ist's, die ein Kommen, Sehen und Siegen bedarf. Es weiche der rohe Kampf der armen Völker! Professoren seien ihre Sieger! Wir waren einen langen Abend bei Goethe, der freundlichst war, weil er wohl war. Wir sprachen ihm aus- führlichst über Cousins wissenschaftliche Anliegen an ihn: er bedauerte, ihn nicht mehr gesehen zu haben. Herr Cousin muß noch hin, so lange der lebt! Mir hat Goethe eine Feder schenken müssen, und gerne geschenkt, womit er den Morgen des 8. Juli geschrieben hatte. "Ich kann drauf schwören, daß ich noch diesen Morgen damit schrieb," waren seine Worte. Nun muß ich noch ein Halstuch von ihm haben! Übrigens fließt er wahr und wahrhaftig in mein Blut. Sonntag gehen wir nach Straßburg, Mlle. Mars spielen zu sehn. Dann ein paar Besuch- und geschäftliche Tage in Karlsruhe -- Wagen, Geräthe -- und so fort über Frankfurt und Kassel nach un- serm großen, alten, weiten, vielfältig guten Neste Berlin! wo Sie im November schönstens willkommen sein sollen. Ge- hen Sie in London zu meiner Freundin Adelheid Goldschmidt. Zeigen Sie ihr diese Zeilen, und sie wird Sie, schon eh sie Sie kennt, vortrefflich aufnehmen. Die beste, originalste, wahrhaft liebenswürdige Frau. Der Verstand, der spontanee, ist hier wie obenein. Herrliche Töchter! die ganze Familie zusammengehörig. Mad. Goldschmidt wird Ihnen sagen kön- nen, wo Mad. Domeier wohnt. Meine Jugendfreundin; viele Bekanntschaften; voller Güte; versäumen Sie sie nicht! Sie war diesen Sommer in Berlin. Millionen schöne Grüße beiden Damen. -- Kein Heil ohne Zähne! Sie werden schon noch eitel werden. -- Ihr schöner Fleiß entzückt mich. Wenn
iſt’s, die ein Kommen, Sehen und Siegen bedarf. Es weiche der rohe Kampf der armen Völker! Profeſſoren ſeien ihre Sieger! Wir waren einen langen Abend bei Goethe, der freundlichſt war, weil er wohl war. Wir ſprachen ihm aus- führlichſt über Couſins wiſſenſchaftliche Anliegen an ihn: er bedauerte, ihn nicht mehr geſehen zu haben. Herr Couſin muß noch hin, ſo lange der lebt! Mir hat Goethe eine Feder ſchenken müſſen, und gerne geſchenkt, womit er den Morgen des 8. Juli geſchrieben hatte. „Ich kann drauf ſchwören, daß ich noch dieſen Morgen damit ſchrieb,“ waren ſeine Worte. Nun muß ich noch ein Halstuch von ihm haben! Übrigens fließt er wahr und wahrhaftig in mein Blut. Sonntag gehen wir nach Straßburg, Mlle. Mars ſpielen zu ſehn. Dann ein paar Beſuch- und geſchäftliche Tage in Karlsruhe — Wagen, Geräthe — und ſo fort über Frankfurt und Kaſſel nach un- ſerm großen, alten, weiten, vielfältig guten Neſte Berlin! wo Sie im November ſchönſtens willkommen ſein ſollen. Ge- hen Sie in London zu meiner Freundin Adelheid Goldſchmidt. Zeigen Sie ihr dieſe Zeilen, und ſie wird Sie, ſchon eh ſie Sie kennt, vortrefflich aufnehmen. Die beſte, originalſte, wahrhaft liebenswürdige Frau. Der Verſtand, der ſpontanée, iſt hier wie obenein. Herrliche Töchter! die ganze Familie zuſammengehörig. Mad. Goldſchmidt wird Ihnen ſagen kön- nen, wo Mad. Domeier wohnt. Meine Jugendfreundin; viele Bekanntſchaften; voller Güte; verſäumen Sie ſie nicht! Sie war dieſen Sommer in Berlin. Millionen ſchöne Grüße beiden Damen. — Kein Heil ohne Zähne! Sie werden ſchon noch eitel werden. — Ihr ſchöner Fleiß entzückt mich. Wenn
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iſt’s, die ein Kommen, Sehen und Siegen bedarf. Es weiche
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Sieger! Wir waren einen langen Abend bei Goethe, der
freundlichſt war, weil er wohl war. Wir ſprachen ihm aus-
führlichſt über Couſins wiſſenſchaftliche Anliegen an ihn: er
bedauerte, ihn nicht mehr geſehen zu haben. Herr Couſin
muß noch hin, ſo lange der lebt! Mir hat Goethe eine Feder
ſchenken müſſen, und gerne geſchenkt, womit er den Morgen
des 8. Juli geſchrieben hatte. „Ich kann drauf ſchwören, daß
ich noch dieſen Morgen damit ſchrieb,“ waren ſeine Worte.
Nun muß ich noch ein Halstuch von ihm haben! Übrigens
fließt er wahr und wahrhaftig in mein Blut. Sonntag gehen
wir nach Straßburg, Mlle. Mars ſpielen zu ſehn. Dann ein
paar Beſuch- und geſchäftliche Tage in Karlsruhe — Wagen,
Geräthe — und ſo fort über Frankfurt und Kaſſel nach un-
ſerm großen, alten, weiten, vielfältig guten Neſte Berlin!
wo Sie im November ſchönſtens willkommen ſein ſollen. Ge-
hen Sie in London zu meiner Freundin Adelheid Goldſchmidt.
Zeigen Sie ihr dieſe Zeilen, und ſie wird Sie, ſchon eh ſie
Sie kennt, vortrefflich aufnehmen. Die beſte, originalſte,
wahrhaft liebenswürdige Frau. Der Verſtand, der ſpontanée,
iſt hier wie obenein. Herrliche Töchter! die ganze Familie
zuſammengehörig. Mad. Goldſchmidt wird Ihnen ſagen kön-
nen, wo Mad. Domeier wohnt. Meine Jugendfreundin;
viele Bekanntſchaften; voller Güte; verſäumen Sie ſie nicht!
Sie war dieſen Sommer in Berlin. Millionen ſchöne Grüße
beiden Damen. — Kein Heil ohne Zähne! Sie werden ſchon
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/221>, abgerufen am 21.11.2024.
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