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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834.

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ren, auch gut: ein Geschäft abmachen, das dem künftigen Le-
ben Luft macht, wieder! Aber was in's Himmels Namen
wollen Sie so dort abwarten? Als ich es nur wünschte,
daß Sie in Töplitz seien, schlug ich es Ihnen nur Einmal,
wie nicht, vor: ein kleiner Ekel vor dem Müssigsein von
Ihrer Seite, ein leiser Plan zu einem Amte, ein weitschichtiger
zum Studiren, machte mich mit Recht bis im innersten Ge-
wissen schweigen. Jetzt aber, bin ich ganz überzeugt, ist Töp-
litz was Sie bedürfen. Ein ländlich schönes Thal, und eine
solche Lebensart, mit der jetzt möglichen belebendsten Gesell-
schaft. Mit der Möglichkeit, bei Ihrer Denkungsart -- grade
nach Ihren letzten beiden Briefen -- ihr, so viel als Sie nur
wollen, auszuweichen. Bäder können Sie ja da nehmen, von
welcher Sorte Sie wollen: auch solche wie in Friedersdorf.
Sie finden Goethe, Gentz, den Herzog, Varnhagen, Adam
Müller; also Sprecher. Eine Menge umgänglicher Bekannte
von meinem Gehege. Mich, als Salz, und Quirl aller dieser
Dinge; als Bequemlichkeitsrath. Leben Sie doch dort, wie
Sie nur wollen. Sich für krank, für bizarr auszugeben,
schelten zu lassen, kostet Sie ja nichts! Leben Sie, wenn
Töplitz Sie ekelt, auf dem Weg nach den Steinbädern. Gött-
lich! da lebte mal ein fränkischer Graf, den ich kannte. Nur
daß Sie mir nicht so vergehen, so verharschern! Je länger
Sie bleiben wo Sie sind, je weniger Kraft und Grund finden
Sie in sich auf, weg zu kommen! Es wird himmlisch in
Töplitz sein; wir sehen eine Unmenge von Menschen; behand-
len, bereden, belachen, studiren sie. Wer hindert Sie zu le-
sen, zu baden, zu thun was Sie wollen! Erst nach drei

ren, auch gut: ein Geſchäft abmachen, das dem künftigen Le-
ben Luft macht, wieder! Aber was in’s Himmels Namen
wollen Sie ſo dort abwarten? Als ich es nur wünſchte,
daß Sie in Töplitz ſeien, ſchlug ich es Ihnen nur Einmal,
wie nicht, vor: ein kleiner Ekel vor dem Müſſigſein von
Ihrer Seite, ein leiſer Plan zu einem Amte, ein weitſchichtiger
zum Studiren, machte mich mit Recht bis im innerſten Ge-
wiſſen ſchweigen. Jetzt aber, bin ich ganz überzeugt, iſt Töp-
litz was Sie bedürfen. Ein ländlich ſchönes Thal, und eine
ſolche Lebensart, mit der jetzt möglichen belebendſten Geſell-
ſchaft. Mit der Möglichkeit, bei Ihrer Denkungsart — grade
nach Ihren letzten beiden Briefen — ihr, ſo viel als Sie nur
wollen, auszuweichen. Bäder können Sie ja da nehmen, von
welcher Sorte Sie wollen: auch ſolche wie in Friedersdorf.
Sie finden Goethe, Gentz, den Herzog, Varnhagen, Adam
Müller; alſo Sprecher. Eine Menge umgänglicher Bekannte
von meinem Gehege. Mich, als Salz, und Quirl aller dieſer
Dinge; als Bequemlichkeitsrath. Leben Sie doch dort, wie
Sie nur wollen. Sich für krank, für bizarr auszugeben,
ſchelten zu laſſen, koſtet Sie ja nichts! Leben Sie, wenn
Töplitz Sie ekelt, auf dem Weg nach den Steinbädern. Gött-
lich! da lebte mal ein fränkiſcher Graf, den ich kannte. Nur
daß Sie mir nicht ſo vergehen, ſo verharſchern! Je länger
Sie bleiben wo Sie ſind, je weniger Kraft und Grund finden
Sie in ſich auf, weg zu kommen! Es wird himmliſch in
Töplitz ſein; wir ſehen eine Unmenge von Menſchen; behand-
len, bereden, belachen, ſtudiren ſie. Wer hindert Sie zu le-
ſen, zu baden, zu thun was Sie wollen! Erſt nach drei

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[521/0535] ren, auch gut: ein Geſchäft abmachen, das dem künftigen Le- ben Luft macht, wieder! Aber was in’s Himmels Namen wollen Sie ſo dort abwarten? Als ich es nur wünſchte, daß Sie in Töplitz ſeien, ſchlug ich es Ihnen nur Einmal, wie nicht, vor: ein kleiner Ekel vor dem Müſſigſein von Ihrer Seite, ein leiſer Plan zu einem Amte, ein weitſchichtiger zum Studiren, machte mich mit Recht bis im innerſten Ge- wiſſen ſchweigen. Jetzt aber, bin ich ganz überzeugt, iſt Töp- litz was Sie bedürfen. Ein ländlich ſchönes Thal, und eine ſolche Lebensart, mit der jetzt möglichen belebendſten Geſell- ſchaft. Mit der Möglichkeit, bei Ihrer Denkungsart — grade nach Ihren letzten beiden Briefen — ihr, ſo viel als Sie nur wollen, auszuweichen. Bäder können Sie ja da nehmen, von welcher Sorte Sie wollen: auch ſolche wie in Friedersdorf. Sie finden Goethe, Gentz, den Herzog, Varnhagen, Adam Müller; alſo Sprecher. Eine Menge umgänglicher Bekannte von meinem Gehege. Mich, als Salz, und Quirl aller dieſer Dinge; als Bequemlichkeitsrath. Leben Sie doch dort, wie Sie nur wollen. Sich für krank, für bizarr auszugeben, ſchelten zu laſſen, koſtet Sie ja nichts! Leben Sie, wenn Töplitz Sie ekelt, auf dem Weg nach den Steinbädern. Gött- lich! da lebte mal ein fränkiſcher Graf, den ich kannte. Nur daß Sie mir nicht ſo vergehen, ſo verharſchern! Je länger Sie bleiben wo Sie ſind, je weniger Kraft und Grund finden Sie in ſich auf, weg zu kommen! Es wird himmliſch in Töplitz ſein; wir ſehen eine Unmenge von Menſchen; behand- len, bereden, belachen, ſtudiren ſie. Wer hindert Sie zu le- ſen, zu baden, zu thun was Sie wollen! Erſt nach drei

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 521. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/535>, abgerufen am 28.06.2024.