zieht freylich, sagte Florentin, aber nicht den andern. -- Machen Sie meiner Liebe einen Vorwurf, unartiger Florentin? erwiederte Ju- liane. -- Nein, vielmehr spreche ich sie da- durch rein von einem Vorwurf, den man ihr allerdings machen könnte. -- Nun? -- Nun, daß Sie Eduard nicht besser erzogen haben. Denn er wird es doch nicht läugnen, daß er die Huldigungen Jhrer Eitelkeit mit noch weit größerer und sträflicherer Eitelkeit sich hat gefal- len lassen. Es ist in der That eine schwierige Untersuchung, wer von Jhnen beyden mehr Erziehung oder weniger Liebe hat. -- Trauen Sie sich zu, uns in beyden zu übertreffen? -- Jch, Jhr Guten, kann weder mein Leben, noch meine Liebe mit dem Kunstwerk der Erziehung vergleichen! --
Man kann nicht anders als sich für ihn in- teressiren, sagte Juliane, aber er ist doch zu sehr verschlossen gegen seine Freunde, es ist ihm auf keine Weise beyzukommen. -- Doch hat vielleicht niemand mehr als er die Fähig- keit, Freund zu seyn, sagte Eduard. Wissen
zieht freylich, ſagte Florentin, aber nicht den andern. — Machen Sie meiner Liebe einen Vorwurf, unartiger Florentin? erwiederte Ju- liane. — Nein, vielmehr ſpreche ich ſie da- durch rein von einem Vorwurf, den man ihr allerdings machen koͤnnte. — Nun? — Nun, daß Sie Eduard nicht beſſer erzogen haben. Denn er wird es doch nicht laͤugnen, daß er die Huldigungen Jhrer Eitelkeit mit noch weit groͤßerer und ſtraͤflicherer Eitelkeit ſich hat gefal- len laſſen. Es iſt in der That eine ſchwierige Unterſuchung, wer von Jhnen beyden mehr Erziehung oder weniger Liebe hat. — Trauen Sie ſich zu, uns in beyden zu uͤbertreffen? — Jch, Jhr Guten, kann weder mein Leben, noch meine Liebe mit dem Kunſtwerk der Erziehung vergleichen! —
Man kann nicht anders als ſich fuͤr ihn in- tereſſiren, ſagte Juliane, aber er iſt doch zu ſehr verſchloſſen gegen ſeine Freunde, es iſt ihm auf keine Weiſe beyzukommen. — Doch hat vielleicht niemand mehr als er die Faͤhig- keit, Freund zu ſeyn, ſagte Eduard. Wiſſen
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zieht freylich, ſagte Florentin, aber nicht den
andern. — Machen Sie meiner Liebe einen
Vorwurf, unartiger Florentin? erwiederte Ju-
liane. — Nein, vielmehr ſpreche ich ſie da-
durch rein von einem Vorwurf, den man ihr
allerdings machen koͤnnte. — Nun? — Nun,
daß Sie Eduard nicht beſſer erzogen haben.
Denn er wird es doch nicht laͤugnen, daß er
die Huldigungen Jhrer Eitelkeit mit noch weit
groͤßerer und ſtraͤflicherer Eitelkeit ſich hat gefal-
len laſſen. Es iſt in der That eine ſchwierige
Unterſuchung, wer von Jhnen beyden mehr
Erziehung oder weniger Liebe hat. — Trauen
Sie ſich zu, uns in beyden zu uͤbertreffen? —
Jch, Jhr Guten, kann weder mein Leben, noch
meine Liebe mit dem Kunſtwerk der Erziehung
vergleichen! —
Man kann nicht anders als ſich fuͤr ihn in-
tereſſiren, ſagte Juliane, aber er iſt doch zu
ſehr verſchloſſen gegen ſeine Freunde, es iſt
ihm auf keine Weiſe beyzukommen. — Doch
hat vielleicht niemand mehr als er die Faͤhig-
keit, Freund zu ſeyn, ſagte Eduard. Wiſſen
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/65>, abgerufen am 09.11.2024.
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