Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

ein reines Glück, als der Besuch bei meiner Schwester, sein
soll. Bis zum 27. oder 28. bleib' ich nun noch hier; und
muß vielleicht mit Dore allein nach Hause reisen.

Sie sind in Fervaques! Ich schreibe auch heute nur aus
Gewissen, damit Sie erfahren, wo ich bin, und warum ich
schweigen mußte. Expliquez tout cela a madame de Custine:
elle comprendra tout. La vie est reellement une pure inon-
dation de circonstances qui nous submergent, et nous ne fai-
sons que de miserables projets en nous debattant contre les
ondes. Jamais un plan ne se realise; et si nous atteignons
un but, c'est que les ondes nous y portent, dix ans apres que
nous l'avons eu en vue: et alors on dit que nous sommes in-
constans, que nous avons change.
Grüßen Sie Ihre Mutter
mit den zärtlichsten Grüßen von mir. Antworten Sie gleich:
dann trifft mich Ihr Brief noch. Montagne de la cour. chez
M. Robert, tapissier. No. 1111.;
bin ich nicht mehr hier, so
schickt mir der Tapezier, mein sehr ordentlicher Wirth, den
Brief nach Karlsruhe nach. Was Sie mir von der Lebens-
ansicht Ihrer Mutter sagten, leuchtet auch mir sehr ein: Sie
sehen sie richtig: und ich fühle mit ihr. Leben Sie wohl, lie-
ber Freund, und verzeihen Sie mir diesen dürren Brief, und
wenn Sie können, glauben Sie mir, daß er ein großes
Freundschaftsstück ist. Brüssel est une ville superbe! la
plus belle pour s'y promener: ma passion, comme vous savez.
Varnh. est dans ce moment chez le roi: j'ai pris ce mo-
ment pour ecrire: il se rappelle a votre
freundlichem Anden-
ken. Ich grüße herzlich Bärstecher: et Mlle. Jenny. Dore
baise les mains a madame la comtesse! et croit etre en France,

ein reines Glück, als der Beſuch bei meiner Schweſter, ſein
ſoll. Bis zum 27. oder 28. bleib’ ich nun noch hier; und
muß vielleicht mit Dore allein nach Hauſe reiſen.

Sie ſind in Fervaques! Ich ſchreibe auch heute nur aus
Gewiſſen, damit Sie erfahren, wo ich bin, und warum ich
ſchweigen mußte. Expliquez tout cela à madame de Custine:
elle comprendra tout. La vie est réellement une pure inon-
dation de circonstances qui nous submergent, et nous ne fai-
sons que de misérables projets en nous débattant contre les
ondes. Jamais un plan ne se réalise; et si nous atteignons
un but, c’est que les ondes nous y portent, dix ans après que
nous l’avons eu en vue: et alors on dit que nous sommes in-
constans, que nous avons changé.
Grüßen Sie Ihre Mutter
mit den zärtlichſten Grüßen von mir. Antworten Sie gleich:
dann trifft mich Ihr Brief noch. Montagne de la cour. chez
M. Robert, tapissier. No. 1111.;
bin ich nicht mehr hier, ſo
ſchickt mir der Tapezier, mein ſehr ordentlicher Wirth, den
Brief nach Karlsruhe nach. Was Sie mir von der Lebens-
anſicht Ihrer Mutter ſagten, leuchtet auch mir ſehr ein: Sie
ſehen ſie richtig: und ich fühle mit ihr. Leben Sie wohl, lie-
ber Freund, und verzeihen Sie mir dieſen dürren Brief, und
wenn Sie können, glauben Sie mir, daß er ein großes
Freundſchaftsſtück iſt. Brüſſel est une ville superbe! la
plus belle pour s’y promener: ma passion, comme vous savez.
Varnh. est dans ce moment chez le roi: j’ai pris ce mo-
ment pour écrire: il se rappelle à votre
freundlichem Anden-
ken. Ich grüße herzlich Bärſtecher: et Mlle. Jenny. Dore
baise les mains à madame la comtesse! et croit ètre en France,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0484" n="476"/>
ein reines Glück, als der Be&#x017F;uch bei meiner Schwe&#x017F;ter, &#x017F;ein<lb/>
&#x017F;oll. Bis zum 27. oder 28. bleib&#x2019; ich nun noch hier; und<lb/>
muß vielleicht mit Dore allein nach Hau&#x017F;e rei&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Sie &#x017F;ind in Fervaques! Ich &#x017F;chreibe auch heute nur aus<lb/>
Gewi&#x017F;&#x017F;en, damit Sie erfahren, wo ich bin, und warum ich<lb/>
&#x017F;chweigen mußte. <hi rendition="#aq">Expliquez tout cela à madame de Custine:<lb/>
elle comprendra tout. La vie est réellement une pure inon-<lb/>
dation de circonstances qui nous submergent, et nous ne fai-<lb/>
sons que de misérables projets en nous débattant contre les<lb/>
ondes. Jamais un plan ne se réalise; et si nous atteignons<lb/>
un but, c&#x2019;est que les ondes nous y portent, dix ans après que<lb/>
nous l&#x2019;avons eu en vue: et alors on dit que nous sommes in-<lb/>
constans, que nous avons changé.</hi> Grüßen Sie Ihre Mutter<lb/>
mit den zärtlich&#x017F;ten Grüßen von mir. Antworten Sie gleich:<lb/>
dann trifft mich Ihr Brief noch. <hi rendition="#aq">Montagne de la cour. chez<lb/>
M. Robert, tapissier. No. 1111.;</hi> bin ich nicht mehr hier, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;chickt mir der Tapezier, mein &#x017F;ehr ordentlicher Wirth, den<lb/>
Brief nach Karlsruhe nach. Was Sie mir von der Lebens-<lb/>
an&#x017F;icht Ihrer Mutter &#x017F;agten, leuchtet auch mir &#x017F;ehr ein: Sie<lb/>
&#x017F;ehen &#x017F;ie richtig: und ich fühle <hi rendition="#g">mit</hi> ihr. Leben Sie wohl, lie-<lb/>
ber Freund, und verzeihen Sie mir die&#x017F;en dürren Brief, und<lb/>
wenn Sie <hi rendition="#g">können</hi>, glauben Sie mir, daß er ein großes<lb/>
Freund&#x017F;chafts&#x017F;tück i&#x017F;t. Brü&#x017F;&#x017F;el <hi rendition="#aq">est une ville <hi rendition="#g">superbe</hi>! la<lb/>
plus belle pour s&#x2019;y promener: ma passion, comme vous savez.<lb/>
Varnh. est dans ce moment chez le roi: j&#x2019;ai pris ce mo-<lb/>
ment pour écrire: il se rappelle à votre</hi> freundlichem Anden-<lb/>
ken. Ich grüße herzlich Bär&#x017F;techer: <hi rendition="#aq">et Mlle. Jenny. Dore<lb/>
baise les mains à madame la comtesse! et croit ètre en France,<lb/></hi></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[476/0484] ein reines Glück, als der Beſuch bei meiner Schweſter, ſein ſoll. Bis zum 27. oder 28. bleib’ ich nun noch hier; und muß vielleicht mit Dore allein nach Hauſe reiſen. Sie ſind in Fervaques! Ich ſchreibe auch heute nur aus Gewiſſen, damit Sie erfahren, wo ich bin, und warum ich ſchweigen mußte. Expliquez tout cela à madame de Custine: elle comprendra tout. La vie est réellement une pure inon- dation de circonstances qui nous submergent, et nous ne fai- sons que de misérables projets en nous débattant contre les ondes. Jamais un plan ne se réalise; et si nous atteignons un but, c’est que les ondes nous y portent, dix ans après que nous l’avons eu en vue: et alors on dit que nous sommes in- constans, que nous avons changé. Grüßen Sie Ihre Mutter mit den zärtlichſten Grüßen von mir. Antworten Sie gleich: dann trifft mich Ihr Brief noch. Montagne de la cour. chez M. Robert, tapissier. No. 1111.; bin ich nicht mehr hier, ſo ſchickt mir der Tapezier, mein ſehr ordentlicher Wirth, den Brief nach Karlsruhe nach. Was Sie mir von der Lebens- anſicht Ihrer Mutter ſagten, leuchtet auch mir ſehr ein: Sie ſehen ſie richtig: und ich fühle mit ihr. Leben Sie wohl, lie- ber Freund, und verzeihen Sie mir dieſen dürren Brief, und wenn Sie können, glauben Sie mir, daß er ein großes Freundſchaftsſtück iſt. Brüſſel est une ville superbe! la plus belle pour s’y promener: ma passion, comme vous savez. Varnh. est dans ce moment chez le roi: j’ai pris ce mo- ment pour écrire: il se rappelle à votre freundlichem Anden- ken. Ich grüße herzlich Bärſtecher: et Mlle. Jenny. Dore baise les mains à madame la comtesse! et croit ètre en France,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/484
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/484>, abgerufen am 22.11.2024.