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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834.

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und Schande, und der Leute Wunder und Tadel! (Ich weiß,
welche Krankheit ich ohne Cholera, von ihrer Luft, ein Jahr
ausgestanden. Gott selbst kann das nicht verlangen.) Die
Kosten habe ich für dich zu liegen: es erfährt es kein
Mensch
: mein einzig Glück! für alle meine Leiden, die
nun wirkliche Beklemmungen!!!! geworden waren: laß
mir das.

Ich bin noch so hinfällig, daß aus eignen, meinen per-
sönlichen Mittlen kein baldiger Entschluß zur Reise mit Tha-
ten und selbstgemachten Anstalten von mir herkommen kann.
Kommt die Cholera nicht, so komme ich. Elise nur macht,
daß ich nicht gleich komme; den Schmerz erträgt mein Krampf
links noch nicht. Die Barbaren alle. Keiner weiß was ich be-
darf. Schelten können sie mich: und Gott leidet es. Korri-
giren
will man in meinem Hause einen Erstickenden! Amen!
dies in einer andern Welt, unter andern Lebensbedingungen.
Ich kann nichts berichten; ich sehe nur die paar Leute, die
mich noch Abends besuchen wollen: und das auch erst seit drei
Wochen: ich litt unendlich Aber das ist so unnatürlich, daß
man's vergißt. Adieu liebe Freunde! --

Fürchtest du dich in Baden, so können wir uns auch
außer hier Rendezvous geben: es soll zwischen Dresden und
Meißen ein reizendes, unbesuchtes, wohlfeiles Bad mit gutem
Essen geben.




36 *

und Schande, und der Leute Wunder und Tadel! (Ich weiß,
welche Krankheit ich ohne Cholera, von ihrer Luft, ein Jahr
ausgeſtanden. Gott ſelbſt kann das nicht verlangen.) Die
Koſten habe ich für dich zu liegen: es erfährt es kein
Menſch
: mein einzig Glück! für alle meine Leiden, die
nun wirkliche Beklemmungen!!!! geworden waren: laß
mir das.

Ich bin noch ſo hinfällig, daß aus eignen, meinen per-
ſönlichen Mittlen kein baldiger Entſchluß zur Reiſe mit Tha-
ten und ſelbſtgemachten Anſtalten von mir herkommen kann.
Kommt die Cholera nicht, ſo komme ich. Eliſe nur macht,
daß ich nicht gleich komme; den Schmerz erträgt mein Krampf
links noch nicht. Die Barbaren alle. Keiner weiß was ich be-
darf. Schelten können ſie mich: und Gott leidet es. Korri-
giren
will man in meinem Hauſe einen Erſtickenden! Amen!
dies in einer andern Welt, unter andern Lebensbedingungen.
Ich kann nichts berichten; ich ſehe nur die paar Leute, die
mich noch Abends beſuchen wollen: und das auch erſt ſeit drei
Wochen: ich litt unendlich Aber das iſt ſo unnatürlich, daß
man’s vergißt. Adieu liebe Freunde! —

Fürchteſt du dich in Baden, ſo können wir uns auch
außer hier Rendezvous geben: es ſoll zwiſchen Dresden und
Meißen ein reizendes, unbeſuchtes, wohlfeiles Bad mit gutem
Eſſen geben.




36 *
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[563/0571] und Schande, und der Leute Wunder und Tadel! (Ich weiß, welche Krankheit ich ohne Cholera, von ihrer Luft, ein Jahr ausgeſtanden. Gott ſelbſt kann das nicht verlangen.) Die Koſten habe ich für dich zu liegen: es erfährt es kein Menſch: mein einzig Glück! für alle meine Leiden, die nun wirkliche Beklemmungen!!!! geworden waren: laß mir das. Ich bin noch ſo hinfällig, daß aus eignen, meinen per- ſönlichen Mittlen kein baldiger Entſchluß zur Reiſe mit Tha- ten und ſelbſtgemachten Anſtalten von mir herkommen kann. Kommt die Cholera nicht, ſo komme ich. Eliſe nur macht, daß ich nicht gleich komme; den Schmerz erträgt mein Krampf links noch nicht. Die Barbaren alle. Keiner weiß was ich be- darf. Schelten können ſie mich: und Gott leidet es. Korri- giren will man in meinem Hauſe einen Erſtickenden! Amen! dies in einer andern Welt, unter andern Lebensbedingungen. Ich kann nichts berichten; ich ſehe nur die paar Leute, die mich noch Abends beſuchen wollen: und das auch erſt ſeit drei Wochen: ich litt unendlich Aber das iſt ſo unnatürlich, daß man’s vergißt. Adieu liebe Freunde! — Fürchteſt du dich in Baden, ſo können wir uns auch außer hier Rendezvous geben: es ſoll zwiſchen Dresden und Meißen ein reizendes, unbeſuchtes, wohlfeiles Bad mit gutem Eſſen geben. 36 *

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 563. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/571>, abgerufen am 14.06.2024.