfalls in dieſen Tagen. Alles dies forderte zu kuͤhnen Unter¬ nehmungen auf, denen die großen Ereigniſſe immer feſtere Grundlage boten. Der Marſchall Davouſt hatte ſeine Hauptſtaͤrke jetzt an die Elbe gezogen, und im Ochſenwaͤrder, beim Zollenſpieker und bei Lauenburg verſammelt; er ſchien aͤußerſt beſorgt wegen eines An¬ griffs auf Haarburg, deſſen Befeſtigung er eilig ver¬ mehren ließ. Bei dieſer Lage der Dinge erſuchte Wall¬ moden den Kronprinzen von Schweden, die Stecknitz bloß durch den General von Vegeſack beobachten zu laſſen, da der allgemeine Zuſtand der Sachen kein Vor¬ dringen des Feindes mehr auf dieſer Seite zu befuͤrch¬ ten gab, ihm ſelbſt aber zu erlauben, nach Hannover vorzugehen, wo alles nur auf ſein Erſcheinen wartete, um ſich gegen den Feind zu bewaffnen. Allein der Kronprinz war keineswegs damit einverſtanden; und was er in Ruͤckſicht des Marſchalls Davouſt wohl bewilligt haͤtte, mochte er wegen der Daͤnen nicht zu¬ geſtehen. Dieſen war bisher noch kein bedeutender Nachtheil beigebracht, und ihm dem Schweden doch vor allem daran gelegen, dieſe Feinde nicht laͤnger un¬
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reiche Streifſchaaren zogen in ſeinem Ruͤcken und auf
ſeinen Flanken ungeſtraft umher, und beſuchten Braun¬
ſchweig und ſogar Kaſſel, gegen welchen letztern Ort
der Kronprinz von Schweden den General Tſchernyſcheff
mit 3000 Pferden vorgeſchickt hatte. Die Nachricht, daß
Baiern dem großen Bunde beigetreten, kam ebenfalls
in dieſen Tagen. Alles dies forderte zu kuͤhnen Unter¬
nehmungen auf, denen die großen Ereigniſſe immer
feſtere Grundlage boten. Der Marſchall Davouſt hatte
ſeine Hauptſtaͤrke jetzt an die Elbe gezogen, und im
Ochſenwaͤrder, beim Zollenſpieker und bei Lauenburg
verſammelt; er ſchien aͤußerſt beſorgt wegen eines An¬
griffs auf Haarburg, deſſen Befeſtigung er eilig ver¬
mehren ließ. Bei dieſer Lage der Dinge erſuchte Wall¬
moden den Kronprinzen von Schweden, die Stecknitz
bloß durch den General von Vegeſack beobachten zu
laſſen, da der allgemeine Zuſtand der Sachen kein Vor¬
dringen des Feindes mehr auf dieſer Seite zu befuͤrch¬
ten gab, ihm ſelbſt aber zu erlauben, nach Hannover
vorzugehen, wo alles nur auf ſein Erſcheinen wartete,
um ſich gegen den Feind zu bewaffnen. Allein der
Kronprinz war keineswegs damit einverſtanden; und
was er in Ruͤckſicht des Marſchalls Davouſt wohl
bewilligt haͤtte, mochte er wegen der Daͤnen nicht zu¬
geſtehen. Dieſen war bisher noch kein bedeutender
Nachtheil beigebracht, und ihm dem Schweden doch
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/467>, abgerufen am 21.11.2024.
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