de Baden nennt. Ich werde auch eine Oberhofmeisterin. Tra- lalala! Nun umarme ich dich innig und mit voller Seele, und seh dich an! Schreibe noch ein paar Besorgungen, und geh spaziren. Du gönnst es mir. Ich denk' an dich!
Deine R.
Bessere Tinte hab' ich nicht. Du grüßest Alle, Alle. Ich grüße dich, Ohme, und alle Unsern zehntausendmal! Heil zum Achtzehnten!! --
An Varnhagen, in Berlin.
Frankfurt a. M., den berühmten 18ten 1817.
Diesen Brief, mein geliebter August, schreib' ich ganz auf gerathewohl; da er fünf Tage gehen muß, und du dann viel- leicht schon hierher reisest. -- Heute hab' ich ein ganz beson- ders Bedürfniß nach dir. Heute strömen unendliche Gedanken und Empfindungen durch meine Seele, wie das geputzte fest- liche Volk der ganzen Stadt, und auch der Umgegend, vor meinen Fenstern das Gallenthor hinaus den Stadttruppen vor, und nach! Es waren musikalische Massen, kurz alles! Wie wird es erst bei uns sein; das Herz aller Selbstermuthi- gung, aller Demüthigung, Verstutztheit, Langmuth, und Lang- Grimms; fester, schneller, und erfolgreichen Ermannung; der Triebpunkt schneller Auffassungen, und auch schnellen Wechsels der Meinungen, Gedanken und Ansichten! Wo bist du heute in der von Festen bewegten Berlinstadt? Ich bin erschüttert, etwas ängstlich; wie zuletzt bei allen großen Gemüthsbewe-
II. 31
de Baden nennt. Ich werde auch eine Oberhofmeiſterin. Tra- lalala! Nun umarme ich dich innig und mit voller Seele, und ſeh dich an! Schreibe noch ein paar Beſorgungen, und geh ſpaziren. Du gönnſt es mir. Ich denk’ an dich!
Deine R.
Beſſere Tinte hab’ ich nicht. Du grüßeſt Alle, Alle. Ich grüße dich, Ohme, und alle Unſern zehntauſendmal! Heil zum Achtzehnten!! —
An Varnhagen, in Berlin.
Frankfurt a. M., den berühmten 18ten 1817.
Dieſen Brief, mein geliebter Auguſt, ſchreib’ ich ganz auf gerathewohl; da er fünf Tage gehen muß, und du dann viel- leicht ſchon hierher reiſeſt. — Heute hab’ ich ein ganz beſon- ders Bedürfniß nach dir. Heute ſtrömen unendliche Gedanken und Empfindungen durch meine Seele, wie das geputzte feſt- liche Volk der ganzen Stadt, und auch der Umgegend, vor meinen Fenſtern das Gallenthor hinaus den Stadttruppen vor, und nach! Es waren muſikaliſche Maſſen, kurz alles! Wie wird es erſt bei uns ſein; das Herz aller Selbſtermuthi- gung, aller Demüthigung, Verſtutztheit, Langmuth, und Lang- Grimms; feſter, ſchneller, und erfolgreichen Ermannung; der Triebpunkt ſchneller Auffaſſungen, und auch ſchnellen Wechſels der Meinungen, Gedanken und Anſichten! Wo biſt du heute in der von Feſten bewegten Berlinſtadt? Ich bin erſchüttert, etwas ängſtlich; wie zuletzt bei allen großen Gemüthsbewe-
II. 31
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0489"n="481"/><hirendition="#aq">de Baden</hi> nennt. Ich werde <hirendition="#g">auch</hi> eine Oberhofmeiſterin. Tra-<lb/>
lalala! Nun umarme ich dich innig und mit voller Seele,<lb/>
und ſeh dich an! Schreibe noch ein paar Beſorgungen, und<lb/>
geh ſpaziren. Du gönnſt es mir. Ich denk’ an dich!</p><lb/><closer><salute><hirendition="#et">Deine R.</hi></salute></closer><lb/><postscript><p>Beſſere Tinte <hirendition="#g">hab</hi>’ ich nicht. Du grüßeſt Alle, Alle. Ich<lb/>
grüße dich, Ohme, und alle Unſern zehntauſendmal! Heil zum<lb/><hirendition="#g">Achtzehnten</hi>!! —</p></postscript></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>An Varnhagen, in Berlin.</head><lb/><dateline><hirendition="#et">Frankfurt a. M., den berühmten 18ten 1817.</hi></dateline><lb/><p>Dieſen Brief, mein geliebter Auguſt, ſchreib’ ich ganz auf<lb/>
gerathewohl; da er fünf Tage gehen muß, und du dann viel-<lb/>
leicht ſchon hierher reiſeſt. — Heute hab’ ich ein ganz beſon-<lb/>
ders Bedürfniß nach dir. Heute ſtrömen unendliche Gedanken<lb/>
und Empfindungen durch meine Seele, wie das geputzte feſt-<lb/>
liche Volk der ganzen Stadt, und auch der Umgegend, vor<lb/>
meinen Fenſtern das Gallenthor hinaus den Stadttruppen<lb/>
vor, und nach! Es waren muſikaliſche Maſſen, kurz alles!<lb/>
Wie wird es erſt bei uns ſein; das Herz aller Selbſtermuthi-<lb/>
gung, aller Demüthigung, Verſtutztheit, Langmuth, und Lang-<lb/>
Grimms; feſter, ſchneller, und erfolgreichen Ermannung; der<lb/>
Triebpunkt ſchneller Auffaſſungen, und auch ſchnellen Wechſels<lb/>
der Meinungen, Gedanken und Anſichten! Wo biſt <hirendition="#g">du</hi> heute<lb/>
in der von Feſten bewegten Berlinſtadt? Ich bin erſchüttert,<lb/>
etwas ängſtlich; wie zuletzt bei allen großen Gemüthsbewe-<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">II.</hi> 31</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[481/0489]
de Baden nennt. Ich werde auch eine Oberhofmeiſterin. Tra-
lalala! Nun umarme ich dich innig und mit voller Seele,
und ſeh dich an! Schreibe noch ein paar Beſorgungen, und
geh ſpaziren. Du gönnſt es mir. Ich denk’ an dich!
Deine R.
Beſſere Tinte hab’ ich nicht. Du grüßeſt Alle, Alle. Ich
grüße dich, Ohme, und alle Unſern zehntauſendmal! Heil zum
Achtzehnten!! —
An Varnhagen, in Berlin.
Frankfurt a. M., den berühmten 18ten 1817.
Dieſen Brief, mein geliebter Auguſt, ſchreib’ ich ganz auf
gerathewohl; da er fünf Tage gehen muß, und du dann viel-
leicht ſchon hierher reiſeſt. — Heute hab’ ich ein ganz beſon-
ders Bedürfniß nach dir. Heute ſtrömen unendliche Gedanken
und Empfindungen durch meine Seele, wie das geputzte feſt-
liche Volk der ganzen Stadt, und auch der Umgegend, vor
meinen Fenſtern das Gallenthor hinaus den Stadttruppen
vor, und nach! Es waren muſikaliſche Maſſen, kurz alles!
Wie wird es erſt bei uns ſein; das Herz aller Selbſtermuthi-
gung, aller Demüthigung, Verſtutztheit, Langmuth, und Lang-
Grimms; feſter, ſchneller, und erfolgreichen Ermannung; der
Triebpunkt ſchneller Auffaſſungen, und auch ſchnellen Wechſels
der Meinungen, Gedanken und Anſichten! Wo biſt du heute
in der von Feſten bewegten Berlinſtadt? Ich bin erſchüttert,
etwas ängſtlich; wie zuletzt bei allen großen Gemüthsbewe-
II. 31
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/489>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.