gend, Namen, Talente, zu sehen, daß ich doch meinen Platz in der Welt finden kann. Deinen Besitz, deine Hülfe rechne ich oben an: aber warum liebst du mich? bloß weil ich recht- schaffen bin, und das Andern gönne und thätig schaffe, was ich selbst gerne will. -- A. Mendelssohn beträgt sich gegen mich ganz ausgezeichnet freundschaftlich, thätig und zuvor- kommend, und hat sich als wahrer Freund und eigentlicher Bruder gegen mich bezeigt, indem er mir de but en blanc hier einen Kredit machte; weil ihm einfiel, es könne mir angenehm sein! er hat das letzte Geschäft mit einer Pünktlichkeit und Ausrechnung zu meinem Vortheil besorgt, als wäre ich eine Königin, deren Gunst er sich schaffen wollte. Außerdem beträgt er sich in diesem Krieg, und betrug sich hier in Prag, wie der größte Weltpatriot: man kann nicht edler. Auch hat er nun eine Freundin an mir, und einen Freund an dir. --
Prag, den 5. December 1813.
-- Lies doch, wenn du das Buch findest -- welches ich erst sechs Wochen in Verachtung bei mir liegen ließ -- De- lille's Gedicht sur l'imagination. Ganz Frankreich in seiner Gesellschaftlichkeit übersieht man wieder darin, und einen Ab- grund von Verwirrung, Grazie und Weisheit, die ihm über- kommen ist, und die in ihm gewachsen ist. Darum empfehle ich's aber nicht, sondern seiner sehr schönen Anmerkungen wegen, die ein Anderer dazu im neuesten geschmackvollsten Französisch geschrieben hat; so geschmackvoll, avec tant de goaut, daß sie beinahe fromm sind. Nur über die Königin Louis quatorze -- der Fürst von Ligne sagte: Catherine le
gend, Namen, Talente, zu ſehen, daß ich doch meinen Platz in der Welt finden kann. Deinen Beſitz, deine Hülfe rechne ich oben an: aber warum liebſt du mich? bloß weil ich recht- ſchaffen bin, und das Andern gönne und thätig ſchaffe, was ich ſelbſt gerne will. — A. Mendelsſohn beträgt ſich gegen mich ganz ausgezeichnet freundſchaftlich, thätig und zuvor- kommend, und hat ſich als wahrer Freund und eigentlicher Bruder gegen mich bezeigt, indem er mir de but en blanc hier einen Kredit machte; weil ihm einfiel, es könne mir angenehm ſein! er hat das letzte Geſchäft mit einer Pünktlichkeit und Ausrechnung zu meinem Vortheil beſorgt, als wäre ich eine Königin, deren Gunſt er ſich ſchaffen wollte. Außerdem beträgt er ſich in dieſem Krieg, und betrug ſich hier in Prag, wie der größte Weltpatriot: man kann nicht edler. Auch hat er nun eine Freundin an mir, und einen Freund an dir. —
Prag, den 5. December 1813.
— Lies doch, wenn du das Buch findeſt — welches ich erſt ſechs Wochen in Verachtung bei mir liegen ließ — De- lille’s Gedicht sur l’imagination. Ganz Frankreich in ſeiner Geſellſchaftlichkeit überſieht man wieder darin, und einen Ab- grund von Verwirrung, Grazie und Weisheit, die ihm über- kommen iſt, und die in ihm gewachſen iſt. Darum empfehle ich’s aber nicht, ſondern ſeiner ſehr ſchönen Anmerkungen wegen, die ein Anderer dazu im neueſten geſchmackvollſten Franzöſiſch geſchrieben hat; ſo geſchmackvoll, avec tant de goût, daß ſie beinahe fromm ſind. Nur über die Königin Louis quatorze — der Fürſt von Ligne ſagte: Catherine le
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gend, Namen, Talente, zu ſehen, daß ich doch meinen Platz
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ſchaffen bin, und das Andern gönne und thätig ſchaffe, was
ich ſelbſt gerne will. — A. Mendelsſohn beträgt ſich gegen
mich ganz ausgezeichnet freundſchaftlich, thätig und zuvor-
kommend, und hat ſich als wahrer Freund und eigentlicher
Bruder gegen mich bezeigt, indem er mir de but en blanc hier
einen Kredit machte; weil ihm einfiel, es könne mir angenehm
ſein! er hat das letzte Geſchäft mit einer Pünktlichkeit und
Ausrechnung zu meinem Vortheil beſorgt, als wäre ich eine
Königin, deren Gunſt er ſich ſchaffen wollte. Außerdem beträgt
er ſich in dieſem Krieg, und betrug ſich hier in Prag, wie der
größte Weltpatriot: man kann nicht edler. Auch hat er nun
eine Freundin an mir, und einen Freund an dir. —
Prag, den 5. December 1813.
— Lies doch, wenn du das Buch findeſt — welches ich
erſt ſechs Wochen in Verachtung bei mir liegen ließ — De-
lille’s Gedicht sur l’imagination. Ganz Frankreich in ſeiner
Geſellſchaftlichkeit überſieht man wieder darin, und einen Ab-
grund von Verwirrung, Grazie und Weisheit, die ihm über-
kommen iſt, und die in ihm gewachſen iſt. Darum empfehle
ich’s aber nicht, ſondern ſeiner ſehr ſchönen Anmerkungen
wegen, die ein Anderer dazu im neueſten geſchmackvollſten
Franzöſiſch geſchrieben hat; ſo geſchmackvoll, avec tant de
goût, daß ſie beinahe fromm ſind. Nur über die Königin
Louis quatorze — der Fürſt von Ligne ſagte: Catherine le
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/158>, abgerufen am 26.11.2024.
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