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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

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Klappern innerhalb der Mühle. Es klang ihm
wie veruehmliche Töne. Wie ein Wettgesang
des thätigen zufriedenen Landmanns und des
muthigen, ehrsüchtig drohenden Kriegers tön-
ten Mühle und Waldsturm; der Bach rauschte
in immer gleichen Gesängen ununterbrochen
dazwischen, wie die ewige Zeit, allem Ver-
gänglichen, allem Jrdischen trotzend, und
seine Bemühungen verhöhnend.

Er hörte im Wohnzimmer des Müllers laut
reden, er schlich sich aus einem Anfall von Neu-
gierde unter das offene Fenster, und hörte ein
Gespräch zwischen dem Müller und seiner Frau
an, das sie über ihre Gäste führten; diese Er-
scheinung mochte ihnen wunderlich genug vor-
kommen. -- Der Müller konnte, wie es schien,
die Sitte nicht billigen, die die vornehmen Leute
einführen, inkognito zu reisen. Man kennt sie
nicht! rief er, am Ende werde ich noch in jedem
wandernden Gesellen einen verkleideten Prinzen,
oder eine Prinzessin vermuthen müssen, und mich in
Acht nehmen, daß ich ihm nicht zu nahe trete. --
Die Müllerin war ganz besänftigt, und wollte

Klappern innerhalb der Muͤhle. Es klang ihm
wie veruehmliche Toͤne. Wie ein Wettgeſang
des thaͤtigen zufriedenen Landmanns und des
muthigen, ehrſuͤchtig drohenden Kriegers toͤn-
ten Muͤhle und Waldſturm; der Bach rauſchte
in immer gleichen Geſaͤngen ununterbrochen
dazwiſchen, wie die ewige Zeit, allem Ver-
gaͤnglichen, allem Jrdiſchen trotzend, und
ſeine Bemuͤhungen verhoͤhnend.

Er hoͤrte im Wohnzimmer des Muͤllers laut
reden, er ſchlich ſich aus einem Anfall von Neu-
gierde unter das offene Fenſter, und hoͤrte ein
Geſpraͤch zwiſchen dem Muͤller und ſeiner Frau
an, das ſie uͤber ihre Gaͤſte fuͤhrten; dieſe Er-
ſcheinung mochte ihnen wunderlich genug vor-
kommen. — Der Muͤller konnte, wie es ſchien,
die Sitte nicht billigen, die die vornehmen Leute
einfuͤhren, inkognito zu reiſen. Man kennt ſie
nicht! rief er, am Ende werde ich noch in jedem
wandernden Geſellen einen verkleideten Prinzen,
oder eine Prinzeſſin vermuthen muͤſſen, und mich in
Acht nehmen, daß ich ihm nicht zu nahe trete. —
Die Muͤllerin war ganz beſaͤnftigt, und wollte

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[218/0226] Klappern innerhalb der Muͤhle. Es klang ihm wie veruehmliche Toͤne. Wie ein Wettgeſang des thaͤtigen zufriedenen Landmanns und des muthigen, ehrſuͤchtig drohenden Kriegers toͤn- ten Muͤhle und Waldſturm; der Bach rauſchte in immer gleichen Geſaͤngen ununterbrochen dazwiſchen, wie die ewige Zeit, allem Ver- gaͤnglichen, allem Jrdiſchen trotzend, und ſeine Bemuͤhungen verhoͤhnend. Er hoͤrte im Wohnzimmer des Muͤllers laut reden, er ſchlich ſich aus einem Anfall von Neu- gierde unter das offene Fenſter, und hoͤrte ein Geſpraͤch zwiſchen dem Muͤller und ſeiner Frau an, das ſie uͤber ihre Gaͤſte fuͤhrten; dieſe Er- ſcheinung mochte ihnen wunderlich genug vor- kommen. — Der Muͤller konnte, wie es ſchien, die Sitte nicht billigen, die die vornehmen Leute einfuͤhren, inkognito zu reiſen. Man kennt ſie nicht! rief er, am Ende werde ich noch in jedem wandernden Geſellen einen verkleideten Prinzen, oder eine Prinzeſſin vermuthen muͤſſen, und mich in Acht nehmen, daß ich ihm nicht zu nahe trete. — Die Muͤllerin war ganz beſaͤnftigt, und wollte

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Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/226>, abgerufen am 21.11.2024.