auch meine Geschichtsgedanken zur Schau stellen! Tralalala! Jetzt sind durchaus die Evenements größer, als die Menschen. Politik giebt's nicht: Elemente davon sind da; und mit denen entwicklen sich die Menschen mit, wie mit dem wirklichen Wet- ter in der Atmosphäre, welches sie auch nicht machen können, und die sich stufenweise ändert in Jahrhunderten, wie alles in der Natur sich ausbildet, und perfektibel ist, und wird. Amen! Ich kann euch nicht mehr schreiben. Ich muß Bentheim, Augusten, Robert, Varnhagen, Gentz, der Humboldt, Tetten- born, der ganzen Welt schreiben. Manche wollen wissen, was ich denke jetzt!!! -- So geht's Denkern! Ich weiß aber doch nicht, was ich denken soll von vielen Dingen. Gestern hat Mattausch Karl Moor gespielt: ich sah ihn nicht; die Kälte war groß, und ich blieb zu Hause. In der Jungfrau werde ich ihn sehen. Bayer spielt den Bastard viel besser. Mattausch wurde herausgerufen, und ist hier sehr beliebt. Warum habt ihr mir nichts mit ihm geschickt! Hans! schicke mir Bettzeug, und Servietten. In einem großen Kasten im Souterrain steht die Wäsche, Line hat den Schlüssel. --
-- Tettenborn hat mich sehr dringend und angenehm ein- geladen. Ich warte noch auf mehr Briefe. -- Sei versichert, Hans! kein Genuß in Kunst, Luft, Wetter, und Wohlleben, kann mir ein ungestörter sein, woran ich dich, woran ich euch nicht Theil nehmen sehe. -- Ich möchte auch Moritz sprechen hören. Napoleon möchte ich sehen. Ich hasse ihn noch nicht. Aber sie lassen ihm zu viel Spielraum. -- Wer von Marwitz hört, schreibt dem andern. -- --
auch meine Geſchichtsgedanken zur Schau ſtellen! Tralalala! Jetzt ſind durchaus die Evenements größer, als die Menſchen. Politik giebt’s nicht: Elemente davon ſind da; und mit denen entwicklen ſich die Menſchen mit, wie mit dem wirklichen Wet- ter in der Atmoſphäre, welches ſie auch nicht machen können, und die ſich ſtufenweiſe ändert in Jahrhunderten, wie alles in der Natur ſich ausbildet, und perfektibel iſt, und wird. Amen! Ich kann euch nicht mehr ſchreiben. Ich muß Bentheim, Auguſten, Robert, Varnhagen, Gentz, der Humboldt, Tetten- born, der ganzen Welt ſchreiben. Manche wollen wiſſen, was ich denke jetzt!!! — So geht’s Denkern! Ich weiß aber doch nicht, was ich denken ſoll von vielen Dingen. Geſtern hat Mattauſch Karl Moor geſpielt: ich ſah ihn nicht; die Kälte war groß, und ich blieb zu Hauſe. In der Jungfrau werde ich ihn ſehen. Bayer ſpielt den Baſtard viel beſſer. Mattauſch wurde herausgerufen, und iſt hier ſehr beliebt. Warum habt ihr mir nichts mit ihm geſchickt! Hans! ſchicke mir Bettzeug, und Servietten. In einem großen Kaſten im Souterrain ſteht die Wäſche, Line hat den Schlüſſel. —
— Tettenborn hat mich ſehr dringend und angenehm ein- geladen. Ich warte noch auf mehr Briefe. — Sei verſichert, Hans! kein Genuß in Kunſt, Luft, Wetter, und Wohlleben, kann mir ein ungeſtörter ſein, woran ich dich, woran ich euch nicht Theil nehmen ſehe. — Ich möchte auch Moritz ſprechen hören. Napoleon möchte ich ſehen. Ich haſſe ihn noch nicht. Aber ſie laſſen ihm zu viel Spielraum. — Wer von Marwitz hört, ſchreibt dem andern. — —
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[210/0218]
auch meine Geſchichtsgedanken zur Schau ſtellen! Tralalala!
Jetzt ſind durchaus die Evenements größer, als die Menſchen.
Politik giebt’s nicht: Elemente davon ſind da; und mit denen
entwicklen ſich die Menſchen mit, wie mit dem wirklichen Wet-
ter in der Atmoſphäre, welches ſie auch nicht machen können,
und die ſich ſtufenweiſe ändert in Jahrhunderten, wie alles in
der Natur ſich ausbildet, und perfektibel iſt, und wird. Amen!
Ich kann euch nicht mehr ſchreiben. Ich muß Bentheim,
Auguſten, Robert, Varnhagen, Gentz, der Humboldt, Tetten-
born, der ganzen Welt ſchreiben. Manche wollen wiſſen,
was ich denke jetzt!!! — So geht’s Denkern! Ich weiß aber
doch nicht, was ich denken ſoll von vielen Dingen. Geſtern
hat Mattauſch Karl Moor geſpielt: ich ſah ihn nicht; die
Kälte war groß, und ich blieb zu Hauſe. In der Jungfrau
werde ich ihn ſehen. Bayer ſpielt den Baſtard viel beſſer.
Mattauſch wurde herausgerufen, und iſt hier ſehr beliebt.
Warum habt ihr mir nichts mit ihm geſchickt! Hans! ſchicke
mir Bettzeug, und Servietten. In einem großen Kaſten im
Souterrain ſteht die Wäſche, Line hat den Schlüſſel. —
— Tettenborn hat mich ſehr dringend und angenehm ein-
geladen. Ich warte noch auf mehr Briefe. — Sei verſichert,
Hans! kein Genuß in Kunſt, Luft, Wetter, und Wohlleben,
kann mir ein ungeſtörter ſein, woran ich dich, woran ich euch
nicht Theil nehmen ſehe. — Ich möchte auch Moritz ſprechen
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/218>, abgerufen am 21.11.2024.
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