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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

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habte Mühe und Unkosten zu bezahlen. Ju-
liane zog einen kleinen Ring vom Finger und
gab ihn der Müllerin zum Andenken, um
einigermaßen ihre Erkenntlichkeit zu bezeigen.

Der Graf und Eleonore kamen ihrer Toch-
ter eine große Strecke entgegen, die beyden
Freunde ergötzten sich die Freude zu sehen, mit
der sie empfangen ward, und mit der sie aus
dem Wagen in die Arme ihrer Eltern stürzte,
als ob sie Jahre lang getrennt gewesen wären.
Juliane wurde mit Fragen bestürmt und mußte
es feyerlich ihrem Vater versprechen, niemals
wieder seine Einwilligung zu einer ähnlichen
Unternehmung zu fordern.

So endigte die abentheuerliche Wande-
rung. Obgleich ihnen keine andere als ge-
wöhnliche Begebenheiten zugestoßen waren,
so war sie ihnen doch wichtig geworden. Sie
hatten auf diesem kurzen Wege, den sie mit
einander gewandert, tiefere Blicke in ihr Jn-
neres zu thun Gelegenheit gefunden als sie
in einem Jahre langen Nebeneinandergehen
in der großen Welt vermocht hätten. Julia-

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habte Muͤhe und Unkoſten zu bezahlen. Ju-
liane zog einen kleinen Ring vom Finger und
gab ihn der Muͤllerin zum Andenken, um
einigermaßen ihre Erkenntlichkeit zu bezeigen.

Der Graf und Eleonore kamen ihrer Toch-
ter eine große Strecke entgegen, die beyden
Freunde ergoͤtzten ſich die Freude zu ſehen, mit
der ſie empfangen ward, und mit der ſie aus
dem Wagen in die Arme ihrer Eltern ſtuͤrzte,
als ob ſie Jahre lang getrennt geweſen waͤren.
Juliane wurde mit Fragen beſtuͤrmt und mußte
es feyerlich ihrem Vater verſprechen, niemals
wieder ſeine Einwilligung zu einer aͤhnlichen
Unternehmung zu fordern.

So endigte die abentheuerliche Wande-
rung. Obgleich ihnen keine andere als ge-
woͤhnliche Begebenheiten zugeſtoßen waren,
ſo war ſie ihnen doch wichtig geworden. Sie
hatten auf dieſem kurzen Wege, den ſie mit
einander gewandert, tiefere Blicke in ihr Jn-
neres zu thun Gelegenheit gefunden als ſie
in einem Jahre langen Nebeneinandergehen
in der großen Welt vermocht haͤtten. Julia-

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[259/0267] habte Muͤhe und Unkoſten zu bezahlen. Ju- liane zog einen kleinen Ring vom Finger und gab ihn der Muͤllerin zum Andenken, um einigermaßen ihre Erkenntlichkeit zu bezeigen. Der Graf und Eleonore kamen ihrer Toch- ter eine große Strecke entgegen, die beyden Freunde ergoͤtzten ſich die Freude zu ſehen, mit der ſie empfangen ward, und mit der ſie aus dem Wagen in die Arme ihrer Eltern ſtuͤrzte, als ob ſie Jahre lang getrennt geweſen waͤren. Juliane wurde mit Fragen beſtuͤrmt und mußte es feyerlich ihrem Vater verſprechen, niemals wieder ſeine Einwilligung zu einer aͤhnlichen Unternehmung zu fordern. So endigte die abentheuerliche Wande- rung. Obgleich ihnen keine andere als ge- woͤhnliche Begebenheiten zugeſtoßen waren, ſo war ſie ihnen doch wichtig geworden. Sie hatten auf dieſem kurzen Wege, den ſie mit einander gewandert, tiefere Blicke in ihr Jn- neres zu thun Gelegenheit gefunden als ſie in einem Jahre langen Nebeneinandergehen in der großen Welt vermocht haͤtten. Julia- (17) 2

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Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/267>, abgerufen am 17.06.2024.