Ihnen ja alles; und es zeigt sich auch alles solchen Augen, wie Ihre.
-- Nach Gentz vergaß ich zu fragen. Wie sehr ich ihn geliebt habe, habe ich ihm gesagt; was ich ihm bin, weiß er; wie er ist, weiß ich; er hat das Bedürfniß nicht mich zu sehen, thut dazu nichts, in so langer Zeit, also liegt er in meinem Heiligthume auch still, weit zurück. So kam es. Ich lieb' ihn für ewig, und werde ihm auch wohl schreiben. -- Wolf habe ich seit der Zeit nicht wieder gesehen; Sie schreiben göttlich über ihn, das erzähl' ich ihm. Schreiben Sie ja über Adam Smith, es ist nothwendig, finde ich nach Ihren Worten, die ich ganz verstehe; er ist mehr als ein Mitregent Napoleons. Ein Zeichen, Produkt und Triebrad der Zeit: was er aber treibt, muß den vorschnellen Faulen gezeigt werden. Thun Sie es ja, so lange er Ihnen noch gegenwärtig, und ganz wichtig ist, ehe Sie wieder zu noch größern Kreisen mit Ihren Ge- danken kommen, und der Ihnen auch nur ein kleineres Be- dingniß, eine kleinere Wirkung des großen Umschwungs aller Dinge scheint, bewegt von so hohen, daß ein Mensch schon zufrieden sein kann, wenn er sie in sein Bewußtsein kriegt, zur Ausdehnung und Bereicherung alles Denkens. Machen Sie sich den jetzigen Augenblick zu Nutze; und setzen Sie ihn gleich auseinander. Sie können die Worte über ihn, die Sie mir gesandt haben, sehr gut dazu gebrauchen. Wo möglich schaff' ich Ihnen heute noch irgendwo Fr. Schlegel. Sie sind so flei- ßig, wie ich Ignvrant es sein sollte. Aber ich gönne es Ihnen doch lieber, als mir. Sprechen Sie nur von allem mit mir: ich verstehe es doch. Sie wissen's auch, und thun es! Ich
Ihnen ja alles; und es zeigt ſich auch alles ſolchen Augen, wie Ihre.
— Nach Gentz vergaß ich zu fragen. Wie ſehr ich ihn geliebt habe, habe ich ihm geſagt; was ich ihm bin, weiß er; wie er iſt, weiß ich; er hat das Bedürfniß nicht mich zu ſehen, thut dazu nichts, in ſo langer Zeit, alſo liegt er in meinem Heiligthume auch ſtill, weit zurück. So kam es. Ich lieb’ ihn für ewig, und werde ihm auch wohl ſchreiben. — Wolf habe ich ſeit der Zeit nicht wieder geſehen; Sie ſchreiben göttlich über ihn, das erzähl’ ich ihm. Schreiben Sie ja über Adam Smith, es iſt nothwendig, finde ich nach Ihren Worten, die ich ganz verſtehe; er iſt mehr als ein Mitregent Napoleons. Ein Zeichen, Produkt und Triebrad der Zeit: was er aber treibt, muß den vorſchnellen Faulen gezeigt werden. Thun Sie es ja, ſo lange er Ihnen noch gegenwärtig, und ganz wichtig iſt, ehe Sie wieder zu noch größern Kreiſen mit Ihren Ge- danken kommen, und der Ihnen auch nur ein kleineres Be- dingniß, eine kleinere Wirkung des großen Umſchwungs aller Dinge ſcheint, bewegt von ſo hohen, daß ein Menſch ſchon zufrieden ſein kann, wenn er ſie in ſein Bewußtſein kriegt, zur Ausdehnung und Bereicherung alles Denkens. Machen Sie ſich den jetzigen Augenblick zu Nutze; und ſetzen Sie ihn gleich auseinander. Sie können die Worte über ihn, die Sie mir geſandt haben, ſehr gut dazu gebrauchen. Wo möglich ſchaff’ ich Ihnen heute noch irgendwo Fr. Schlegel. Sie ſind ſo flei- ßig, wie ich Ignvrant es ſein ſollte. Aber ich gönne es Ihnen doch lieber, als mir. Sprechen Sie nur von allem mit mir: ich verſtehe es doch. Sie wiſſen’s auch, und thun es! Ich
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Ihnen ja alles; und es zeigt ſich auch alles ſolchen Augen,
wie Ihre.
— Nach Gentz vergaß ich zu fragen. Wie ſehr ich ihn
geliebt habe, habe ich ihm geſagt; was ich ihm bin, weiß er;
wie er iſt, weiß ich; er hat das Bedürfniß nicht mich zu ſehen,
thut dazu nichts, in ſo langer Zeit, alſo liegt er in meinem
Heiligthume auch ſtill, weit zurück. So kam es. Ich lieb’ ihn
für ewig, und werde ihm auch wohl ſchreiben. — Wolf habe
ich ſeit der Zeit nicht wieder geſehen; Sie ſchreiben göttlich
über ihn, das erzähl’ ich ihm. Schreiben Sie ja über Adam
Smith, es iſt nothwendig, finde ich nach Ihren Worten, die
ich ganz verſtehe; er iſt mehr als ein Mitregent Napoleons.
Ein Zeichen, Produkt und Triebrad der Zeit: was er aber treibt,
muß den vorſchnellen Faulen gezeigt werden. Thun Sie es
ja, ſo lange er Ihnen noch gegenwärtig, und ganz wichtig
iſt, ehe Sie wieder zu noch größern Kreiſen mit Ihren Ge-
danken kommen, und der Ihnen auch nur ein kleineres Be-
dingniß, eine kleinere Wirkung des großen Umſchwungs aller
Dinge ſcheint, bewegt von ſo hohen, daß ein Menſch ſchon
zufrieden ſein kann, wenn er ſie in ſein Bewußtſein kriegt, zur
Ausdehnung und Bereicherung alles Denkens. Machen Sie
ſich den jetzigen Augenblick zu Nutze; und ſetzen Sie ihn gleich
auseinander. Sie können die Worte über ihn, die Sie mir
geſandt haben, ſehr gut dazu gebrauchen. Wo möglich ſchaff’
ich Ihnen heute noch irgendwo Fr. Schlegel. Sie ſind ſo flei-
ßig, wie ich Ignvrant es ſein ſollte. Aber ich gönne es Ihnen
doch lieber, als mir. Sprechen Sie nur von allem mit mir:
ich verſtehe es doch. Sie wiſſen’s auch, und thun es! Ich
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 541. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/555>, abgerufen am 23.12.2024.
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