Sprich deine Sprache! Aber thue es gleich. Ich habe Liebich bewogen, seinen Brief bis zum nächsten Dienstag zu- rückzuhalten, dann ist wieder sächsischer Posttag; damit dei- ner, zum allerwenigsten, zugleich mit seinem kommt, oder gar früher: und damit Goethe ihm nicht in der Geschwindigkeit, eh deiner kommt, ein Nein schreibt. Wie auf deine Ehrlich- keit, verlasse ich mich darauf, daß du, wenn du nicht sterbend bist, gleich und so schreibst, wie du kannst: eindringend, daß, bis er's thut! Wie wird's ihm die Kaiserin, seine Freun- din, danken! Ganz Deutschland beglückt er; es flammt von neuem auf! Soll ich dir noch hinzufügen, daß Liebich der einfachste, braveste, gütigste, wohlthätigste Mensch ist? und in manchen Fächern seiner Kunst unübertrefflich: voller guten Willen, und ohne Vorurtheil? Dir diesen Mann dank- bar zu machen, muß dich auch freuen! Wenn es Goethe an- nimmt, und es ist so weit, daß es Goethe erlaubt, will Lie- bich ein gedrucktes Zirkular an alle Bühnen ergehen lassen. Grotta, du mußt! Adieu, Liebe! Schreibe; und antworte mir. Empfiehl mich deinem Gemahl!
R. R.
Anmerk. Goethe empfing die beiden Briefe. Er schrieb an Liebich diese Antwort:
Weimar, den 10. Juli 1814.
Für den an mich ergangenen sehr ehrenvollen Antrag hab' ich alle Ursache, meinen lebhaftesten Dank abzustatten, wobei mir sehr angenehm ist, daß ich Ihren Wünschen, wo nicht unmittelbar, doch mittelbar ent- gegen zu kommen im Stande bin.
Es hat nämlich vor einigen Monaten die angesehene Generaldirektion des Berliner Theaters von mir ein Festspiel verlangt, zur Feier der An- kunft ihres Königs und seiner höchsten Gäste. Ich habe diese Gelegenheit benutzt, um alles zur Sprache und Darstellung zu bringen, was in den
Sprich deine Sprache! Aber thue es gleich. Ich habe Liebich bewogen, ſeinen Brief bis zum nächſten Dienstag zu- rückzuhalten, dann iſt wieder ſächſiſcher Poſttag; damit dei- ner, zum allerwenigſten, zugleich mit ſeinem kommt, oder gar früher: und damit Goethe ihm nicht in der Geſchwindigkeit, eh deiner kommt, ein Nein ſchreibt. Wie auf deine Ehrlich- keit, verlaſſe ich mich darauf, daß du, wenn du nicht ſterbend biſt, gleich und ſo ſchreibſt, wie du kannſt: eindringend, daß, bis er’s thut! Wie wird’s ihm die Kaiſerin, ſeine Freun- din, danken! Ganz Deutſchland beglückt er; es flammt von neuem auf! Soll ich dir noch hinzufügen, daß Liebich der einfachſte, braveſte, gütigſte, wohlthätigſte Menſch iſt? und in manchen Fächern ſeiner Kunſt unübertrefflich: voller guten Willen, und ohne Vorurtheil? Dir dieſen Mann dank- bar zu machen, muß dich auch freuen! Wenn es Goethe an- nimmt, und es iſt ſo weit, daß es Goethe erlaubt, will Lie- bich ein gedrucktes Zirkular an alle Bühnen ergehen laſſen. Grotta, du mußt! Adieu, Liebe! Schreibe; und antworte mir. Empfiehl mich deinem Gemahl!
R. R.
Anmerk. Goethe empfing die beiden Briefe. Er ſchrieb an Liebich dieſe Antwort:
Weimar, den 10. Juli 1814.
Für den an mich ergangenen ſehr ehrenvollen Antrag hab’ ich alle Urſache, meinen lebhafteſten Dank abzuſtatten, wobei mir ſehr angenehm iſt, daß ich Ihren Wünſchen, wo nicht unmittelbar, doch mittelbar ent- gegen zu kommen im Stande bin.
Es hat nämlich vor einigen Monaten die angeſehene Generaldirektion des Berliner Theaters von mir ein Feſtſpiel verlangt, zur Feier der An- kunft ihres Königs und ſeiner höchſten Gäſte. Ich habe dieſe Gelegenheit benutzt, um alles zur Sprache und Darſtellung zu bringen, was in den
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0236"n="228"/>
Sprich <hirendition="#g">deine</hi> Sprache! Aber thue es <hirendition="#g">gleich</hi>. Ich habe<lb/>
Liebich bewogen, ſeinen Brief bis zum nächſten Dienstag zu-<lb/>
rückzuhalten, dann iſt wieder ſächſiſcher Poſttag; damit dei-<lb/>
ner, zum allerwenigſten, zugleich mit ſeinem kommt, oder gar<lb/>
früher: und damit Goethe ihm nicht in der Geſchwindigkeit,<lb/>
eh deiner kommt, ein Nein ſchreibt. Wie auf deine Ehrlich-<lb/>
keit, verlaſſe ich mich darauf, daß du, wenn du nicht ſterbend<lb/>
biſt, <hirendition="#g">gleich</hi> und <hirendition="#g">ſo</hi>ſchreibſt, wie du <hirendition="#g">kannſt</hi>: eindringend,<lb/>
daß, <hirendition="#g">bis</hi> er’s thut! Wie wird’s ihm die Kaiſerin, ſeine Freun-<lb/>
din, danken! Ganz Deutſchland beglückt er; es flammt von<lb/>
neuem auf! Soll ich dir noch hinzufügen, daß Liebich der<lb/>
einfachſte, braveſte, gütigſte, <hirendition="#g">wohlthätigſte</hi> Menſch iſt?<lb/>
und in manchen Fächern ſeiner Kunſt unübertrefflich: voller<lb/>
guten Willen, und ohne Vorurtheil? Dir dieſen Mann dank-<lb/>
bar zu machen, muß dich auch freuen! Wenn es Goethe an-<lb/>
nimmt, und es iſt <hirendition="#g">ſo</hi> weit, daß es Goethe erlaubt, will Lie-<lb/>
bich ein gedrucktes Zirkular an alle Bühnen ergehen laſſen.<lb/>
Grotta, du <hirendition="#g">mußt</hi>! Adieu, Liebe! Schreibe; und antworte<lb/>
mir. Empfiehl mich deinem Gemahl!</p><closer><salute><hirendition="#et">R. R.</hi></salute></closer><lb/><noteplace="end"><hirendition="#g">Anmerk</hi>. Goethe empfing die beiden Briefe. Er ſchrieb an Liebich<lb/>
dieſe Antwort:</note></div><lb/><divn="3"><dateline><hirendition="#et">Weimar, den 10. Juli 1814.</hi></dateline><lb/><p>Für den an mich ergangenen ſehr ehrenvollen Antrag hab’ ich alle<lb/>
Urſache, meinen lebhafteſten Dank abzuſtatten, wobei mir ſehr angenehm<lb/>
iſt, daß ich Ihren Wünſchen, wo nicht unmittelbar, doch mittelbar ent-<lb/>
gegen zu kommen im Stande bin.</p><lb/><p>Es hat nämlich vor einigen Monaten die angeſehene Generaldirektion<lb/>
des Berliner Theaters von mir ein Feſtſpiel verlangt, zur Feier der An-<lb/>
kunft ihres Königs und ſeiner höchſten Gäſte. Ich habe dieſe Gelegenheit<lb/>
benutzt, um alles zur Sprache und Darſtellung zu bringen, was in den<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[228/0236]
Sprich deine Sprache! Aber thue es gleich. Ich habe
Liebich bewogen, ſeinen Brief bis zum nächſten Dienstag zu-
rückzuhalten, dann iſt wieder ſächſiſcher Poſttag; damit dei-
ner, zum allerwenigſten, zugleich mit ſeinem kommt, oder gar
früher: und damit Goethe ihm nicht in der Geſchwindigkeit,
eh deiner kommt, ein Nein ſchreibt. Wie auf deine Ehrlich-
keit, verlaſſe ich mich darauf, daß du, wenn du nicht ſterbend
biſt, gleich und ſo ſchreibſt, wie du kannſt: eindringend,
daß, bis er’s thut! Wie wird’s ihm die Kaiſerin, ſeine Freun-
din, danken! Ganz Deutſchland beglückt er; es flammt von
neuem auf! Soll ich dir noch hinzufügen, daß Liebich der
einfachſte, braveſte, gütigſte, wohlthätigſte Menſch iſt?
und in manchen Fächern ſeiner Kunſt unübertrefflich: voller
guten Willen, und ohne Vorurtheil? Dir dieſen Mann dank-
bar zu machen, muß dich auch freuen! Wenn es Goethe an-
nimmt, und es iſt ſo weit, daß es Goethe erlaubt, will Lie-
bich ein gedrucktes Zirkular an alle Bühnen ergehen laſſen.
Grotta, du mußt! Adieu, Liebe! Schreibe; und antworte
mir. Empfiehl mich deinem Gemahl!
R. R.
Anmerk. Goethe empfing die beiden Briefe. Er ſchrieb an Liebich
dieſe Antwort:
Weimar, den 10. Juli 1814.
Für den an mich ergangenen ſehr ehrenvollen Antrag hab’ ich alle
Urſache, meinen lebhafteſten Dank abzuſtatten, wobei mir ſehr angenehm
iſt, daß ich Ihren Wünſchen, wo nicht unmittelbar, doch mittelbar ent-
gegen zu kommen im Stande bin.
Es hat nämlich vor einigen Monaten die angeſehene Generaldirektion
des Berliner Theaters von mir ein Feſtſpiel verlangt, zur Feier der An-
kunft ihres Königs und ſeiner höchſten Gäſte. Ich habe dieſe Gelegenheit
benutzt, um alles zur Sprache und Darſtellung zu bringen, was in den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/236>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.