ments für mich. Tausend und tausend Menschen konnte ich helfen, beistehen, schützen, unterstützen, trösten. Unser ganzes Land sah ich hier. Es schwoll mein Herz. Persönlich ver- lor ich alte, sechszehnjährige Freunde, die ich in eilf Jahren nicht gesehen hatte, die Pachta drunter, die nicht kam, und noch nicht hier ist. So kam die Kulmer Schlacht; unsere von Platzregen begossenen Straßen waren mit unbehausten Verwundeten bedeckt. Meine Landsleute! Ich stürzte auf meine Knie und schrie zu Gott. Er gab mir einen Brief nach Wien ein, und Geld, unzählige Kleidungsstücke und Wäsche erhielt ich. Frauen standen mir hier bei: und ich ließ kochen; und half. So lange bis ich unpaß wurde, dies aber der Verwundeten, Darbenden wegen nicht achten konnte; ich wurde kränker, mußte mich im Oktober legen: arbeitete doch: stand wieder auf, ward immer kränker: die Agitation dazu; alle Preußen kamen zu mir, jeder schnitt mir in's Herz. So ging's, mit tausend Ereignissen, die nur zum Erzählen sind, vermischt. So kam December; da wurde meine freundliche Wirthin heftig und gefährlich krank: ich wartete sie, selbst krank: sechs Wochen quälte ich mich mit Wirthschaft und allem, wie du bei Grotthuß. Ich wurde immer kränker: den letzten Montag vor sechs Wochen stürzt ich zu Bette, wo ich noch liege. -- Auch nur mündlich! Wie von meinen Gebeten, Gelübden, wie sie Gott annahm und erhörte. Dir darf ich mit Gottes Erlaubniß so etwas er- zählen. Dies ist meine ganze Liebe zu dir. -- Offenbart sich uns des Allmächtigen Willen so hart? Amen! Er weiß es: ich bin ganz ergeben: und denke mir wahrlich Gutes aus
ments für mich. Tauſend und tauſend Menſchen konnte ich helfen, beiſtehen, ſchützen, unterſtützen, tröſten. Unſer ganzes Land ſah ich hier. Es ſchwoll mein Herz. Perſönlich ver- lor ich alte, ſechszehnjährige Freunde, die ich in eilf Jahren nicht geſehen hatte, die Pachta drunter, die nicht kam, und noch nicht hier iſt. So kam die Kulmer Schlacht; unſere von Platzregen begoſſenen Straßen waren mit unbehauſten Verwundeten bedeckt. Meine Landsleute! Ich ſtürzte auf meine Knie und ſchrie zu Gott. Er gab mir einen Brief nach Wien ein, und Geld, unzählige Kleidungsſtücke und Wäſche erhielt ich. Frauen ſtanden mir hier bei: und ich ließ kochen; und half. So lange bis ich unpaß wurde, dies aber der Verwundeten, Darbenden wegen nicht achten konnte; ich wurde kränker, mußte mich im Oktober legen: arbeitete doch: ſtand wieder auf, ward immer kränker: die Agitation dazu; alle Preußen kamen zu mir, jeder ſchnitt mir in’s Herz. So ging’s, mit tauſend Ereigniſſen, die nur zum Erzählen ſind, vermiſcht. So kam December; da wurde meine freundliche Wirthin heftig und gefährlich krank: ich wartete ſie, ſelbſt krank: ſechs Wochen quälte ich mich mit Wirthſchaft und allem, wie du bei Grotthuß. Ich wurde immer kränker: den letzten Montag vor ſechs Wochen ſtürzt ich zu Bette, wo ich noch liege. — Auch nur mündlich! Wie von meinen Gebeten, Gelübden, wie ſie Gott annahm und erhörte. Dir darf ich mit Gottes Erlaubniß ſo etwas er- zählen. Dies iſt meine ganze Liebe zu dir. — Offenbart ſich uns des Allmächtigen Willen ſo hart? Amen! Er weiß es: ich bin ganz ergeben: und denke mir wahrlich Gutes aus
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ments für mich. Tauſend und tauſend Menſchen konnte ich
helfen, beiſtehen, ſchützen, unterſtützen, tröſten. Unſer ganzes
Land ſah ich hier. Es ſchwoll mein Herz. Perſönlich ver-
lor ich alte, ſechszehnjährige Freunde, die ich in eilf Jahren
nicht geſehen hatte, die Pachta drunter, die nicht kam, und
noch nicht hier iſt. So kam die Kulmer Schlacht; unſere
von Platzregen begoſſenen Straßen waren mit unbehauſten
Verwundeten bedeckt. Meine Landsleute! Ich ſtürzte auf
meine Knie und ſchrie zu Gott. Er gab mir einen Brief
nach Wien ein, und Geld, unzählige Kleidungsſtücke und
Wäſche erhielt ich. Frauen ſtanden mir hier bei: und ich
ließ kochen; und half. So lange bis ich unpaß wurde, dies
aber der Verwundeten, Darbenden wegen nicht achten
konnte; ich wurde kränker, mußte mich im Oktober legen:
arbeitete doch: ſtand wieder auf, ward immer kränker: die
Agitation dazu; alle Preußen kamen zu mir, jeder ſchnitt
mir in’s Herz. So ging’s, mit tauſend Ereigniſſen, die nur
zum Erzählen ſind, vermiſcht. So kam December; da wurde
meine freundliche Wirthin heftig und gefährlich krank: ich
wartete ſie, ſelbſt krank: ſechs Wochen quälte ich mich mit
Wirthſchaft und allem, wie du bei Grotthuß. Ich wurde
immer kränker: den letzten Montag vor ſechs Wochen ſtürzt
ich zu Bette, wo ich noch liege. — Auch nur mündlich! Wie
von meinen Gebeten, Gelübden, wie ſie Gott annahm und
erhörte. Dir darf ich mit Gottes Erlaubniß ſo etwas er-
zählen. Dies iſt meine ganze Liebe zu dir. — Offenbart ſich
uns des Allmächtigen Willen ſo hart? Amen! Er weiß
es: ich bin ganz ergeben: und denke mir wahrlich Gutes aus
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/175>, abgerufen am 25.11.2024.
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