Nun von etwas, was mich überrascht, entzückt hat, wo- von ich ganz eingenommen bin: von Herrn von Ha. Was ist das für ein prächtiger Mann! warum rühmt den keiner: und nicht mehr? Was soll ich ihn loben! Kurz, Sie wissen doch, daß mir kein Mann mit seiner Frau gefällt? Er ge- fällt mir. Und nun halt' ich's für möglich, zu heirathen. Er ist fein und natürlich, simpel und voller Tournüre, hell- sehend und voller Gutmüthigkeit. Und was ich so sehr liebe, umgänglich; und hübsch. Mündlich will ich ihn erst recht loben. Frau von Ha., die ich doch schon kannte, hat unendlich bei mir gewonnen, sie spricht viel besser und hat viel mehr Verstand als ich dachte, ist simpel und recht aimable, hat kleine Frauenzimmersachen an sich, die sie (im Gegentheil) sehr gut kleiden, und die sie an sich hätte, wenn gar kein ander Frauenzimmer existirte, ist manchmal ein bischen schwach, aber auch so hingebend dabei, daß man sich gleich drin ver- lieben kann; und ist besonders mit Ha. so hübsch und be- scheiden, daß es eine Weide zu sehen ist; sie ist wunder- hübsch, und so zuthulich und angenehm gegen Frauenzimmer, als man's nur verlangen kann; und ich finde sie besonders natürlich, und darum bin ich ihr auch herzlich gut. Marie hab' ich nicht können kennen lernen, obgleich sie sehr artig gegen mich war, und ich sogar einmal bei Tische neben ihr saß, weil sie mir Platz machte; sie kommt mir noch so vor wie sonst, und ich glaube Ihnen also noch. Sie schien mir ein bischen ängstlich an ihre Kotterie gefesselt, und ist man immer mit vielen und sehr Bekannten, so ist das für einen Dritten um so schwerer etwas zu erfahren oder nah zu kom-
men;
Nun von etwas, was mich überraſcht, entzückt hat, wo- von ich ganz eingenommen bin: von Herrn von Ha. Was iſt das für ein prächtiger Mann! warum rühmt den keiner: und nicht mehr? Was ſoll ich ihn loben! Kurz, Sie wiſſen doch, daß mir kein Mann mit ſeiner Frau gefällt? Er ge- fällt mir. Und nun halt’ ich’s für möglich, zu heirathen. Er iſt fein und natürlich, ſimpel und voller Tournüre, hell- ſehend und voller Gutmüthigkeit. Und was ich ſo ſehr liebe, umgänglich; und hübſch. Mündlich will ich ihn erſt recht loben. Frau von Ha., die ich doch ſchon kannte, hat unendlich bei mir gewonnen, ſie ſpricht viel beſſer und hat viel mehr Verſtand als ich dachte, iſt ſimpel und recht aimable, hat kleine Frauenzimmerſachen an ſich, die ſie (im Gegentheil) ſehr gut kleiden, und die ſie an ſich hätte, wenn gar kein ander Frauenzimmer exiſtirte, iſt manchmal ein bischen ſchwach, aber auch ſo hingebend dabei, daß man ſich gleich drin ver- lieben kann; und iſt beſonders mit Ha. ſo hübſch und be- ſcheiden, daß es eine Weide zu ſehen iſt; ſie iſt wunder- hübſch, und ſo zuthulich und angenehm gegen Frauenzimmer, als man’s nur verlangen kann; und ich finde ſie beſonders natürlich, und darum bin ich ihr auch herzlich gut. Marie hab’ ich nicht können kennen lernen, obgleich ſie ſehr artig gegen mich war, und ich ſogar einmal bei Tiſche neben ihr ſaß, weil ſie mir Platz machte; ſie kommt mir noch ſo vor wie ſonſt, und ich glaube Ihnen alſo noch. Sie ſchien mir ein bischen ängſtlich an ihre Kotterie gefeſſelt, und iſt man immer mit vielen und ſehr Bekannten, ſo iſt das für einen Dritten um ſo ſchwerer etwas zu erfahren oder nah zu kom-
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Nun von etwas, was mich überraſcht, entzückt hat, wo-
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iſt das für ein prächtiger Mann! warum rühmt den keiner:
und nicht mehr? Was ſoll ich ihn loben! Kurz, Sie wiſſen
doch, daß mir kein Mann mit ſeiner Frau gefällt? Er ge-
fällt mir. Und nun halt’ ich’s für möglich, zu heirathen.
Er iſt fein und natürlich, ſimpel und voller Tournüre, hell-
ſehend und voller Gutmüthigkeit. Und was ich ſo ſehr
liebe, umgänglich; und hübſch. Mündlich will ich ihn erſt
recht loben. Frau von Ha., die ich doch ſchon kannte, hat
unendlich bei mir gewonnen, ſie ſpricht viel beſſer und hat
viel mehr Verſtand als ich dachte, iſt ſimpel und recht aimable,
hat kleine Frauenzimmerſachen an ſich, die ſie (im Gegentheil)
ſehr gut kleiden, und die ſie an ſich hätte, wenn gar kein
ander Frauenzimmer exiſtirte, iſt manchmal ein bischen ſchwach,
aber auch ſo hingebend dabei, daß man ſich gleich drin ver-
lieben kann; und iſt beſonders mit Ha. ſo hübſch und be-
ſcheiden, daß es eine Weide zu ſehen iſt; ſie iſt wunder-
hübſch, und ſo zuthulich und angenehm gegen Frauenzimmer,
als man’s nur verlangen kann; und ich finde ſie beſonders
natürlich, und darum bin ich ihr auch herzlich gut. Marie
hab’ ich nicht können kennen lernen, obgleich ſie ſehr artig
gegen mich war, und ich ſogar einmal bei Tiſche neben ihr
ſaß, weil ſie mir Platz machte; ſie kommt mir noch ſo vor
wie ſonſt, und ich glaube Ihnen alſo noch. Sie ſchien mir
ein bischen ängſtlich an ihre Kotterie gefeſſelt, und iſt man
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/94>, abgerufen am 22.12.2024.
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