die die größte Güte in uns legte; und unsere ahndende Ver- nunft kann nur vermuthen, daß noch eine höhere erleuchten- dere Aufgabe in uns aufgehen könne, als jetzt die unserer größten Sittlichkeit. Dies ist kein Fall: sondern ein Stei- gen; und nicht wir stimmen mit Gott, das können wir nicht; er stimmt mit uns ein; er regiert uns, und wir müssen uns darum frei und unabhängig glauben, -- mühen, und irren: aber ohne weitere Mährchen ergeben sein. --
Sonnabend, den 18. Mai 1822.
Wissen ist eine Vorrathskammer, ein Vorrath; Wissen ist ein geistiges Haben. Durch Wissen ist man überzeugt: Liebe ist Überzeugung. --
Richtig Eingesehenes und Ausgedrücktes in der Gegen- wart, paßt zur Vergangenheit und Zukunft: und ist an die- sem Zeichen sogar zu erkennen.
In das Stammbuch zu Graupen in Böhmen, 1822.
Was hier ich seh, getreu berichten, Das hieße wahrlich dichten.
Gestern den 22. September 1822. einen Sonnabend Abend in Töplitz erzählte uns Herzogin von Cumberland von Goe- the's Haus in Frankfurt und von seiner Mutter, wie sie und die Königin als junge Prinzessinnen dort gewohnt haben, sehr einnehmend und mit einer ihr so gefälligen Erinnerung, als
die die größte Güte in uns legte; und unſere ahndende Ver- nunft kann nur vermuthen, daß noch eine höhere erleuchten- dere Aufgabe in uns aufgehen könne, als jetzt die unſerer größten Sittlichkeit. Dies iſt kein Fall: ſondern ein Stei- gen; und nicht wir ſtimmen mit Gott, das können wir nicht; er ſtimmt mit uns ein; er regiert uns, und wir müſſen uns darum frei und unabhängig glauben, — mühen, und irren: aber ohne weitere Mährchen ergeben ſein. —
Sonnabend, den 18. Mai 1822.
Wiſſen iſt eine Vorrathskammer, ein Vorrath; Wiſſen iſt ein geiſtiges Haben. Durch Wiſſen iſt man überzeugt: Liebe iſt Überzeugung. —
Richtig Eingeſehenes und Ausgedrücktes in der Gegen- wart, paßt zur Vergangenheit und Zukunft: und iſt an die- ſem Zeichen ſogar zu erkennen.
In das Stammbuch zu Graupen in Böhmen, 1822.
Was hier ich ſeh, getreu berichten, Das hieße wahrlich dichten.
Geſtern den 22. September 1822. einen Sonnabend Abend in Töplitz erzählte uns Herzogin von Cumberland von Goe- the’s Haus in Frankfurt und von ſeiner Mutter, wie ſie und die Königin als junge Prinzeſſinnen dort gewohnt haben, ſehr einnehmend und mit einer ihr ſo gefälligen Erinnerung, als
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0076"n="68"/>
die die größte Güte in uns legte; und unſere ahndende Ver-<lb/>
nunft kann nur vermuthen, daß noch eine höhere erleuchten-<lb/>
dere Aufgabe in uns aufgehen könne, als jetzt die unſerer<lb/>
größten Sittlichkeit. Dies iſt kein <hirendition="#g">Fall</hi>: ſondern ein Stei-<lb/>
gen; und nicht wir ſtimmen mit Gott, das können wir nicht;<lb/>
er ſtimmt mit uns ein; er regiert uns, und wir müſſen uns<lb/>
darum frei und unabhängig glauben, — mühen, und irren:<lb/>
aber ohne weitere <hirendition="#g">Mährchen</hi> ergeben ſein. —</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><dateline><hirendition="#et">Sonnabend, den 18. Mai 1822.</hi></dateline><lb/><p>Wiſſen iſt eine Vorrathskammer, ein Vorrath; Wiſſen<lb/>
iſt ein geiſtiges Haben. Durch Wiſſen iſt man überzeugt:<lb/>
Liebe iſt Überzeugung. —</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><p>Richtig Eingeſehenes und Ausgedrücktes in der Gegen-<lb/>
wart, paßt zur Vergangenheit und Zukunft: und iſt an die-<lb/>ſem Zeichen ſogar zu erkennen.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><dateline><hirendition="#et">In das Stammbuch zu Graupen in<lb/>
Böhmen, 1822.</hi></dateline><lb/><lgtype="poem"><l>Was hier ich ſeh, getreu berichten,</l><lb/><l>Das hieße wahrlich dichten.</l></lg></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><p>Geſtern den 22. September 1822. einen Sonnabend Abend<lb/>
in Töplitz erzählte uns Herzogin von Cumberland von Goe-<lb/>
the’s Haus in Frankfurt und von ſeiner Mutter, wie ſie und<lb/>
die Königin als junge Prinzeſſinnen dort gewohnt haben, ſehr<lb/>
einnehmend und mit einer ihr ſo gefälligen Erinnerung, als<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[68/0076]
die die größte Güte in uns legte; und unſere ahndende Ver-
nunft kann nur vermuthen, daß noch eine höhere erleuchten-
dere Aufgabe in uns aufgehen könne, als jetzt die unſerer
größten Sittlichkeit. Dies iſt kein Fall: ſondern ein Stei-
gen; und nicht wir ſtimmen mit Gott, das können wir nicht;
er ſtimmt mit uns ein; er regiert uns, und wir müſſen uns
darum frei und unabhängig glauben, — mühen, und irren:
aber ohne weitere Mährchen ergeben ſein. —
Sonnabend, den 18. Mai 1822.
Wiſſen iſt eine Vorrathskammer, ein Vorrath; Wiſſen
iſt ein geiſtiges Haben. Durch Wiſſen iſt man überzeugt:
Liebe iſt Überzeugung. —
Richtig Eingeſehenes und Ausgedrücktes in der Gegen-
wart, paßt zur Vergangenheit und Zukunft: und iſt an die-
ſem Zeichen ſogar zu erkennen.
In das Stammbuch zu Graupen in
Böhmen, 1822.
Was hier ich ſeh, getreu berichten,
Das hieße wahrlich dichten.
Geſtern den 22. September 1822. einen Sonnabend Abend
in Töplitz erzählte uns Herzogin von Cumberland von Goe-
the’s Haus in Frankfurt und von ſeiner Mutter, wie ſie und
die Königin als junge Prinzeſſinnen dort gewohnt haben, ſehr
einnehmend und mit einer ihr ſo gefälligen Erinnerung, als
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/76>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.