der er gehörigen Respekt hat. Mit uns An- dern schaltet er nach Belieben; wenn ich recht aufgebracht bin, und ihm stolz begeg- ne, so ist er im Stande, gar nicht einmal darauf zu merken. --
So schön hat ihn Betty gefunden? So schön als Eduard ist er auf keinen Fall, das meynt auch die Mutter, er ist auch nicht so groß und herrlich als Eduard; aber sein Bau ist fein, schlank, und dennoch kräftig. Er hat eine edle Physionomie, und überhaupt etwas interessantes; sein An- stand ist frey und kunstlos, manchmal sogar trotzig. Was ihn auszeichnet, ist ein ge- wisses, beynah verachtendes, Lächeln, das ihm um den Mund schwebt; aber der Mund ist doch hübsch, so wie auch sein Auge, das gewöhnlich fast ganz ohne Bedeutung, still und farblos, vor sich hin schaut, das aber helle Fun- ken sprüht bey einem Gespräch, das ihn interes- sirt, es wird dann sichtbar größer und dunk- ler. Er hat eine schöne helle Stirn, und es kleidet ihn gut, wenn er, wie er oft
der er gehoͤrigen Reſpekt hat. Mit uns An- dern ſchaltet er nach Belieben; wenn ich recht aufgebracht bin, und ihm ſtolz begeg- ne, ſo iſt er im Stande, gar nicht einmal darauf zu merken. —
So ſchoͤn hat ihn Betty gefunden? So ſchoͤn als Eduard iſt er auf keinen Fall, das meynt auch die Mutter, er iſt auch nicht ſo groß und herrlich als Eduard; aber ſein Bau iſt fein, ſchlank, und dennoch kraͤftig. Er hat eine edle Phyſionomie, und uͤberhaupt etwas intereſſantes; ſein An- ſtand iſt frey und kunſtlos, manchmal ſogar trotzig. Was ihn auszeichnet, iſt ein ge- wiſſes, beynah verachtendes, Laͤcheln, das ihm um den Mund ſchwebt; aber der Mund iſt doch huͤbſch, ſo wie auch ſein Auge, das gewoͤhnlich faſt ganz ohne Bedeutung, ſtill und farblos, vor ſich hin ſchaut, das aber helle Fun- ken ſpruͤht bey einem Geſpraͤch, das ihn intereſ- ſirt, es wird dann ſichtbar groͤßer und dunk- ler. Er hat eine ſchoͤne helle Stirn, und es kleidet ihn gut, wenn er, wie er oft
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0077"n="69"/>
der er gehoͤrigen Reſpekt hat. Mit uns An-<lb/>
dern ſchaltet er nach Belieben; wenn ich<lb/>
recht aufgebracht bin, und ihm ſtolz begeg-<lb/>
ne, ſo iſt er im Stande, gar nicht einmal<lb/>
darauf zu merken. —</p><lb/><p>So ſchoͤn hat ihn Betty gefunden? So<lb/>ſchoͤn als Eduard iſt er auf keinen Fall,<lb/>
das meynt auch die Mutter, er iſt auch<lb/>
nicht ſo groß und herrlich als Eduard; aber<lb/>ſein Bau iſt fein, ſchlank, und dennoch<lb/>
kraͤftig. Er hat eine edle Phyſionomie, und<lb/>
uͤberhaupt etwas intereſſantes; ſein An-<lb/>ſtand iſt frey und kunſtlos, manchmal ſogar<lb/>
trotzig. Was ihn auszeichnet, iſt ein ge-<lb/>
wiſſes, beynah verachtendes, Laͤcheln, das ihm<lb/>
um den Mund ſchwebt; aber der Mund iſt<lb/>
doch huͤbſch, ſo wie auch ſein Auge, das<lb/>
gewoͤhnlich faſt ganz ohne Bedeutung, ſtill und<lb/>
farblos, vor ſich hin ſchaut, das aber helle Fun-<lb/>
ken ſpruͤht bey einem Geſpraͤch, das ihn intereſ-<lb/>ſirt, es wird dann ſichtbar groͤßer und dunk-<lb/>
ler. Er hat eine ſchoͤne helle Stirn, und<lb/>
es kleidet ihn gut, wenn er, wie er oft<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[69/0077]
der er gehoͤrigen Reſpekt hat. Mit uns An-
dern ſchaltet er nach Belieben; wenn ich
recht aufgebracht bin, und ihm ſtolz begeg-
ne, ſo iſt er im Stande, gar nicht einmal
darauf zu merken. —
So ſchoͤn hat ihn Betty gefunden? So
ſchoͤn als Eduard iſt er auf keinen Fall,
das meynt auch die Mutter, er iſt auch
nicht ſo groß und herrlich als Eduard; aber
ſein Bau iſt fein, ſchlank, und dennoch
kraͤftig. Er hat eine edle Phyſionomie, und
uͤberhaupt etwas intereſſantes; ſein An-
ſtand iſt frey und kunſtlos, manchmal ſogar
trotzig. Was ihn auszeichnet, iſt ein ge-
wiſſes, beynah verachtendes, Laͤcheln, das ihm
um den Mund ſchwebt; aber der Mund iſt
doch huͤbſch, ſo wie auch ſein Auge, das
gewoͤhnlich faſt ganz ohne Bedeutung, ſtill und
farblos, vor ſich hin ſchaut, das aber helle Fun-
ken ſpruͤht bey einem Geſpraͤch, das ihn intereſ-
ſirt, es wird dann ſichtbar groͤßer und dunk-
ler. Er hat eine ſchoͤne helle Stirn, und
es kleidet ihn gut, wenn er, wie er oft
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/77>, abgerufen am 09.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.