Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht, es sei oft gesagt! Welch ein großer Streitpunkt war
das zu J. J. Rousseau's Zeit und lange nachher: und wie
oft noch jetzt alle Tage in allen Blättern wird dies noch im-
mer besprochen, bloß weil es nicht so deutlich, kurz und faß-
lich gesagt wird. "De profondes reflexions, l'experience des
siecles, l'accord unanime de tous les peuples civilises, ont
fixe les idees sur la veritable destination des femmes, et par
consequent leur etat dans la societe."
Wenn man für die
Autorschaft behaupten könnte: man solle eine gute Schrift
ehren und sich ihrer freuen, und käme sie aus einem Thiere
oder einem Felsen; so könnte dagegen geantwortet werden:
eine Frau aber, hätte die Welt noch so großen Gewinn von
ihren Schriften, verfehlte nichtsdestoweniger ihre weibliche
Bestimmung, und die Zeit, sie zu erfüllen. Zugegeben! und
nicht einmal gestritten über diese Bestimmung: es verfehlen
so viele Weiber ihre Bestimmung, daß es wohl wird mit ein-
gerechnet werden können, wenn einige sie durch Schreiben
verfehlen: und es wird noch Vortheil herauskommen, und
viel von dem sonst nicht vergendeten Mitleid mit ihnen er-
spart werden." --



An Ludwig Robert, in Karlsruhe.

Lieb Röberchen! Hotho's Ramiro kommt mir, wie ich
dir schon Einmal schrieb, darum talentvoll vor, weil er, auf
dem schlechtgewählten breitgetretenen Wege, doch immer, in

nicht, es ſei oft geſagt! Welch ein großer Streitpunkt war
das zu J. J. Rouſſeau’s Zeit und lange nachher: und wie
oft noch jetzt alle Tage in allen Blättern wird dies noch im-
mer beſprochen, bloß weil es nicht ſo deutlich, kurz und faß-
lich geſagt wird. „De profondes réflexions, l’expérience des
siècles, l’accord unanime de tous les peuples civilisés, ont
fixé les idées sur la véritable destination des femmes, et par
conséquent leur état dans la société.”
Wenn man für die
Autorſchaft behaupten könnte: man ſolle eine gute Schrift
ehren und ſich ihrer freuen, und käme ſie aus einem Thiere
oder einem Felſen; ſo könnte dagegen geantwortet werden:
eine Frau aber, hätte die Welt noch ſo großen Gewinn von
ihren Schriften, verfehlte nichtsdeſtoweniger ihre weibliche
Beſtimmung, und die Zeit, ſie zu erfüllen. Zugegeben! und
nicht einmal geſtritten über dieſe Beſtimmung: es verfehlen
ſo viele Weiber ihre Beſtimmung, daß es wohl wird mit ein-
gerechnet werden können, wenn einige ſie durch Schreiben
verfehlen: und es wird noch Vortheil herauskommen, und
viel von dem ſonſt nicht vergendeten Mitleid mit ihnen er-
ſpart werden.“ —



An Ludwig Robert, in Karlsruhe.

Lieb Röberchen! Hotho’s Ramiro kommt mir, wie ich
dir ſchon Einmal ſchrieb, darum talentvoll vor, weil er, auf
dem ſchlechtgewählten breitgetretenen Wege, doch immer, in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0230" n="222"/>
nicht, es &#x017F;ei oft ge&#x017F;agt! Welch ein großer Streitpunkt war<lb/>
das zu J. J. Rou&#x017F;&#x017F;eau&#x2019;s Zeit und lange nachher: und wie<lb/>
oft noch jetzt alle Tage in allen Blättern wird dies noch im-<lb/>
mer be&#x017F;prochen, bloß weil es nicht &#x017F;o deutlich, kurz und faß-<lb/>
lich ge&#x017F;agt wird. <hi rendition="#aq">&#x201E;De profondes réflexions, l&#x2019;expérience des<lb/>
siècles, l&#x2019;accord unanime de tous les peuples civilisés, ont<lb/>
fixé les idées sur la véritable destination des femmes, et par<lb/>
conséquent leur état dans la société.&#x201D;</hi> Wenn man für die<lb/>
Autor&#x017F;chaft behaupten könnte: man &#x017F;olle eine gute Schrift<lb/>
ehren und &#x017F;ich ihrer freuen, und käme &#x017F;ie aus einem Thiere<lb/>
oder einem Fel&#x017F;en; &#x017F;o könnte dagegen geantwortet werden:<lb/>
eine Frau aber, hätte die Welt noch &#x017F;o großen Gewinn von<lb/>
ihren Schriften, verfehlte nichtsde&#x017F;toweniger ihre weibliche<lb/>
Be&#x017F;timmung, und die Zeit, &#x017F;ie zu erfüllen. Zugegeben! und<lb/>
nicht einmal ge&#x017F;tritten über die&#x017F;e Be&#x017F;timmung: es verfehlen<lb/>
&#x017F;o viele Weiber ihre Be&#x017F;timmung, daß es wohl wird mit ein-<lb/>
gerechnet werden können, wenn einige &#x017F;ie durch Schreiben<lb/>
verfehlen: und es wird noch Vortheil herauskommen, und<lb/>
viel von dem &#x017F;on&#x017F;t nicht vergendeten Mitleid mit ihnen er-<lb/>
&#x017F;part werden.&#x201C; &#x2014;</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>An Ludwig Robert, in Karlsruhe.</head><lb/>
          <div n="3">
            <dateline> <hi rendition="#et">Mittwoch, den 5. Oktober 1825.</hi> </dateline><lb/>
            <p>Lieb Röberchen! Hotho&#x2019;s Ramiro kommt mir, wie ich<lb/>
dir &#x017F;chon Einmal &#x017F;chrieb, darum talentvoll vor, weil er, auf<lb/>
dem &#x017F;chlechtgewählten breitgetretenen Wege, doch immer, in<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[222/0230] nicht, es ſei oft geſagt! Welch ein großer Streitpunkt war das zu J. J. Rouſſeau’s Zeit und lange nachher: und wie oft noch jetzt alle Tage in allen Blättern wird dies noch im- mer beſprochen, bloß weil es nicht ſo deutlich, kurz und faß- lich geſagt wird. „De profondes réflexions, l’expérience des siècles, l’accord unanime de tous les peuples civilisés, ont fixé les idées sur la véritable destination des femmes, et par conséquent leur état dans la société.” Wenn man für die Autorſchaft behaupten könnte: man ſolle eine gute Schrift ehren und ſich ihrer freuen, und käme ſie aus einem Thiere oder einem Felſen; ſo könnte dagegen geantwortet werden: eine Frau aber, hätte die Welt noch ſo großen Gewinn von ihren Schriften, verfehlte nichtsdeſtoweniger ihre weibliche Beſtimmung, und die Zeit, ſie zu erfüllen. Zugegeben! und nicht einmal geſtritten über dieſe Beſtimmung: es verfehlen ſo viele Weiber ihre Beſtimmung, daß es wohl wird mit ein- gerechnet werden können, wenn einige ſie durch Schreiben verfehlen: und es wird noch Vortheil herauskommen, und viel von dem ſonſt nicht vergendeten Mitleid mit ihnen er- ſpart werden.“ — An Ludwig Robert, in Karlsruhe. Mittwoch, den 5. Oktober 1825. Lieb Röberchen! Hotho’s Ramiro kommt mir, wie ich dir ſchon Einmal ſchrieb, darum talentvoll vor, weil er, auf dem ſchlechtgewählten breitgetretenen Wege, doch immer, in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/230
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/230>, abgerufen am 21.11.2024.