kenne; d. h. das was man von ihr zu erwarten hat. Ich bin ganz zufrieden. Wie geht es Ihnen und Ferdinand? bongue bongue? Ich küsse den Bengel. Babette, sein Sie fleißig, die Jugend kommt nicht zweimal. Was ziehen Sie heute an? Ernestinchen, grüßen Sie alle Markus'ens, dies auch für sie. Moritz ist sehr vergnügt. Varnhagen hat den Katarrh und grüßt ungeheuer: und hat eine sehr liebe Frau, die heißt Rahel, und ist ihm treu. Ein komisches Stück vor- trefflich gespielt haben wir unter gräßlichem Lachen gesehen.
Ihre R.
An Karoline von Woltmann, in Prag.
Wien, den 29. November 1814.
Ich habe Varnhagens Kupferstich, seinen Brief nämlich, verschampfiren wollen, mit meinen Ruthen verderben wollen, aber der Stich war zu schön. Gott grüß Sie schön, rufe ich Ihnen zu! Aber ich möchte gerne wissen, ob nach "vor dem Ojeser-Thor", oder nach dem dickhäusrigen edlen großartigen Prag. Nämlich, Wien ist nicht hübsch, soll das heißen. Eine engstraßige Festungsstadt, die so wenig zur Residenz oder Ka- pitale geschaffen ist, wie ich wollte ich sagen, wie Leipzig brauche ich nur zu sagen, denn mit Leipzig hat es die spre- chendste Ähnlichkeit bis auf die Nasen, welche die Erker sind, die Wien fehlen. Die vielen Laden -- ausgeputzt wie die schön- sten Pariser -- fehlen nicht; warum aber die Fiaker dort ganz und gar fehlen, weiß ich nun: sie sind alle hier: und das zum
kenne; d. h. das was man von ihr zu erwarten hat. Ich bin ganz zufrieden. Wie geht es Ihnen und Ferdinand? bongue bongue? Ich küſſe den Bengel. Babette, ſein Sie fleißig, die Jugend kommt nicht zweimal. Was ziehen Sie heute an? Erneſtinchen, grüßen Sie alle Markus’ens, dies auch für ſie. Moritz iſt ſehr vergnügt. Varnhagen hat den Katarrh und grüßt ungeheuer: und hat eine ſehr liebe Frau, die heißt Rahel, und iſt ihm treu. Ein komiſches Stück vor- trefflich geſpielt haben wir unter gräßlichem Lachen geſehen.
Ihre R.
An Karoline von Woltmann, in Prag.
Wien, den 29. November 1814.
Ich habe Varnhagens Kupferſtich, ſeinen Brief nämlich, verſchampfiren wollen, mit meinen Ruthen verderben wollen, aber der Stich war zu ſchön. Gott grüß Sie ſchön, rufe ich Ihnen zu! Aber ich möchte gerne wiſſen, ob nach „vor dem Ojeſer-Thor“, oder nach dem dickhäuſrigen edlen großartigen Prag. Nämlich, Wien iſt nicht hübſch, ſoll das heißen. Eine engſtraßige Feſtungsſtadt, die ſo wenig zur Reſidenz oder Ka- pitale geſchaffen iſt, wie ich wollte ich ſagen, wie Leipzig brauche ich nur zu ſagen, denn mit Leipzig hat es die ſpre- chendſte Ähnlichkeit bis auf die Naſen, welche die Erker ſind, die Wien fehlen. Die vielen Laden — ausgeputzt wie die ſchön- ſten Pariſer — fehlen nicht; warum aber die Fiaker dort ganz und gar fehlen, weiß ich nun: ſie ſind alle hier: und das zum
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0254"n="246"/>
kenne; d. h. das was man von ihr zu erwarten hat. Ich<lb/>
bin ganz zufrieden. Wie geht es Ihnen und Ferdinand?<lb/><hirendition="#aq">bongue bongue?</hi> Ich küſſe den Bengel. Babette, ſein Sie<lb/>
fleißig, die Jugend kommt nicht zweimal. Was ziehen Sie<lb/>
heute an? Erneſtinchen, grüßen Sie <hirendition="#g">alle</hi> Markus’ens, dies<lb/>
auch für ſie. Moritz iſt ſehr vergnügt. Varnhagen hat den<lb/>
Katarrh und grüßt ungeheuer: und hat eine ſehr liebe Frau,<lb/>
die heißt Rahel, und iſt ihm treu. Ein komiſches Stück vor-<lb/>
trefflich geſpielt haben wir unter gräßlichem Lachen geſehen.</p><lb/><closer><salute><hirendition="#et">Ihre R.</hi></salute></closer></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>An Karoline von Woltmann, in Prag.</head><lb/><dateline><hirendition="#et">Wien, den 29. November 1814.</hi></dateline><lb/><p>Ich habe Varnhagens Kupferſtich, ſeinen Brief nämlich,<lb/>
verſchampfiren wollen, mit meinen Ruthen verderben wollen,<lb/>
aber der Stich war zu ſchön. Gott grüß Sie ſchön, rufe ich<lb/>
Ihnen zu! Aber ich möchte gerne wiſſen, ob nach „vor dem<lb/>
Ojeſer-Thor“, oder nach dem dickhäuſrigen edlen großartigen<lb/>
Prag. Nämlich, Wien iſt <hirendition="#g">nicht</hi> hübſch, ſoll das heißen. Eine<lb/>
engſtraßige Feſtungsſtadt, die ſo wenig zur Reſidenz oder Ka-<lb/>
pitale geſchaffen iſt, wie ich wollte ich ſagen, wie Leipzig<lb/>
brauche ich nur zu ſagen, denn mit Leipzig hat es die ſpre-<lb/>
chendſte Ähnlichkeit bis auf die Naſen, welche die Erker ſind,<lb/>
die Wien fehlen. Die vielen Laden — ausgeputzt wie die ſchön-<lb/>ſten Pariſer — fehlen nicht; warum aber die Fiaker dort ganz<lb/>
und gar fehlen, weiß ich nun: ſie ſind alle hier: und das zum<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[246/0254]
kenne; d. h. das was man von ihr zu erwarten hat. Ich
bin ganz zufrieden. Wie geht es Ihnen und Ferdinand?
bongue bongue? Ich küſſe den Bengel. Babette, ſein Sie
fleißig, die Jugend kommt nicht zweimal. Was ziehen Sie
heute an? Erneſtinchen, grüßen Sie alle Markus’ens, dies
auch für ſie. Moritz iſt ſehr vergnügt. Varnhagen hat den
Katarrh und grüßt ungeheuer: und hat eine ſehr liebe Frau,
die heißt Rahel, und iſt ihm treu. Ein komiſches Stück vor-
trefflich geſpielt haben wir unter gräßlichem Lachen geſehen.
Ihre R.
An Karoline von Woltmann, in Prag.
Wien, den 29. November 1814.
Ich habe Varnhagens Kupferſtich, ſeinen Brief nämlich,
verſchampfiren wollen, mit meinen Ruthen verderben wollen,
aber der Stich war zu ſchön. Gott grüß Sie ſchön, rufe ich
Ihnen zu! Aber ich möchte gerne wiſſen, ob nach „vor dem
Ojeſer-Thor“, oder nach dem dickhäuſrigen edlen großartigen
Prag. Nämlich, Wien iſt nicht hübſch, ſoll das heißen. Eine
engſtraßige Feſtungsſtadt, die ſo wenig zur Reſidenz oder Ka-
pitale geſchaffen iſt, wie ich wollte ich ſagen, wie Leipzig
brauche ich nur zu ſagen, denn mit Leipzig hat es die ſpre-
chendſte Ähnlichkeit bis auf die Naſen, welche die Erker ſind,
die Wien fehlen. Die vielen Laden — ausgeputzt wie die ſchön-
ſten Pariſer — fehlen nicht; warum aber die Fiaker dort ganz
und gar fehlen, weiß ich nun: ſie ſind alle hier: und das zum
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/254>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.