Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

den. Sind Sie es zufrieden, so führe ich
Sie hin. -- Jhre Erzählung ist vollkom-
men befriedigend; ich habe berühmte Anstalten
der Art gesehen, ich kenne das. -- Nein, rief
der Arzt, eine ähnliche haben Sie wahrlich
nie gesehen. -- Ueberdies, fuhr Florentin
fort, möchte es der Gräfin nicht angenehm
seyn, mich dort zu sehen, da sie ausdrücklich
verlangte, heute allein zu seyn. -- Jch wür-
de Sie nicht hinführen, wenn sie selbst dort
wäre; bey diesem Geschäft ist sie für nie-
mand sichtbar, denn sie haßt jede Art von
Ostentation. Auch ist es niemand außer mir
erlaubt, Fremde dort hinzuführen, weil die
Aufmerksamkeit für diese die nothwendige
Sorgfalt abzieht und zerstreut. Jetzt ist ohne-
dies die Zeit, in der ich dort seyn muß; kom-
men Sie doch nur mit! --

Florentin ließ es sich endlich gefallen. Der
Mann gefiel ihm in seinem schönen Eifer für
das Gute, trotz der etwas starken Neigung zur
Redseligkeit. Sie ist doch meistens, dachte
er, Zeichen eines offnen, absichtslosen Gemüths;

Florentin. I. 22

den. Sind Sie es zufrieden, ſo fuͤhre ich
Sie hin. — Jhre Erzaͤhlung iſt vollkom-
men befriedigend; ich habe beruͤhmte Anſtalten
der Art geſehen, ich kenne das. — Nein, rief
der Arzt, eine aͤhnliche haben Sie wahrlich
nie geſehen. — Ueberdies, fuhr Florentin
fort, moͤchte es der Graͤfin nicht angenehm
ſeyn, mich dort zu ſehen, da ſie ausdruͤcklich
verlangte, heute allein zu ſeyn. — Jch wuͤr-
de Sie nicht hinfuͤhren, wenn ſie ſelbſt dort
waͤre; bey dieſem Geſchaͤft iſt ſie fuͤr nie-
mand ſichtbar, denn ſie haßt jede Art von
Oſtentation. Auch iſt es niemand außer mir
erlaubt, Fremde dort hinzufuͤhren, weil die
Aufmerkſamkeit fuͤr dieſe die nothwendige
Sorgfalt abzieht und zerſtreut. Jetzt iſt ohne-
dies die Zeit, in der ich dort ſeyn muß; kom-
men Sie doch nur mit! —

Florentin ließ es ſich endlich gefallen. Der
Mann gefiel ihm in ſeinem ſchoͤnen Eifer fuͤr
das Gute, trotz der etwas ſtarken Neigung zur
Redſeligkeit. Sie iſt doch meiſtens, dachte
er, Zeichen eines offnen, abſichtsloſen Gemuͤths;

Florentin. I. 22
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0345" n="337"/>
den. Sind Sie es zufrieden, &#x017F;o fu&#x0364;hre ich<lb/>
Sie hin. &#x2014; Jhre Erza&#x0364;hlung i&#x017F;t vollkom-<lb/>
men befriedigend; ich habe beru&#x0364;hmte An&#x017F;talten<lb/>
der Art ge&#x017F;ehen, ich kenne das. &#x2014; Nein, rief<lb/>
der Arzt, eine a&#x0364;hnliche haben Sie wahrlich<lb/>
nie ge&#x017F;ehen. &#x2014; Ueberdies, fuhr Florentin<lb/>
fort, mo&#x0364;chte es der Gra&#x0364;fin nicht angenehm<lb/>
&#x017F;eyn, mich dort zu &#x017F;ehen, da &#x017F;ie ausdru&#x0364;cklich<lb/>
verlangte, heute allein zu &#x017F;eyn. &#x2014; Jch wu&#x0364;r-<lb/>
de Sie nicht hinfu&#x0364;hren, wenn &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t dort<lb/>
wa&#x0364;re; bey die&#x017F;em Ge&#x017F;cha&#x0364;ft i&#x017F;t &#x017F;ie fu&#x0364;r nie-<lb/>
mand &#x017F;ichtbar, denn &#x017F;ie haßt jede Art von<lb/>
O&#x017F;tentation. Auch i&#x017F;t es niemand außer mir<lb/>
erlaubt, Fremde dort hinzufu&#x0364;hren, weil die<lb/>
Aufmerk&#x017F;amkeit fu&#x0364;r die&#x017F;e die nothwendige<lb/>
Sorgfalt abzieht und zer&#x017F;treut. Jetzt i&#x017F;t ohne-<lb/>
dies die Zeit, in der ich dort &#x017F;eyn muß; kom-<lb/>
men Sie doch nur mit! &#x2014;</p><lb/>
          <p>Florentin ließ es &#x017F;ich endlich gefallen. Der<lb/>
Mann gefiel ihm in &#x017F;einem &#x017F;cho&#x0364;nen Eifer fu&#x0364;r<lb/>
das Gute, trotz der etwas &#x017F;tarken Neigung zur<lb/>
Red&#x017F;eligkeit. Sie i&#x017F;t doch mei&#x017F;tens, dachte<lb/>
er, Zeichen eines offnen, ab&#x017F;ichtslo&#x017F;en Gemu&#x0364;ths;<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Florentin. <hi rendition="#aq">I.</hi> 22</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[337/0345] den. Sind Sie es zufrieden, ſo fuͤhre ich Sie hin. — Jhre Erzaͤhlung iſt vollkom- men befriedigend; ich habe beruͤhmte Anſtalten der Art geſehen, ich kenne das. — Nein, rief der Arzt, eine aͤhnliche haben Sie wahrlich nie geſehen. — Ueberdies, fuhr Florentin fort, moͤchte es der Graͤfin nicht angenehm ſeyn, mich dort zu ſehen, da ſie ausdruͤcklich verlangte, heute allein zu ſeyn. — Jch wuͤr- de Sie nicht hinfuͤhren, wenn ſie ſelbſt dort waͤre; bey dieſem Geſchaͤft iſt ſie fuͤr nie- mand ſichtbar, denn ſie haßt jede Art von Oſtentation. Auch iſt es niemand außer mir erlaubt, Fremde dort hinzufuͤhren, weil die Aufmerkſamkeit fuͤr dieſe die nothwendige Sorgfalt abzieht und zerſtreut. Jetzt iſt ohne- dies die Zeit, in der ich dort ſeyn muß; kom- men Sie doch nur mit! — Florentin ließ es ſich endlich gefallen. Der Mann gefiel ihm in ſeinem ſchoͤnen Eifer fuͤr das Gute, trotz der etwas ſtarken Neigung zur Redſeligkeit. Sie iſt doch meiſtens, dachte er, Zeichen eines offnen, abſichtsloſen Gemuͤths; Florentin. I. 22

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/345
Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/345>, abgerufen am 02.06.2024.