bald versetzte der Sturm ihr den Athem, der Staub verdunkelte, und verletzte ihre Augen. Sie fürchtete eben so sehr auf freyem Felde zu bleiben, als Schutz unter einem Baume zu su- chen. Jhre Füße waren vom Laufen auf den spitzen Steinen wund geworden, und sie stieß allenthalben an.
Ein starker Blitz, dem der Donner gleich nachfolgte, fiel vor ihnen nieder, Julianens Knie wankten, sie fiel halb ohnmächtig zu Bo- den. Die beyden Freunde nahmen sie abwech- selnd in ihre Arme, und trugen sie fort. Das Gewitter war nun ganz nahe, Blitz und Don- ner wechselten unaufhörlich, der Regen strömte in Güssen herab.
Jn der Verwirrung verfehlten sie den rech- ten Weg zum Dorfe, sie irrten, für Julianens Gesundheit besorgt, ängstlich umher; endlich erblickten sie, indem sie an einem Bache hinauf gingen, am jenseitigen Ufer eine Mühle, die einsam im Thale lag, von Bergen umschlossen. Eine Brücke ging nicht hinüber, sie riefen laut; aber der Sturm und das Rauschen des
Florentin. I. 14
bald verſetzte der Sturm ihr den Athem, der Staub verdunkelte, und verletzte ihre Augen. Sie fuͤrchtete eben ſo ſehr auf freyem Felde zu bleiben, als Schutz unter einem Baume zu ſu- chen. Jhre Fuͤße waren vom Laufen auf den ſpitzen Steinen wund geworden, und ſie ſtieß allenthalben an.
Ein ſtarker Blitz, dem der Donner gleich nachfolgte, fiel vor ihnen nieder, Julianens Knie wankten, ſie fiel halb ohnmaͤchtig zu Bo- den. Die beyden Freunde nahmen ſie abwech- ſelnd in ihre Arme, und trugen ſie fort. Das Gewitter war nun ganz nahe, Blitz und Don- ner wechſelten unaufhoͤrlich, der Regen ſtroͤmte in Guͤſſen herab.
Jn der Verwirrung verfehlten ſie den rech- ten Weg zum Dorfe, ſie irrten, fuͤr Julianens Geſundheit beſorgt, aͤngſtlich umher; endlich erblickten ſie, indem ſie an einem Bache hinauf gingen, am jenſeitigen Ufer eine Muͤhle, die einſam im Thale lag, von Bergen umſchloſſen. Eine Bruͤcke ging nicht hinuͤber, ſie riefen laut; aber der Sturm und das Rauſchen des
Florentin. I. 14
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bald verſetzte der Sturm ihr den Athem, der
Staub verdunkelte, und verletzte ihre Augen.
Sie fuͤrchtete eben ſo ſehr auf freyem Felde zu
bleiben, als Schutz unter einem Baume zu ſu-
chen. Jhre Fuͤße waren vom Laufen auf den
ſpitzen Steinen wund geworden, und ſie ſtieß
allenthalben an.
Ein ſtarker Blitz, dem der Donner gleich
nachfolgte, fiel vor ihnen nieder, Julianens
Knie wankten, ſie fiel halb ohnmaͤchtig zu Bo-
den. Die beyden Freunde nahmen ſie abwech-
ſelnd in ihre Arme, und trugen ſie fort. Das
Gewitter war nun ganz nahe, Blitz und Don-
ner wechſelten unaufhoͤrlich, der Regen ſtroͤmte
in Guͤſſen herab.
Jn der Verwirrung verfehlten ſie den rech-
ten Weg zum Dorfe, ſie irrten, fuͤr Julianens
Geſundheit beſorgt, aͤngſtlich umher; endlich
erblickten ſie, indem ſie an einem Bache hinauf
gingen, am jenſeitigen Ufer eine Muͤhle, die
einſam im Thale lag, von Bergen umſchloſſen.
Eine Bruͤcke ging nicht hinuͤber, ſie riefen
laut; aber der Sturm und das Rauſchen des
Florentin. I. 14
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/217>, abgerufen am 21.11.2024.
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