so, und Tieck wollte ihn für hübsch ausgeben, daß ich ihn, und Alle mit mir, Venus nenne. Marwitz, der einmal em- pört vor Allen zu mir sagte: "Soll ich noch mehr Ihr Sklave sein?" heißt schlechtweg Sklave. Weil es zu komisch war, als er es sagte, ich fiel auch gleich in konvulsivischem Lachen auf eine Sophalehne, gleich um. Nämlich er ist ganz despotisch, und so, daß er nur komisch ist. Willisen durchaus lieb und gescheidt. Als deinen Freund lieb' ich ihn noch be- sonders; und thu ihm alles Liebes, was ich weiß. Wann werd' ich dich pflegen? Schreibe wenn du kannst. Gott mache dich glücklich!
Deine R.
An M. Th. Robert, in Breslau.
Sonntag, halb 8, im Bette, den 10. Oktober 1813.
Donnerstag kam die schlesische Post nicht an -- gewiß des Morastes wegen, -- denn dieser Regen! -- Ob sie heute kommt, weiß ich nicht; ich will geschwind schreiben, eh mein Fieberanfall kommt. -- Denkt euch meinen Verdruß: Graf Bernstorff hat mich über eine Stunde mit dem Fiacker gesucht, ohne mein Quartier finden zu können; und den folgenden Tag eben so! Gestern ließ er mir nach seiner Abreise seine regrets darüber durch Gentz sagen, der drei und eine halbe Stunde gestern Abend vor meinem Bette -- ich mußte endlich liegen, weil das eklige Fieber unregelmäßig wurde -- beichtete über alle Gegenstände seiner Seele, und seines Wissens. Die Dä- nen haben wir nicht. Mit Baiern soll es auch noch nicht rich-
II. 9
ſo, und Tieck wollte ihn für hübſch ausgeben, daß ich ihn, und Alle mit mir, Venus nenne. Marwitz, der einmal em- pört vor Allen zu mir ſagte: „Soll ich noch mehr Ihr Sklave ſein?“ heißt ſchlechtweg Sklave. Weil es zu komiſch war, als er es ſagte, ich fiel auch gleich in konvulſiviſchem Lachen auf eine Sophalehne, gleich um. Nämlich er iſt ganz despotiſch, und ſo, daß er nur komiſch iſt. Williſen durchaus lieb und geſcheidt. Als deinen Freund lieb’ ich ihn noch be- ſonders; und thu ihm alles Liebes, was ich weiß. Wann werd’ ich dich pflegen? Schreibe wenn du kannſt. Gott mache dich glücklich!
Deine R.
An M. Th. Robert, in Breslau.
Sonntag, halb 8, im Bette, den 10. Oktober 1813.
Donnerstag kam die ſchleſiſche Poſt nicht an — gewiß des Moraſtes wegen, — denn dieſer Regen! — Ob ſie heute kommt, weiß ich nicht; ich will geſchwind ſchreiben, eh mein Fieberanfall kommt. — Denkt euch meinen Verdruß: Graf Bernſtorff hat mich über eine Stunde mit dem Fiacker geſucht, ohne mein Quartier finden zu können; und den folgenden Tag eben ſo! Geſtern ließ er mir nach ſeiner Abreiſe ſeine regrets darüber durch Gentz ſagen, der drei und eine halbe Stunde geſtern Abend vor meinem Bette — ich mußte endlich liegen, weil das eklige Fieber unregelmäßig wurde — beichtete über alle Gegenſtände ſeiner Seele, und ſeines Wiſſens. Die Dä- nen haben wir nicht. Mit Baiern ſoll es auch noch nicht rich-
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ſo, und Tieck wollte ihn für hübſch ausgeben, daß ich ihn,
und Alle mit mir, Venus nenne. Marwitz, der einmal em-
pört vor Allen zu mir ſagte: „Soll ich noch mehr Ihr
Sklave ſein?“ heißt ſchlechtweg Sklave. Weil es zu komiſch
war, als er es ſagte, ich fiel auch gleich in konvulſiviſchem
Lachen auf eine Sophalehne, gleich um. Nämlich er iſt ganz
despotiſch, und ſo, daß er nur komiſch iſt. Williſen durchaus
lieb und geſcheidt. Als deinen Freund lieb’ ich ihn noch be-
ſonders; und thu ihm alles Liebes, was ich weiß. Wann
werd’ ich dich pflegen? Schreibe wenn du kannſt. Gott mache
dich glücklich!
Deine R.
An M. Th. Robert, in Breslau.
Sonntag, halb 8, im Bette, den 10. Oktober 1813.
Donnerstag kam die ſchleſiſche Poſt nicht an — gewiß
des Moraſtes wegen, — denn dieſer Regen! — Ob ſie heute
kommt, weiß ich nicht; ich will geſchwind ſchreiben, eh mein
Fieberanfall kommt. — Denkt euch meinen Verdruß: Graf
Bernſtorff hat mich über eine Stunde mit dem Fiacker geſucht,
ohne mein Quartier finden zu können; und den folgenden Tag
eben ſo! Geſtern ließ er mir nach ſeiner Abreiſe ſeine regrets
darüber durch Gentz ſagen, der drei und eine halbe Stunde
geſtern Abend vor meinem Bette — ich mußte endlich liegen,
weil das eklige Fieber unregelmäßig wurde — beichtete über
alle Gegenſtände ſeiner Seele, und ſeines Wiſſens. Die Dä-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/137>, abgerufen am 28.11.2024.
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