noch hinzu: Und wanken und erschrecken Sie doch nicht, wenn Sie auch oft glauben werden fertig zu sein, und plötz- lich die ganze Krankheit wieder fühlen! Sehnsucht ist's als- dann: und diese ein Zeichen des Lebens. Mehr als das Leben kennen wir ja ohnehin nicht; das sind wir; das haben wir; und daraus kann immer etwas Schönes werden. Und wie wunderbar! Fühlen Sie sich nur einmal! Rechnen Sie das bischen Liebeselend nicht. Die Elenden sind elend! --
Sie werden genesen! Lassen Sie sich auch nicht irre machen, wenn ich nicht immer freundlich sein kann: ich kann es bei meiner innern Verfassung, bei gewissen Verwirrungen, nicht; auch Krankheit! Und wenn ich in diesem Briefe ge- hemmt spreche, so ist's weil auch ich an mir hämmere, und ein paar schlimme Wachnächte in meinem Bette mit meinem Herzen verbracht habe; und zum Theil wie zu mir selbst sprach. Sie sehn, wie freundlich und gesprächig ich gleich werde, wenn Sie gesund werden wollen. Die Welt ist so voll! Ihr Herz thätig: wo sollte Armuth, Noth in Armuth, herkommen, mit gesunden Sinnen, und dem Muthe, sich jede Wahrheit zu sagen! --
An Frau von F., in Berlin.
1806.
Als ich heute an die Worte in Ihren ersten Zeilen kam: "Haben Sie etwas wider mich," lachte ich, es war mehr als lächeln! -- Mir ist nicht eingefallen, daß ich böse sein könnte! Das müssen Sie auch aus meinem letzten Billet gesehen haben.
noch hinzu: Und wanken und erſchrecken Sie doch nicht, wenn Sie auch oft glauben werden fertig zu ſein, und plötz- lich die ganze Krankheit wieder fühlen! Sehnſucht iſt’s als- dann: und dieſe ein Zeichen des Lebens. Mehr als das Leben kennen wir ja ohnehin nicht; das ſind wir; das haben wir; und daraus kann immer etwas Schönes werden. Und wie wunderbar! Fühlen Sie ſich nur einmal! Rechnen Sie das bischen Liebeselend nicht. Die Elenden ſind elend! —
Sie werden geneſen! Laſſen Sie ſich auch nicht irre machen, wenn ich nicht immer freundlich ſein kann: ich kann es bei meiner innern Verfaſſung, bei gewiſſen Verwirrungen, nicht; auch Krankheit! Und wenn ich in dieſem Briefe ge- hemmt ſpreche, ſo iſt’s weil auch ich an mir hämmere, und ein paar ſchlimme Wachnächte in meinem Bette mit meinem Herzen verbracht habe; und zum Theil wie zu mir ſelbſt ſprach. Sie ſehn, wie freundlich und geſprächig ich gleich werde, wenn Sie geſund werden wollen. Die Welt iſt ſo voll! Ihr Herz thätig: wo ſollte Armuth, Noth in Armuth, herkommen, mit geſunden Sinnen, und dem Muthe, ſich jede Wahrheit zu ſagen! —
An Frau von F., in Berlin.
1806.
Als ich heute an die Worte in Ihren erſten Zeilen kam: „Haben Sie etwas wider mich,“ lachte ich, es war mehr als lächeln! — Mir iſt nicht eingefallen, daß ich böſe ſein könnte! Das müſſen Sie auch aus meinem letzten Billet geſehen haben.
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noch hinzu: Und wanken und erſchrecken Sie doch nicht,
wenn Sie auch oft glauben werden fertig zu ſein, und plötz-
lich die ganze Krankheit wieder fühlen! Sehnſucht iſt’s als-
dann: und dieſe ein Zeichen des Lebens. Mehr als das Leben
kennen wir ja ohnehin nicht; das ſind wir; das haben wir;
und daraus kann immer etwas Schönes werden. Und wie
wunderbar! Fühlen Sie ſich nur einmal! Rechnen Sie das
bischen Liebeselend nicht. Die Elenden ſind elend! —
Sie werden geneſen! Laſſen Sie ſich auch nicht irre
machen, wenn ich nicht immer freundlich ſein kann: ich kann
es bei meiner innern Verfaſſung, bei gewiſſen Verwirrungen,
nicht; auch Krankheit! Und wenn ich in dieſem Briefe ge-
hemmt ſpreche, ſo iſt’s weil auch ich an mir hämmere, und
ein paar ſchlimme Wachnächte in meinem Bette mit meinem
Herzen verbracht habe; und zum Theil wie zu mir ſelbſt
ſprach. Sie ſehn, wie freundlich und geſprächig ich gleich
werde, wenn Sie geſund werden wollen. Die Welt iſt ſo
voll! Ihr Herz thätig: wo ſollte Armuth, Noth in Armuth,
herkommen, mit geſunden Sinnen, und dem Muthe, ſich jede
Wahrheit zu ſagen! —
An Frau von F., in Berlin.
1806.
Als ich heute an die Worte in Ihren erſten Zeilen kam:
„Haben Sie etwas wider mich,“ lachte ich, es war mehr als
lächeln! — Mir iſt nicht eingefallen, daß ich böſe ſein könnte!
Das müſſen Sie auch aus meinem letzten Billet geſehen haben.
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/315>, abgerufen am 23.12.2024.
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