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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834.

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sich diese zu einem so furchtbaren Brustkrampfe, wie bisher
noch keiner gewesen war. Sie glaubte zu sterben, und litt
einige Stunden lang ganz unsäglich. Doch unter dem sorg-
samen Beistande des herbeigeholten Dr. Stüler gewann sie
nach und nach etwas Linderung, der Anfall wich, und es blieb
ein Zustand übrig, der zwar noch immer Aufregung zeigte,
aber endlich doch eine Lage zum Ruhen und sogar, wiewohl
bei fortdauernd angestrengtem Athemholen, einigen Schlaf
erlaubte.

Die folgenden Tage und Nächte rangen mit vielem Un-
gemach; die Spannung stieg nicht, minderte sich aber auch
nicht genug; eine leidliche Lage, die sich nach vielen Mühen
auf Augenblicke gewinnen ließ, wurde nur allzuschnell wieder
durch Beklemmungen gestört. Die Kräfte verhielten sich da-
bei noch über Erwarten gut; wir sprachen ihr wiederholt un-
ser tröstendes Erstaunen aus, wie viel ihre ursprünglich starke
Natur auszuhalten vermöge, und wie schnell ihr Körper, gleich
dem Gemüth, wieder in alter Fassung sei, sobald ihm nur
ein Augenblick dazu freigegeben werde. Sie stimmte wohl
in diese Meinung ein, aber sah deßhalb ihren Zustand für
nicht weniger bedenklich an, und fürchtete besonders die Wie-
derkehr des Anfalls, dessen schreckliche Angst und Qual ihr
schaudervoll im Sinne lag.

Die liebevollen Worte, die sie während dieser Zeit im-
mer an uns richtete, die trostreichen Rückblicke, welche sie auf
die Vergangenheit warf, und die gerührten Erhebungen, in
denen ihr tiefstes Herz aufwogte, vermag ich nicht im Ein-

ſich dieſe zu einem ſo furchtbaren Bruſtkrampfe, wie bisher
noch keiner geweſen war. Sie glaubte zu ſterben, und litt
einige Stunden lang ganz unſäglich. Doch unter dem ſorg-
ſamen Beiſtande des herbeigeholten Dr. Stüler gewann ſie
nach und nach etwas Linderung, der Anfall wich, und es blieb
ein Zuſtand übrig, der zwar noch immer Aufregung zeigte,
aber endlich doch eine Lage zum Ruhen und ſogar, wiewohl
bei fortdauernd angeſtrengtem Athemholen, einigen Schlaf
erlaubte.

Die folgenden Tage und Nächte rangen mit vielem Un-
gemach; die Spannung ſtieg nicht, minderte ſich aber auch
nicht genug; eine leidliche Lage, die ſich nach vielen Mühen
auf Augenblicke gewinnen ließ, wurde nur allzuſchnell wieder
durch Beklemmungen geſtört. Die Kräfte verhielten ſich da-
bei noch über Erwarten gut; wir ſprachen ihr wiederholt un-
ſer tröſtendes Erſtaunen aus, wie viel ihre urſprünglich ſtarke
Natur auszuhalten vermöge, und wie ſchnell ihr Körper, gleich
dem Gemüth, wieder in alter Faſſung ſei, ſobald ihm nur
ein Augenblick dazu freigegeben werde. Sie ſtimmte wohl
in dieſe Meinung ein, aber ſah deßhalb ihren Zuſtand für
nicht weniger bedenklich an, und fürchtete beſonders die Wie-
derkehr des Anfalls, deſſen ſchreckliche Angſt und Qual ihr
ſchaudervoll im Sinne lag.

Die liebevollen Worte, die ſie während dieſer Zeit im-
mer an uns richtete, die troſtreichen Rückblicke, welche ſie auf
die Vergangenheit warf, und die gerührten Erhebungen, in
denen ihr tiefſtes Herz aufwogte, vermag ich nicht im Ein-

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[42/0056] ſich dieſe zu einem ſo furchtbaren Bruſtkrampfe, wie bisher noch keiner geweſen war. Sie glaubte zu ſterben, und litt einige Stunden lang ganz unſäglich. Doch unter dem ſorg- ſamen Beiſtande des herbeigeholten Dr. Stüler gewann ſie nach und nach etwas Linderung, der Anfall wich, und es blieb ein Zuſtand übrig, der zwar noch immer Aufregung zeigte, aber endlich doch eine Lage zum Ruhen und ſogar, wiewohl bei fortdauernd angeſtrengtem Athemholen, einigen Schlaf erlaubte. Die folgenden Tage und Nächte rangen mit vielem Un- gemach; die Spannung ſtieg nicht, minderte ſich aber auch nicht genug; eine leidliche Lage, die ſich nach vielen Mühen auf Augenblicke gewinnen ließ, wurde nur allzuſchnell wieder durch Beklemmungen geſtört. Die Kräfte verhielten ſich da- bei noch über Erwarten gut; wir ſprachen ihr wiederholt un- ſer tröſtendes Erſtaunen aus, wie viel ihre urſprünglich ſtarke Natur auszuhalten vermöge, und wie ſchnell ihr Körper, gleich dem Gemüth, wieder in alter Faſſung ſei, ſobald ihm nur ein Augenblick dazu freigegeben werde. Sie ſtimmte wohl in dieſe Meinung ein, aber ſah deßhalb ihren Zuſtand für nicht weniger bedenklich an, und fürchtete beſonders die Wie- derkehr des Anfalls, deſſen ſchreckliche Angſt und Qual ihr ſchaudervoll im Sinne lag. Die liebevollen Worte, die ſie während dieſer Zeit im- mer an uns richtete, die troſtreichen Rückblicke, welche ſie auf die Vergangenheit warf, und die gerührten Erhebungen, in denen ihr tiefſtes Herz aufwogte, vermag ich nicht im Ein-

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/56>, abgerufen am 22.12.2024.