Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

den General Tettenborn; es kann dort hübsch werden; ich hoffe
es. Sie sollen von dort hören.

Adieu! Adieu! R.


An -- --

-- Varnh. ist wie Sie ihn kennen: die Liebe selbst, und
schon mit mir allein zufrieden: und sehr anders als ich. Das
wissen Sie. Den Himmel möchte er mir langen. Ich brauche
nur zu sprechen, ich brauchte nur zu sprechen. Je mehr das
aber so ist, je mehr will ich auch ihm Gutes angedeihen lassen;
und so ist das Leben; es will nicht alles passen, drum müßte
alles frei sein. Wie Vögel; Luft, und Futter; Einen Tod-
schuß, wenn es sein muß; aber keinen Titel, keine Pflicht,
keinen Namen, kein Amt, keine Delikatesse. Varnh. will, daß
ich reise, und mache was ich nur immer mag und will. Doch
hat es noch Zeit vor der Hand; viele aber doch nicht, da sie
flieht und alles sich zögert. Nach Heidelberg will ich aber
in jedem Fall ein wenig hin; dreimal war ich von Mann-
heim aus dort; den Ort kennen Sie, tiefsinnig, heiter, sicher
belebt
, und einsam, was ich wünsche: aber welche Bilder
sind dort jetzt zu sehen!!! Sie wissen, ich plaudre nieman-
den
nach, also nicht, weil sie jetzt berühmt sind; wie wird
einem dabei zu Muthe, wenn man diese siehet! Wie in
ganz alten Zeiten, ehe es Städte, Laden, und Thee's gab:
wie in der Bibel Zeiten; welcher allerliebster Mann muß die-
ser
Mahler gewesen sein! Eins ist da, wo die Israeliten
das Manna auflesen. Nein! das muß man sehen. Diesen
dustrigen Morgen; diese Anzüge; wie allein die stehen und

den General Tettenborn; es kann dort hübſch werden; ich hoffe
es. Sie ſollen von dort hören.

Adieu! Adieu! R.


An — —

— Varnh. iſt wie Sie ihn kennen: die Liebe ſelbſt, und
ſchon mit mir allein zufrieden: und ſehr anders als ich. Das
wiſſen Sie. Den Himmel möchte er mir langen. Ich brauche
nur zu ſprechen, ich brauchte nur zu ſprechen. Je mehr das
aber ſo iſt, je mehr will ich auch ihm Gutes angedeihen laſſen;
und ſo iſt das Leben; es will nicht alles paſſen, drum müßte
alles frei ſein. Wie Vögel; Luft, und Futter; Einen Tod-
ſchuß, wenn es ſein muß; aber keinen Titel, keine Pflicht,
keinen Namen, kein Amt, keine Delikateſſe. Varnh. will, daß
ich reiſe, und mache was ich nur immer mag und will. Doch
hat es noch Zeit vor der Hand; viele aber doch nicht, da ſie
flieht und alles ſich zögert. Nach Heidelberg will ich aber
in jedem Fall ein wenig hin; dreimal war ich von Mann-
heim aus dort; den Ort kennen Sie, tiefſinnig, heiter, ſicher
belebt
, und einſam, was ich wünſche: aber welche Bilder
ſind dort jetzt zu ſehen!!! Sie wiſſen, ich plaudre nieman-
den
nach, alſo nicht, weil ſie jetzt berühmt ſind; wie wird
einem dabei zu Muthe, wenn man dieſe ſiehet! Wie in
ganz alten Zeiten, ehe es Städte, Laden, und Thee’s gab:
wie in der Bibel Zeiten; welcher allerliebſter Mann muß die-
ſer
Mahler geweſen ſein! Eins iſt da, wo die Israeliten
das Manna aufleſen. Nein! das muß man ſehen. Dieſen
duſtrigen Morgen; dieſe Anzüge; wie allein die ſtehen und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0396" n="388"/>
den General Tettenborn; es kann dort hüb&#x017F;ch werden; ich hoffe<lb/>
es. Sie &#x017F;ollen von dort hören.</p>
          <closer>
            <salute>Adieu! Adieu! <hi rendition="#et">R.</hi></salute>
          </closer>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>An &#x2014; &#x2014;</head><lb/>
          <div n="3">
            <dateline> <hi rendition="#et">Frankfurt a. M., den 21. April 1816.</hi> </dateline><lb/>
            <p>&#x2014; Varnh. i&#x017F;t wie Sie ihn kennen: die Liebe &#x017F;elb&#x017F;t, und<lb/>
&#x017F;chon mit mir allein zufrieden: und &#x017F;ehr anders als ich. Das<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en Sie. Den Himmel möchte er mir langen. Ich brauche<lb/>
nur zu &#x017F;prechen, ich brauchte nur zu &#x017F;prechen. Je mehr das<lb/>
aber &#x017F;o i&#x017F;t, je mehr will ich auch ihm Gutes angedeihen la&#x017F;&#x017F;en;<lb/>
und &#x017F;o i&#x017F;t das Leben; es will nicht alles pa&#x017F;&#x017F;en, drum müßte<lb/><hi rendition="#g">alles</hi> frei &#x017F;ein. Wie Vögel; Luft, und Futter; Einen Tod-<lb/>
&#x017F;chuß, wenn es &#x017F;ein muß; aber keinen Titel, keine Pflicht,<lb/>
keinen Namen, kein Amt, keine Delikate&#x017F;&#x017F;e. Varnh. will, daß<lb/>
ich rei&#x017F;e, und mache <hi rendition="#g">was</hi> ich nur immer mag und will. Doch<lb/>
hat es noch Zeit vor der Hand; viele aber doch nicht, da &#x017F;ie<lb/><hi rendition="#g">flieht</hi> und alles &#x017F;ich zögert. Nach Heidelberg will ich aber<lb/>
in jedem Fall ein wenig hin; <hi rendition="#g">dreim</hi>al war ich von Mann-<lb/>
heim aus dort; den <hi rendition="#g">Ort</hi> kennen Sie, tief&#x017F;innig, heiter, <hi rendition="#g">&#x017F;icher<lb/>
belebt</hi>, und ein&#x017F;am, was <hi rendition="#g">ich</hi> wün&#x017F;che: aber <hi rendition="#g">welche</hi> Bilder<lb/>
&#x017F;ind dort jetzt zu &#x017F;ehen!!! Sie wi&#x017F;&#x017F;en, <hi rendition="#g">ich</hi> plaudre <hi rendition="#g">nieman-<lb/>
den</hi> nach, al&#x017F;o nicht, weil &#x017F;ie jetzt berühmt &#x017F;ind; wie wird<lb/>
einem <hi rendition="#g">dab</hi>ei zu Muthe, wenn man <hi rendition="#g">die&#x017F;e</hi> &#x017F;iehet! Wie in<lb/>
ganz alten Zeiten, ehe es Städte, Laden, und Thee&#x2019;s gab:<lb/>
wie in der Bibel Zeiten; welcher allerlieb&#x017F;ter Mann muß <hi rendition="#g">die-<lb/>
&#x017F;er</hi> Mahler gewe&#x017F;en &#x017F;ein! Eins i&#x017F;t da, wo die Israeliten<lb/>
das Manna aufle&#x017F;en. Nein! das muß man <hi rendition="#g">&#x017F;ehen</hi>. Die&#x017F;en<lb/>
du&#x017F;trigen Morgen; die&#x017F;e Anzüge; wie <hi rendition="#g">allein</hi> die &#x017F;tehen und<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[388/0396] den General Tettenborn; es kann dort hübſch werden; ich hoffe es. Sie ſollen von dort hören. Adieu! Adieu! R. An — — Frankfurt a. M., den 21. April 1816. — Varnh. iſt wie Sie ihn kennen: die Liebe ſelbſt, und ſchon mit mir allein zufrieden: und ſehr anders als ich. Das wiſſen Sie. Den Himmel möchte er mir langen. Ich brauche nur zu ſprechen, ich brauchte nur zu ſprechen. Je mehr das aber ſo iſt, je mehr will ich auch ihm Gutes angedeihen laſſen; und ſo iſt das Leben; es will nicht alles paſſen, drum müßte alles frei ſein. Wie Vögel; Luft, und Futter; Einen Tod- ſchuß, wenn es ſein muß; aber keinen Titel, keine Pflicht, keinen Namen, kein Amt, keine Delikateſſe. Varnh. will, daß ich reiſe, und mache was ich nur immer mag und will. Doch hat es noch Zeit vor der Hand; viele aber doch nicht, da ſie flieht und alles ſich zögert. Nach Heidelberg will ich aber in jedem Fall ein wenig hin; dreimal war ich von Mann- heim aus dort; den Ort kennen Sie, tiefſinnig, heiter, ſicher belebt, und einſam, was ich wünſche: aber welche Bilder ſind dort jetzt zu ſehen!!! Sie wiſſen, ich plaudre nieman- den nach, alſo nicht, weil ſie jetzt berühmt ſind; wie wird einem dabei zu Muthe, wenn man dieſe ſiehet! Wie in ganz alten Zeiten, ehe es Städte, Laden, und Thee’s gab: wie in der Bibel Zeiten; welcher allerliebſter Mann muß die- ſer Mahler geweſen ſein! Eins iſt da, wo die Israeliten das Manna aufleſen. Nein! das muß man ſehen. Dieſen duſtrigen Morgen; dieſe Anzüge; wie allein die ſtehen und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/396
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/396>, abgerufen am 27.11.2024.