Sonne vorüberfliehen, keine Spur mehr auf der Erde davon. Was ihnen im Leben hei- lig war, hat mit dem Leben geendet; der Ehre allein, unter allem dieser allein, ver- danken die Helden das Andenken ihrer Nach- kommen; sie leben in den künftigen Zeital- tern fort, da Millionen neben ihnen unter- gehen ... Nun so ist es auch billig, daß sie dem selbstgeschaffenen Götzen vor allen Göttern Opfer bringen; dieser macht sie unsterblich, da alles, was die Natur in ihre Brust gepflanzt, mit ihnen untergeht!"
Eduard trat zu ihm. "Sie sind schon auf, Florentin! ich wollte Sie eben abholen, die an- dern sind wahrscheinlich schon im Gartensaal. -- Jch habe mich etwas zu lange in den Zimmern und Gängen verweilt, um sie zu betrachten. Die- ses Schloß ist ein vortreffliches Monument sei- nes Jahrhunderts; mich freut es, daß es so wohl erhalten ist, und so ganz ohne modernen Zusatz. Es wundert mich um so mehr, da die übrige Einrichtung im Ganzen nach dem jetzigen Ge- schmack mehr elegant und zierlich, als nach je-
Sonne voruͤberfliehen, keine Spur mehr auf der Erde davon. Was ihnen im Leben hei- lig war, hat mit dem Leben geendet; der Ehre allein, unter allem dieſer allein, ver- danken die Helden das Andenken ihrer Nach- kommen; ſie leben in den kuͤnftigen Zeital- tern fort, da Millionen neben ihnen unter- gehen … Nun ſo iſt es auch billig, daß ſie dem ſelbſtgeſchaffenen Goͤtzen vor allen Goͤttern Opfer bringen; dieſer macht ſie unſterblich, da alles, was die Natur in ihre Bruſt gepflanzt, mit ihnen untergeht!‟
Eduard trat zu ihm. „Sie ſind ſchon auf, Florentin! ich wollte Sie eben abholen, die an- dern ſind wahrſcheinlich ſchon im Gartenſaal. — Jch habe mich etwas zu lange in den Zimmern und Gaͤngen verweilt, um ſie zu betrachten. Die- ſes Schloß iſt ein vortreffliches Monument ſei- nes Jahrhunderts; mich freut es, daß es ſo wohl erhalten iſt, und ſo ganz ohne modernen Zuſatz. Es wundert mich um ſo mehr, da die uͤbrige Einrichtung im Ganzen nach dem jetzigen Ge- ſchmack mehr elegant und zierlich, als nach je-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0052"n="44"/>
Sonne voruͤberfliehen, keine Spur mehr auf<lb/>
der Erde davon. Was ihnen im Leben hei-<lb/>
lig war, hat mit dem Leben geendet; der<lb/>
Ehre allein, unter allem dieſer allein, ver-<lb/>
danken die Helden das Andenken ihrer Nach-<lb/>
kommen; ſie leben in den kuͤnftigen Zeital-<lb/>
tern fort, da Millionen neben ihnen unter-<lb/>
gehen … Nun ſo iſt es auch billig, daß ſie<lb/>
dem ſelbſtgeſchaffenen Goͤtzen vor allen Goͤttern<lb/>
Opfer bringen; dieſer macht ſie unſterblich, da<lb/>
alles, was die Natur in ihre Bruſt gepflanzt,<lb/>
mit ihnen untergeht!‟</p><lb/><p>Eduard trat zu ihm. „Sie ſind ſchon auf,<lb/>
Florentin! ich wollte Sie eben abholen, die an-<lb/>
dern ſind wahrſcheinlich ſchon im Gartenſaal. —<lb/>
Jch habe mich etwas zu lange in den Zimmern und<lb/>
Gaͤngen verweilt, um ſie zu betrachten. Die-<lb/>ſes Schloß iſt ein vortreffliches Monument ſei-<lb/>
nes Jahrhunderts; mich freut es, daß es ſo wohl<lb/>
erhalten iſt, und ſo ganz ohne modernen Zuſatz.<lb/>
Es wundert mich um ſo mehr, da die uͤbrige<lb/>
Einrichtung im Ganzen nach dem jetzigen Ge-<lb/>ſchmack mehr elegant und zierlich, als nach je-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[44/0052]
Sonne voruͤberfliehen, keine Spur mehr auf
der Erde davon. Was ihnen im Leben hei-
lig war, hat mit dem Leben geendet; der
Ehre allein, unter allem dieſer allein, ver-
danken die Helden das Andenken ihrer Nach-
kommen; ſie leben in den kuͤnftigen Zeital-
tern fort, da Millionen neben ihnen unter-
gehen … Nun ſo iſt es auch billig, daß ſie
dem ſelbſtgeſchaffenen Goͤtzen vor allen Goͤttern
Opfer bringen; dieſer macht ſie unſterblich, da
alles, was die Natur in ihre Bruſt gepflanzt,
mit ihnen untergeht!‟
Eduard trat zu ihm. „Sie ſind ſchon auf,
Florentin! ich wollte Sie eben abholen, die an-
dern ſind wahrſcheinlich ſchon im Gartenſaal. —
Jch habe mich etwas zu lange in den Zimmern und
Gaͤngen verweilt, um ſie zu betrachten. Die-
ſes Schloß iſt ein vortreffliches Monument ſei-
nes Jahrhunderts; mich freut es, daß es ſo wohl
erhalten iſt, und ſo ganz ohne modernen Zuſatz.
Es wundert mich um ſo mehr, da die uͤbrige
Einrichtung im Ganzen nach dem jetzigen Ge-
ſchmack mehr elegant und zierlich, als nach je-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/52>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.