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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

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wenigsten. -- Bei mir platzt alles heraus! Und laß mich
nur so, Lieber! Wir werden wieder zusammen sein, und
neues Leben entzündet sich immer wieder: so lange sie steht,
die Natur. Ich habe nun schon über dritthalbtausend Gulden
für meine Soldaten, und viele Geschäfte. Dies nimmt mir alle
Zeit und vielen Sinn. Mendelssohn läßt in's Unendliche hier
Jäger durch mich kleiden. --

Den 31. erhielt ich einen Brief von Frau von Humboldt,
die mir sehr oft -- auch durch General Bentheim, der vor
acht Tagen angekommen ist, und den sie sehr schätzt und liebt
(ich habe ihr geantwortet, Gott hat ihn hübsch gemacht und
menschlich, für Menschen, die es sehen können) -- schreibt,
mit einem Billete von Frau von Wolzogen, die hier ange-
kommen war, und mich besuchen wollte: Frau von Humboldt
meinte, sie würde länger hier bleiben, und empfahl sie mir
mit großer Liebe, für sie und für mich. Ich sah die Frau
bei sich, weil sie unpaß wurde. Eine durchlebte, gütige, ge-
faßte, erschütterte Frau. Sie reiste gestern im Gefolge der
Prinzessin nach Weimar, um der Armee näher zu sein, mit
ihrem angstvoll gefaßten Herzen, sie hat einen Sohn bei Blü-
cher. Sie hat mich mit einem großen Glücke überrascht. Sie
sagte mir mit einemmale: "Ich habe Briefe von Ihnen gele-
sen, die sehr schön sind!" Ich dachte, an Frau von Hum-
boldt: sie setzte hinzu: "über Goethe; es hat ihn unendlich
gefreut; es ist ihm so nöthig, er wird so häufig mißverstan-
den, so vielfältig nicht gut berührt," -- so ungefähr sprach
sie -- "es hat ihm außerordentlich wohlgethan." -- Ich sagte

wenigſten. — Bei mir platzt alles heraus! Und laß mich
nur ſo, Lieber! Wir werden wieder zuſammen ſein, und
neues Leben entzündet ſich immer wieder: ſo lange ſie ſteht,
die Natur. Ich habe nun ſchon über dritthalbtauſend Gulden
für meine Soldaten, und viele Geſchäfte. Dies nimmt mir alle
Zeit und vielen Sinn. Mendelsſohn läßt in’s Unendliche hier
Jäger durch mich kleiden. —

Den 31. erhielt ich einen Brief von Frau von Humboldt,
die mir ſehr oft — auch durch General Bentheim, der vor
acht Tagen angekommen iſt, und den ſie ſehr ſchätzt und liebt
(ich habe ihr geantwortet, Gott hat ihn hübſch gemacht und
menſchlich, für Menſchen, die es ſehen können) — ſchreibt,
mit einem Billete von Frau von Wolzogen, die hier ange-
kommen war, und mich beſuchen wollte: Frau von Humboldt
meinte, ſie würde länger hier bleiben, und empfahl ſie mir
mit großer Liebe, für ſie und für mich. Ich ſah die Frau
bei ſich, weil ſie unpaß wurde. Eine durchlebte, gütige, ge-
faßte, erſchütterte Frau. Sie reiſte geſtern im Gefolge der
Prinzeſſin nach Weimar, um der Armee näher zu ſein, mit
ihrem angſtvoll gefaßten Herzen, ſie hat einen Sohn bei Blü-
cher. Sie hat mich mit einem großen Glücke überraſcht. Sie
ſagte mir mit einemmale: „Ich habe Briefe von Ihnen gele-
ſen, die ſehr ſchön ſind!“ Ich dachte, an Frau von Hum-
boldt: ſie ſetzte hinzu: „über Goethe; es hat ihn unendlich
gefreut; es iſt ihm ſo nöthig, er wird ſo häufig mißverſtan-
den, ſo vielfältig nicht gut berührt,“ — ſo ungefähr ſprach
ſie — „es hat ihm außerordentlich wohlgethan.“ — Ich ſagte

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[142/0150] wenigſten. — Bei mir platzt alles heraus! Und laß mich nur ſo, Lieber! Wir werden wieder zuſammen ſein, und neues Leben entzündet ſich immer wieder: ſo lange ſie ſteht, die Natur. Ich habe nun ſchon über dritthalbtauſend Gulden für meine Soldaten, und viele Geſchäfte. Dies nimmt mir alle Zeit und vielen Sinn. Mendelsſohn läßt in’s Unendliche hier Jäger durch mich kleiden. — Den 31. erhielt ich einen Brief von Frau von Humboldt, die mir ſehr oft — auch durch General Bentheim, der vor acht Tagen angekommen iſt, und den ſie ſehr ſchätzt und liebt (ich habe ihr geantwortet, Gott hat ihn hübſch gemacht und menſchlich, für Menſchen, die es ſehen können) — ſchreibt, mit einem Billete von Frau von Wolzogen, die hier ange- kommen war, und mich beſuchen wollte: Frau von Humboldt meinte, ſie würde länger hier bleiben, und empfahl ſie mir mit großer Liebe, für ſie und für mich. Ich ſah die Frau bei ſich, weil ſie unpaß wurde. Eine durchlebte, gütige, ge- faßte, erſchütterte Frau. Sie reiſte geſtern im Gefolge der Prinzeſſin nach Weimar, um der Armee näher zu ſein, mit ihrem angſtvoll gefaßten Herzen, ſie hat einen Sohn bei Blü- cher. Sie hat mich mit einem großen Glücke überraſcht. Sie ſagte mir mit einemmale: „Ich habe Briefe von Ihnen gele- ſen, die ſehr ſchön ſind!“ Ich dachte, an Frau von Hum- boldt: ſie ſetzte hinzu: „über Goethe; es hat ihn unendlich gefreut; es iſt ihm ſo nöthig, er wird ſo häufig mißverſtan- den, ſo vielfältig nicht gut berührt,“ — ſo ungefähr ſprach ſie — „es hat ihm außerordentlich wohlgethan.“ — Ich ſagte

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/150>, abgerufen am 27.11.2024.