Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

suchte ihn mit den Augen; zufällig wichen
einige vor ihm stehende zurück, so daß er
deutlich vor ihr stand. Einige Augenblicke
blieb sie, weit hervor sich beugend, in dersel-
ben Stellung, ihre Augen fest mit sichtbarem
Erstaunen auf ihn geheftet; eine schnelle Rö-
the überflog den Marmor ihres Gesichts, dann
erblaßte sie wieder, ihre Augen schlossen sich,
und sie sank ohnmächtig zurück. Betty faßte
sie in ihre Arme, einige andre eitten ihr zur
Hülfe, sie wurde hinaus getragen, Betty
folgte. Bald darauf war auch die Musik ge-
endigt, deren Schluß Florentin nicht vernom-
men hatte. Betäubt eilte er hinaus und in
den Garten.

Der Abend senkte sich dämmernd nieder.
Der große Garten war voller Menschen. Fröh-
liches Lachen und muntere Gespräche ertönten
von allen Seiten. Auf dem Rasen tummelten
sich liebliche Kinder; hier saß eine Gruppe, die
zu einer Guitarre sang; dort waren andre um
eine Flasche Wein versammelt. Auf den ver-
steckteren Plätzen im dichteren Gebüsch wandel-
en liebende Paare in süßer Vertraulichkeit;

ſuchte ihn mit den Augen; zufaͤllig wichen
einige vor ihm ſtehende zuruͤck, ſo daß er
deutlich vor ihr ſtand. Einige Augenblicke
blieb ſie, weit hervor ſich beugend, in derſel-
ben Stellung, ihre Augen feſt mit ſichtbarem
Erſtaunen auf ihn geheftet; eine ſchnelle Roͤ-
the uͤberflog den Marmor ihres Geſichts, dann
erblaßte ſie wieder, ihre Augen ſchloſſen ſich,
und ſie ſank ohnmaͤchtig zuruͤck. Betty faßte
ſie in ihre Arme, einige andre eitten ihr zur
Huͤlfe, ſie wurde hinaus getragen, Betty
folgte. Bald darauf war auch die Muſik ge-
endigt, deren Schluß Florentin nicht vernom-
men hatte. Betaͤubt eilte er hinaus und in
den Garten.

Der Abend ſenkte ſich daͤmmernd nieder.
Der große Garten war voller Menſchen. Froͤh-
liches Lachen und muntere Geſpraͤche ertoͤnten
von allen Seiten. Auf dem Raſen tummelten
ſich liebliche Kinder; hier ſaß eine Gruppe, die
zu einer Guitarre ſang; dort waren andre um
eine Flaſche Wein verſammelt. Auf den ver-
ſteckteren Plaͤtzen im dichteren Gebuͤſch wandel-
en liebende Paare in ſuͤßer Vertraulichkeit;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0383" n="375"/>
&#x017F;uchte ihn mit den Augen; zufa&#x0364;llig wichen<lb/>
einige vor ihm &#x017F;tehende zuru&#x0364;ck, &#x017F;o daß er<lb/>
deutlich vor ihr &#x017F;tand. Einige Augenblicke<lb/>
blieb &#x017F;ie, weit hervor &#x017F;ich beugend, in der&#x017F;el-<lb/>
ben Stellung, ihre Augen fe&#x017F;t mit &#x017F;ichtbarem<lb/>
Er&#x017F;taunen auf ihn geheftet; eine &#x017F;chnelle Ro&#x0364;-<lb/>
the u&#x0364;berflog den Marmor ihres Ge&#x017F;ichts, dann<lb/>
erblaßte &#x017F;ie wieder, ihre Augen &#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich,<lb/>
und &#x017F;ie &#x017F;ank ohnma&#x0364;chtig zuru&#x0364;ck. Betty faßte<lb/>
&#x017F;ie in ihre Arme, einige andre eitten ihr zur<lb/>
Hu&#x0364;lfe, &#x017F;ie wurde hinaus getragen, Betty<lb/>
folgte. Bald darauf war auch die Mu&#x017F;ik ge-<lb/>
endigt, deren Schluß Florentin nicht vernom-<lb/>
men hatte. Beta&#x0364;ubt eilte er hinaus und in<lb/>
den Garten.</p><lb/>
          <p>Der Abend &#x017F;enkte &#x017F;ich da&#x0364;mmernd nieder.<lb/>
Der große Garten war voller Men&#x017F;chen. Fro&#x0364;h-<lb/>
liches Lachen und muntere Ge&#x017F;pra&#x0364;che erto&#x0364;nten<lb/>
von allen Seiten. Auf dem Ra&#x017F;en tummelten<lb/>
&#x017F;ich liebliche Kinder; hier &#x017F;aß eine Gruppe, die<lb/>
zu einer Guitarre &#x017F;ang; dort waren andre um<lb/>
eine Fla&#x017F;che Wein ver&#x017F;ammelt. Auf den ver-<lb/>
&#x017F;teckteren Pla&#x0364;tzen im dichteren Gebu&#x0364;&#x017F;ch wandel-<lb/>
en liebende Paare in &#x017F;u&#x0364;ßer Vertraulichkeit;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[375/0383] ſuchte ihn mit den Augen; zufaͤllig wichen einige vor ihm ſtehende zuruͤck, ſo daß er deutlich vor ihr ſtand. Einige Augenblicke blieb ſie, weit hervor ſich beugend, in derſel- ben Stellung, ihre Augen feſt mit ſichtbarem Erſtaunen auf ihn geheftet; eine ſchnelle Roͤ- the uͤberflog den Marmor ihres Geſichts, dann erblaßte ſie wieder, ihre Augen ſchloſſen ſich, und ſie ſank ohnmaͤchtig zuruͤck. Betty faßte ſie in ihre Arme, einige andre eitten ihr zur Huͤlfe, ſie wurde hinaus getragen, Betty folgte. Bald darauf war auch die Muſik ge- endigt, deren Schluß Florentin nicht vernom- men hatte. Betaͤubt eilte er hinaus und in den Garten. Der Abend ſenkte ſich daͤmmernd nieder. Der große Garten war voller Menſchen. Froͤh- liches Lachen und muntere Geſpraͤche ertoͤnten von allen Seiten. Auf dem Raſen tummelten ſich liebliche Kinder; hier ſaß eine Gruppe, die zu einer Guitarre ſang; dort waren andre um eine Flaſche Wein verſammelt. Auf den ver- ſteckteren Plaͤtzen im dichteren Gebuͤſch wandel- en liebende Paare in ſuͤßer Vertraulichkeit;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/383
Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/383>, abgerufen am 18.05.2024.