liches Interesse, mein wahres Ich beiseite: nun gebrechen mir die Kräfte dazu: und die Gründe, es zu thun: der Ertrag ist keiner; und da will man endlich die ungeheure Anstrengung sparen. Freundlich kann ich noch immer sein, wenn ich in der Lage des Zuhörens bin; aber da hinein zu gehen, wird mir zu sauer. Wieder, noch Einmal, aufhören ich zu sein: und belästigt zu sein, wird mir unendlich schwer. Alles schlecht ausgedrückt.
Dienstag, den 30 September 1825.
Memoires de Madame de Genlis. Vol. VI. -- S. 344. vertheidigt sie die Autorschaft der Frauen sehr gut: und macht auch dabei die Bemerkung, wie viel Talent über- haupt in der Welt verloren geht, und nur im tiefsten Keim bleibt. -- Weiterhin fragt sie endlich: "Und die Frauen, so verschieden bei uns von denen der Wilden: sind sie wirklich das, was die Natur wollte, daß sie sein sollen?" Ja, sagt sie: "parceque les sauvages ne sont que dans un etat de de- gradation et d'anarchie", vortrefflich das Wort hier -- "Dieu qui n'a rien fait en vain, n'a pas donne a l'homme tant de facultes intellectuelles pour que ces facultes admirables res- tassent enfouies; les developper; les etendre, c'est remplir le voeu de la nature: l'homme est evidemment fait pour vivre en societe, pour avoir un culte, des lois, et pour cultiver les sciences et les arts. Chez les sauvages toutes les lois de la nature sont outragees, tous les droits usurpes au hazard, parcequ'ils y sont meconnus:" wie einfach, pro- fund, glücklich gesehen und glücklich ausgedrückt. Sage man
liches Intereſſe, mein wahres Ich beiſeite: nun gebrechen mir die Kräfte dazu: und die Gründe, es zu thun: der Ertrag iſt keiner; und da will man endlich die ungeheure Anſtrengung ſparen. Freundlich kann ich noch immer ſein, wenn ich in der Lage des Zuhörens bin; aber da hinein zu gehen, wird mir zu ſauer. Wieder, noch Einmal, aufhören ich zu ſein: und beläſtigt zu ſein, wird mir unendlich ſchwer. Alles ſchlecht ausgedrückt.
Dienstag, den 30 September 1825.
Mémoires de Madame de Genlis. Vol. VI. — S. 344. vertheidigt ſie die Autorſchaft der Frauen ſehr gut: und macht auch dabei die Bemerkung, wie viel Talent über- haupt in der Welt verloren geht, und nur im tiefſten Keim bleibt. — Weiterhin fragt ſie endlich: „Und die Frauen, ſo verſchieden bei uns von denen der Wilden: ſind ſie wirklich das, was die Natur wollte, daß ſie ſein ſollen?“ Ja, ſagt ſie: „parceque les sauvages ne sont que dans un état de dé- gradation et d’anarchie”, vortrefflich das Wort hier — „Dieu qui n’a rien fait en vain, n’a pas donné à l’homme tant de facultés intellectuelles pour que ces facultés admirables res- tassent enfouies; les développer; les étendre, c’est remplir le voeu de la nature: l’homme est évidemment fait pour vivre en société, pour avoir un culte, des lois, et pour cultiver les sciences et les arts. Chez les sauvages toutes les lois de la nature sont outragées, tous les droits usurpés au hazard, parcequ’ils y sont méconnus:” wie einfach, pro- fund, glücklich geſehen und glücklich ausgedrückt. Sage man
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liches Intereſſe, mein wahres Ich beiſeite: nun gebrechen mir
die Kräfte dazu: und die Gründe, es zu thun: der Ertrag iſt
keiner; und da will man endlich die ungeheure Anſtrengung
ſparen. Freundlich kann ich noch immer ſein, wenn ich in
der Lage des Zuhörens bin; aber da hinein zu gehen, wird
mir zu ſauer. Wieder, noch Einmal, aufhören ich zu ſein:
und beläſtigt zu ſein, wird mir unendlich ſchwer. Alles ſchlecht
ausgedrückt.
Dienstag, den 30 September 1825.
Mémoires de Madame de Genlis. Vol. VI. —
S. 344. vertheidigt ſie die Autorſchaft der Frauen ſehr gut:
und macht auch dabei die Bemerkung, wie viel Talent über-
haupt in der Welt verloren geht, und nur im tiefſten Keim
bleibt. — Weiterhin fragt ſie endlich: „Und die Frauen, ſo
verſchieden bei uns von denen der Wilden: ſind ſie wirklich
das, was die Natur wollte, daß ſie ſein ſollen?“ Ja, ſagt
ſie: „parceque les sauvages ne sont que dans un état de dé-
gradation et d’anarchie”, vortrefflich das Wort hier — „Dieu
qui n’a rien fait en vain, n’a pas donné à l’homme tant de
facultés intellectuelles pour que ces facultés admirables res-
tassent enfouies; les développer; les étendre, c’est remplir le
voeu de la nature: l’homme est évidemment fait pour vivre
en société, pour avoir un culte, des lois, et pour cultiver
les sciences et les arts. Chez les sauvages toutes les lois
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/229>, abgerufen am 24.11.2024.
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