die zwar gedruckt, aber nicht für's Publikum bestimmt sind. Ich schreibe dir einige ab. Sinnige, zarte Überschriften für Gräber, sowohl der Heiden als der Christen; im schönsten menschlichen Gefühl gedacht; in reiner Klarheit anspruchslos ausgedrückt. Der edle Geist spricht überall daraus an, wenn auch der Dichter es damit nicht auf Uberschwängliches ange- legt hat. Soviel weiß ich, auch als Dichter möcht' ich diese schmucklosen, aber gediegenen Sprüche noch immer lieber ge- macht haben, als die meisten der künstlichen, in der Treib- haushitze gezogenen Gedichte, die man mir jetzt zu bewundern geben will. --
Oktober 1828.
-- Haben Sie die vollendete Rede Humboldts gelesen, zur Eröffnung der Gesellschaft der Naturforscher? Ein gelun- genes Meisterwerk; eine Ehre; erstlich für unsre Sprache; dann für unsre Nation, dann für uns Preußen. Vive le Roi! Vive notre constitution! wo solche Früchte wachsen. O! wie stolz, wie glücklich könnte man durch und für Andre sein, wenn das Ganze immer ein Ganzes wäre: berechnet wie eine Organisation, für alle Theile; weise, gütig, glücklich. Nun, es rückt ja! Machen Sie ja, daß Mama, und auch Fürst P., die gehaltene, elegante, gediegene, abgepaßte Rede liest! --
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die zwar gedruckt, aber nicht für’s Publikum beſtimmt ſind. Ich ſchreibe dir einige ab. Sinnige, zarte Überſchriften für Gräber, ſowohl der Heiden als der Chriſten; im ſchönſten menſchlichen Gefühl gedacht; in reiner Klarheit anſpruchslos ausgedrückt. Der edle Geiſt ſpricht überall daraus an, wenn auch der Dichter es damit nicht auf Uberſchwängliches ange- legt hat. Soviel weiß ich, auch als Dichter möcht’ ich dieſe ſchmuckloſen, aber gediegenen Sprüche noch immer lieber ge- macht haben, als die meiſten der künſtlichen, in der Treib- haushitze gezogenen Gedichte, die man mir jetzt zu bewundern geben will. —
Oktober 1828.
— Haben Sie die vollendete Rede Humboldts geleſen, zur Eröffnung der Geſellſchaft der Naturforſcher? Ein gelun- genes Meiſterwerk; eine Ehre; erſtlich für unſre Sprache; dann für unſre Nation, dann für uns Preußen. Vive le Roi! Vive notre constitution! wo ſolche Früchte wachſen. O! wie ſtolz, wie glücklich könnte man durch und für Andre ſein, wenn das Ganze immer ein Ganzes wäre: berechnet wie eine Organiſation, für alle Theile; weiſe, gütig, glücklich. Nun, es rückt ja! Machen Sie ja, daß Mama, und auch Fürſt P., die gehaltene, elegante, gediegene, abgepaßte Rede lieſt! —
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die zwar gedruckt, aber nicht für’s Publikum beſtimmt ſind.
Ich ſchreibe dir einige ab. Sinnige, zarte Überſchriften für
Gräber, ſowohl der Heiden als der Chriſten; im ſchönſten
menſchlichen Gefühl gedacht; in reiner Klarheit anſpruchslos
ausgedrückt. Der edle Geiſt ſpricht überall daraus an, wenn
auch der Dichter es damit nicht auf Uberſchwängliches ange-
legt hat. Soviel weiß ich, auch als Dichter möcht’ ich dieſe
ſchmuckloſen, aber gediegenen Sprüche noch immer lieber ge-
macht haben, als die meiſten der künſtlichen, in der Treib-
haushitze gezogenen Gedichte, die man mir jetzt zu bewundern
geben will. —
Oktober 1828.
— Haben Sie die vollendete Rede Humboldts geleſen,
zur Eröffnung der Geſellſchaft der Naturforſcher? Ein gelun-
genes Meiſterwerk; eine Ehre; erſtlich für unſre Sprache;
dann für unſre Nation, dann für uns Preußen. Vive le Roi!
Vive notre constitution! wo ſolche Früchte wachſen. O!
wie ſtolz, wie glücklich könnte man durch und für Andre ſein,
wenn das Ganze immer ein Ganzes wäre: berechnet wie eine
Organiſation, für alle Theile; weiſe, gütig, glücklich. Nun,
es rückt ja! Machen Sie ja, daß Mama, und auch Fürſt
P., die gehaltene, elegante, gediegene, abgepaßte Rede lieſt! —
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/347>, abgerufen am 22.11.2024.
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