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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

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binationen, die ihm da erlaubt sind; diese Enge grade der
Witz, wo er als Feder, die heraus will, thätig gemacht ist.
Und wie hohl und nichts in sich begreifend ist dieser Vergleich
wieder: wie fällt die todte Feder als kalter unbekannter zur
unverständlichen Ruhe gefallener Stahl hin! -- nimmt man
sie da hinaus. Was hat der Mensch für schöne reiche Ein-
fälle, die als Wunder in seine Seele fallen, und in andern
Seelen auch leben, weiter leben, und beleben. Was vermag
man alles zu denken: was fällt einem alles nicht ein! Da-
rum fürcht' ich mich auch vor einem Uhrwerk, und seinem Zif-
ferblatt.

Es wurde mir doch ein bischen zu kühl, und da ging ich
wieder vor, um zu lesen, da lief mir gleich Katti nach, mit
allen ihren Mucken, Karessen, Prätensionen und Geplaudere.
Sie sagte unter andern: Nun ist die Frau allein!! nun
kann ßie nit spüllen! Dann kam Dore, und rief ihr zu:
der Herr ist hinten; sie möchte hinter gehen. Sie glaubte es
nicht: und sagte auch nein: aber sie war doch ganz verwirrt
von freudigem Schreck; und schrie und lief zaudrend, und
sagte trotzig, und hoffend, sie wolle Joohann fragen, der würde
es ihr schon sagen. Ich war hinten doch ganz ruhig! du
fährst ja unter günstigen Umständen; und seit ich gehört habe,
ihr habt Kirschen, Orangen, Punsch, Wein, alles bei euch, in
dem ganzen Wagen, bin ich ganz ruhig. Auch geht eine fri-
sche kühlende Luft, und gegen die Sonne bist du geschützt.
Die Nacht war etwas dunkel. Du bist ja aber so viel schon
gereist, und hast zwei Kriege überstanden, und Gefahr ist al-
lerwärts, und allemal, also sind das nur Redensarten der Ge-

II. 19

binationen, die ihm da erlaubt ſind; dieſe Enge grade der
Witz, wo er als Feder, die heraus will, thätig gemacht iſt.
Und wie hohl und nichts in ſich begreifend iſt dieſer Vergleich
wieder: wie fällt die todte Feder als kalter unbekannter zur
unverſtändlichen Ruhe gefallener Stahl hin! — nimmt man
ſie da hinaus. Was hat der Menſch für ſchöne reiche Ein-
fälle, die als Wunder in ſeine Seele fallen, und in andern
Seelen auch leben, weiter leben, und beleben. Was vermag
man alles zu denken: was fällt einem alles nicht ein! Da-
rum fürcht’ ich mich auch vor einem Uhrwerk, und ſeinem Zif-
ferblatt.

Es wurde mir doch ein bischen zu kühl, und da ging ich
wieder vor, um zu leſen, da lief mir gleich Katti nach, mit
allen ihren Mucken, Kareſſen, Prätenſionen und Geplaudere.
Sie ſagte unter andern: Nun iſt die Frau allein!! nun
kann ßie nit ſpüllen! Dann kam Dore, und rief ihr zu:
der Herr iſt hinten; ſie möchte hinter gehen. Sie glaubte es
nicht: und ſagte auch nein: aber ſie war doch ganz verwirrt
von freudigem Schreck; und ſchrie und lief zaudrend, und
ſagte trotzig, und hoffend, ſie wolle Joohann fragen, der würde
es ihr ſchon ſagen. Ich war hinten doch ganz ruhig! du
fährſt ja unter günſtigen Umſtänden; und ſeit ich gehört habe,
ihr habt Kirſchen, Orangen, Punſch, Wein, alles bei euch, in
dem ganzen Wagen, bin ich ganz ruhig. Auch geht eine fri-
ſche kühlende Luft, und gegen die Sonne biſt du geſchützt.
Die Nacht war etwas dunkel. Du biſt ja aber ſo viel ſchon
gereiſt, und haſt zwei Kriege überſtanden, und Gefahr iſt al-
lerwärts, und allemal, alſo ſind das nur Redensarten der Ge-

II. 19
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[289/0297] binationen, die ihm da erlaubt ſind; dieſe Enge grade der Witz, wo er als Feder, die heraus will, thätig gemacht iſt. Und wie hohl und nichts in ſich begreifend iſt dieſer Vergleich wieder: wie fällt die todte Feder als kalter unbekannter zur unverſtändlichen Ruhe gefallener Stahl hin! — nimmt man ſie da hinaus. Was hat der Menſch für ſchöne reiche Ein- fälle, die als Wunder in ſeine Seele fallen, und in andern Seelen auch leben, weiter leben, und beleben. Was vermag man alles zu denken: was fällt einem alles nicht ein! Da- rum fürcht’ ich mich auch vor einem Uhrwerk, und ſeinem Zif- ferblatt. Es wurde mir doch ein bischen zu kühl, und da ging ich wieder vor, um zu leſen, da lief mir gleich Katti nach, mit allen ihren Mucken, Kareſſen, Prätenſionen und Geplaudere. Sie ſagte unter andern: Nun iſt die Frau allein!! nun kann ßie nit ſpüllen! Dann kam Dore, und rief ihr zu: der Herr iſt hinten; ſie möchte hinter gehen. Sie glaubte es nicht: und ſagte auch nein: aber ſie war doch ganz verwirrt von freudigem Schreck; und ſchrie und lief zaudrend, und ſagte trotzig, und hoffend, ſie wolle Joohann fragen, der würde es ihr ſchon ſagen. Ich war hinten doch ganz ruhig! du fährſt ja unter günſtigen Umſtänden; und ſeit ich gehört habe, ihr habt Kirſchen, Orangen, Punſch, Wein, alles bei euch, in dem ganzen Wagen, bin ich ganz ruhig. Auch geht eine fri- ſche kühlende Luft, und gegen die Sonne biſt du geſchützt. Die Nacht war etwas dunkel. Du biſt ja aber ſo viel ſchon gereiſt, und haſt zwei Kriege überſtanden, und Gefahr iſt al- lerwärts, und allemal, alſo ſind das nur Redensarten der Ge- II. 19

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/297>, abgerufen am 21.11.2024.