Glück gut ist, seine Einsichten: d. h. Andre mit seinen Ein- sichten. --
Montag, den 17. Oktober 1825.
Saint-Martin bessert mich immer: er macht mich nicht besser, als ich bin, aber so gut, als ich sein kann. Ja, wenn ich nur an ihn denke. --
Leute mit noch so geringem Grade von Witz und Einsicht wären sehr gut zu leiden, wenn sie nur nie etwas Uneinge- sehenes nachsagten: dies aber ist Prätension, Narrheit, Lüge; und die sind nicht zu ertragen. Angelus sagt:
Die Einfalt schätz' ich hoch, der Gott hat Witz beschcert; Die aber den nicht hat, ist nicht des Namens werth.
Ich möchte gerne sagen:
Die Dummheit schätz' ich noch, die rein für sich besteht; Die aber Narrheit hegt, mit Recht zu Grunde geht.
Sonntag, den 23. Oktober 1825. Abends 11 Uhr.
A. Ich weiß gar nicht, warum X. sich vor einigen Jah- ren so zeigte, wie er that: eine Übereilung! Bei der besten Denkungsart, die er hat, hätte er diese Dummheit nicht nö- thig gehabt.
R. "So ist es immer. Darin bestehen alle Dummheiten, die wir begehen; sie sind immer dümmer als wir."
Washington Irwing sagt in einer Erzählung: "Mit mei- nem Vater war sehr schlecht streiten: er wußte nie, wenn er
Glück gut iſt, ſeine Einſichten: d. h. Andre mit ſeinen Ein- ſichten. —
Montag, den 17. Oktober 1825.
Saint-Martin beſſert mich immer: er macht mich nicht beſſer, als ich bin, aber ſo gut, als ich ſein kann. Ja, wenn ich nur an ihn denke. —
Leute mit noch ſo geringem Grade von Witz und Einſicht wären ſehr gut zu leiden, wenn ſie nur nie etwas Uneinge- ſehenes nachſagten: dies aber iſt Prätenſion, Narrheit, Lüge; und die ſind nicht zu ertragen. Angelus ſagt:
Die Einfalt ſchätz’ ich hoch, der Gott hat Witz beſchcert; Die aber den nicht hat, iſt nicht des Namens werth.
Ich möchte gerne ſagen:
Die Dummheit ſchätz’ ich noch, die rein für ſich beſteht; Die aber Narrheit hegt, mit Recht zu Grunde geht.
Sonntag, den 23. Oktober 1825. Abends 11 Uhr.
A. Ich weiß gar nicht, warum X. ſich vor einigen Jah- ren ſo zeigte, wie er that: eine Übereilung! Bei der beſten Denkungsart, die er hat, hätte er dieſe Dummheit nicht nö- thig gehabt.
R. „So iſt es immer. Darin beſtehen alle Dummheiten, die wir begehen; ſie ſind immer dümmer als wir.“
Waſhington Irwing ſagt in einer Erzählung: „Mit mei- nem Vater war ſehr ſchlecht ſtreiten: er wußte nie, wenn er
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Glück gut iſt, ſeine Einſichten: d. h. Andre mit ſeinen Ein-
ſichten. —
Montag, den 17. Oktober 1825.
Saint-Martin beſſert mich immer: er macht mich nicht
beſſer, als ich bin, aber ſo gut, als ich ſein kann. Ja, wenn
ich nur an ihn denke. —
Leute mit noch ſo geringem Grade von Witz und Einſicht
wären ſehr gut zu leiden, wenn ſie nur nie etwas Uneinge-
ſehenes nachſagten: dies aber iſt Prätenſion, Narrheit, Lüge;
und die ſind nicht zu ertragen. Angelus ſagt:
Die Einfalt ſchätz’ ich hoch, der Gott hat Witz beſchcert;
Die aber den nicht hat, iſt nicht des Namens werth.
Ich möchte gerne ſagen:
Die Dummheit ſchätz’ ich noch, die rein für ſich beſteht;
Die aber Narrheit hegt, mit Recht zu Grunde geht.
Sonntag, den 23. Oktober 1825. Abends 11 Uhr.
A. Ich weiß gar nicht, warum X. ſich vor einigen Jah-
ren ſo zeigte, wie er that: eine Übereilung! Bei der beſten
Denkungsart, die er hat, hätte er dieſe Dummheit nicht nö-
thig gehabt.
R. „So iſt es immer. Darin beſtehen alle Dummheiten,
die wir begehen; ſie ſind immer dümmer als wir.“
Waſhington Irwing ſagt in einer Erzählung: „Mit mei-
nem Vater war ſehr ſchlecht ſtreiten: er wußte nie, wenn er
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/234>, abgerufen am 21.11.2024.
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