ment trouvez-vous cela? Ich seh schon ein, so früh, um mit Mamaen zu Hause reisen zu können, kann ich nicht kommen; helas! aber, glaub' mir, ich könnte ein langes helas sagen, und es wäre das richtigste Accompagnement für mein Leben als Text. Die Wege sind zu schlecht, -- frag' alle Men- schen, in Amsterdam wird man's auch wissen --, und die Tage zu kurz, ich kann diese Fatiguen mit der Gräfin -- mit der ich nun reisen muß -- nicht wagen. Um zu kommen, will ich aber all meine Kräfte anstrengen: ich muß doch sehen, wo du geblieben bist. Ein andermal geben wir uns Alle rendez-vous in Paris: das fordere nur in der ersten Liebe von deinem Mann; Markus hat es mir schon versprochen; und von selbst. Ich küsse Mama hunderttausendmal die Hände: und danke ihr für alles, auch für die Mühe, daß sie mir schreibt. Haben Sie nicht recht an mich gedacht, Mama, wie Rose'ns Hochzeit war? So geht's. Bchandlen Sie mich wie ein Jüngstes, die pflegen die Lieblinge zu sein, ich will es mir gefallen lassen. Nun sehen Sie doch das so lang ge- wünschte Meer; wie ich Paris! so geht's. Dabei bleib' ich, wie so'n alter Narr. Können Sie nichts in der Lotterie ge- winnen? Probiren Sie's einmal in Amsterdam.
Ich habe auch Brief von Hause. Da ist alles wohl. Ich habe hier Armide von Gluck auf's infamste, und Merope von Voltaire auch sehr schlecht gesehen, weil sie großes Un- glück, wie's die Alten schilderten, gar nicht kennen. Die Rau- court ist wie Fleck, und spielte natürlich doch oft gut, aber im Ganzen vergriffen. Und das Übrige himmel schreiend. Es sitzt eine erzfranzösische Dame bei mir, und liest derweile,
ment trouvez-vous cela? Ich ſeh ſchon ein, ſo früh, um mit Mamaen zu Hauſe reiſen zu können, kann ich nicht kommen; hélas! aber, glaub’ mir, ich könnte ein langes hélas ſagen, und es wäre das richtigſte Accompagnement für mein Leben als Text. Die Wege ſind zu ſchlecht, — frag’ alle Men- ſchen, in Amſterdam wird man’s auch wiſſen —, und die Tage zu kurz, ich kann dieſe Fatiguen mit der Gräfin — mit der ich nun reiſen muß — nicht wagen. Um zu kommen, will ich aber all meine Kräfte anſtrengen: ich muß doch ſehen, wo du geblieben biſt. Ein andermal geben wir uns Alle rendez-vous in Paris: das fordere nur in der erſten Liebe von deinem Mann; Markus hat es mir ſchon verſprochen; und von ſelbſt. Ich küſſe Mama hunderttauſendmal die Hände: und danke ihr für alles, auch für die Mühe, daß ſie mir ſchreibt. Haben Sie nicht recht an mich gedacht, Mama, wie Roſe’ns Hochzeit war? So geht’s. Bchandlen Sie mich wie ein Jüngſtes, die pflegen die Lieblinge zu ſein, ich will es mir gefallen laſſen. Nun ſehen Sie doch das ſo lang ge- wünſchte Meer; wie ich Paris! ſo geht’s. Dabei bleib’ ich, wie ſo’n alter Narr. Können Sie nichts in der Lotterie ge- winnen? Probiren Sie’s einmal in Amſterdam.
Ich habe auch Brief von Hauſe. Da iſt alles wohl. Ich habe hier Armide von Gluck auf’s infamſte, und Merope von Voltaire auch ſehr ſchlecht geſehen, weil ſie großes Un- glück, wie’s die Alten ſchilderten, gar nicht kennen. Die Rau- court iſt wie Fleck, und ſpielte natürlich doch oft gut, aber im Ganzen vergriffen. Und das Übrige himmel ſchreiend. Es ſitzt eine erzfranzöſiſche Dame bei mir, und lieſt derweile,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><hirendition="#aq"><pbfacs="#f0250"n="236"/>
ment trouvez-vous cela?</hi> Ich ſeh ſchon ein, ſo früh, um mit<lb/>
Mamaen zu Hauſe reiſen zu können, kann ich nicht kommen;<lb/><hirendition="#aq">hélas!</hi> aber, glaub’ mir, ich könnte <hirendition="#g">ein</hi> langes <hirendition="#aq">hélas</hi>ſagen,<lb/>
und es wäre das richtigſte Accompagnement für mein Leben<lb/>
als Text. Die Wege ſind <hirendition="#g">zu ſchlecht</hi>, — frag’ alle Men-<lb/>ſchen, in Amſterdam wird man’s auch wiſſen —, und die Tage<lb/>
zu kurz, ich kann <hirendition="#g">dieſe</hi> Fatiguen <hirendition="#g">mit</hi> der <hirendition="#g">Gräfin</hi>— mit<lb/>
der ich nun reiſen muß — nicht wagen. Um zu kommen,<lb/>
will ich aber <hirendition="#g">all</hi> meine Kräfte anſtrengen: ich muß doch ſehen,<lb/>
wo du geblieben biſt. Ein andermal geben wir uns <hirendition="#g">Alle</hi><lb/><hirendition="#aq">rendez-vous</hi> in Paris: das fordere nur in der erſten Liebe<lb/>
von deinem Mann; Markus hat es mir ſchon verſprochen;<lb/>
und von ſelbſt. Ich küſſe Mama hunderttauſendmal die<lb/>
Hände: und danke ihr für alles, auch für die Mühe, daß ſie<lb/>
mir ſchreibt. Haben Sie nicht recht an mich gedacht, Mama,<lb/>
wie Roſe’ns Hochzeit war? So geht’s. Bchandlen Sie mich<lb/>
wie ein Jüngſtes, die pflegen die Lieblinge zu ſein, ich will es<lb/>
mir gefallen laſſen. Nun ſehen Sie doch das ſo lang ge-<lb/>
wünſchte Meer; wie ich Paris! ſo geht’s. Dabei bleib’ ich,<lb/>
wie ſo’n alter Narr. Können Sie nichts in der Lotterie ge-<lb/>
winnen? Probiren Sie’s einmal in Amſterdam.</p><lb/><p>Ich habe auch Brief von Hauſe. Da iſt alles wohl.<lb/>
Ich habe hier Armide von Gluck auf’s infamſte, und Merope<lb/>
von Voltaire auch ſehr ſchlecht geſehen, weil ſie großes Un-<lb/>
glück, wie’s die Alten ſchilderten, gar nicht kennen. Die Rau-<lb/>
court iſt wie Fleck, und ſpielte natürlich doch oft gut, aber<lb/>
im Ganzen vergriffen. Und das Übrige <hirendition="#g">himmel</hi>ſchreiend.<lb/>
Es ſitzt eine erzfranzöſiſche Dame bei mir, und lieſt derweile,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[236/0250]
ment trouvez-vous cela? Ich ſeh ſchon ein, ſo früh, um mit
Mamaen zu Hauſe reiſen zu können, kann ich nicht kommen;
hélas! aber, glaub’ mir, ich könnte ein langes hélas ſagen,
und es wäre das richtigſte Accompagnement für mein Leben
als Text. Die Wege ſind zu ſchlecht, — frag’ alle Men-
ſchen, in Amſterdam wird man’s auch wiſſen —, und die Tage
zu kurz, ich kann dieſe Fatiguen mit der Gräfin — mit
der ich nun reiſen muß — nicht wagen. Um zu kommen,
will ich aber all meine Kräfte anſtrengen: ich muß doch ſehen,
wo du geblieben biſt. Ein andermal geben wir uns Alle
rendez-vous in Paris: das fordere nur in der erſten Liebe
von deinem Mann; Markus hat es mir ſchon verſprochen;
und von ſelbſt. Ich küſſe Mama hunderttauſendmal die
Hände: und danke ihr für alles, auch für die Mühe, daß ſie
mir ſchreibt. Haben Sie nicht recht an mich gedacht, Mama,
wie Roſe’ns Hochzeit war? So geht’s. Bchandlen Sie mich
wie ein Jüngſtes, die pflegen die Lieblinge zu ſein, ich will es
mir gefallen laſſen. Nun ſehen Sie doch das ſo lang ge-
wünſchte Meer; wie ich Paris! ſo geht’s. Dabei bleib’ ich,
wie ſo’n alter Narr. Können Sie nichts in der Lotterie ge-
winnen? Probiren Sie’s einmal in Amſterdam.
Ich habe auch Brief von Hauſe. Da iſt alles wohl.
Ich habe hier Armide von Gluck auf’s infamſte, und Merope
von Voltaire auch ſehr ſchlecht geſehen, weil ſie großes Un-
glück, wie’s die Alten ſchilderten, gar nicht kennen. Die Rau-
court iſt wie Fleck, und ſpielte natürlich doch oft gut, aber
im Ganzen vergriffen. Und das Übrige himmel ſchreiend.
Es ſitzt eine erzfranzöſiſche Dame bei mir, und lieſt derweile,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/250>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.