Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.Draußen so heller Sonnenschein, Alter Mann, laß mich hinaus! Jch kann jetzt nicht geduldig seyn, Lernen und bleiben zu Haus. Mit lustigem Trompetenklang Ziehet die Reuterschaar dort, Mir ist im Zimmer hier so bang, Alter Mann, laß mich doch fort! Er bleibt ungerührt, Er hört mich nicht: "Erlaubt wird, was dir gebührt, Thust du erst deine Pflicht!" Pflicht ist des Alten streng Gebot; Ach, armes Kind! du kennst sie nicht, Du fühlst nur ungerechte Noth, Und Thränen netzen dein Gesicht. Wenn es dann längst vorüber ist, Wonach du trugst Verlangen, Dan[n] gönnt man dir zu spät die Frist, Wenn Klang und Schein vergangen! Draußen ſo heller Sonnenſchein, Alter Mann, laß mich hinaus! Jch kann jetzt nicht geduldig ſeyn, Lernen und bleiben zu Haus. Mit luſtigem Trompetenklang Ziehet die Reuterſchaar dort, Mir iſt im Zimmer hier ſo bang, Alter Mann, laß mich doch fort! Er bleibt ungeruͤhrt, Er hoͤrt mich nicht: „Erlaubt wird, was dir gebuͤhrt, Thuſt du erſt deine Pflicht!‟ Pflicht iſt des Alten ſtreng Gebot; Ach, armes Kind! du kennſt ſie nicht, Du fuͤhlſt nur ungerechte Noth, Und Thraͤnen netzen dein Geſicht. Wenn es dann laͤngſt voruͤber iſt, Wonach du trugſt Verlangen, Dan[n] goͤnnt man dir zu ſpaͤt die Friſt, Wenn Klang und Schein vergangen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0094" n="86"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Draußen ſo heller Sonnenſchein,</l><lb/> <l>Alter Mann, laß mich hinaus!</l><lb/> <l>Jch kann jetzt nicht geduldig ſeyn,</l><lb/> <l>Lernen und bleiben zu Haus.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Mit luſtigem Trompetenklang</l><lb/> <l>Ziehet die Reuterſchaar dort,</l><lb/> <l>Mir iſt im Zimmer hier ſo bang,</l><lb/> <l>Alter Mann, laß mich doch fort!</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Er bleibt ungeruͤhrt,</l><lb/> <l>Er hoͤrt mich nicht:</l><lb/> <l>„Erlaubt wird, was dir gebuͤhrt,</l><lb/> <l>Thuſt du erſt deine Pflicht!‟</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Pflicht iſt des Alten ſtreng Gebot;</l><lb/> <l>Ach, armes Kind! du kennſt ſie nicht,</l><lb/> <l>Du fuͤhlſt nur ungerechte Noth,</l><lb/> <l>Und Thraͤnen netzen dein Geſicht.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Wenn es dann laͤngſt voruͤber iſt,</l><lb/> <l>Wonach du trugſt Verlangen,</l><lb/> <l>Dan<supplied>n</supplied> goͤnnt man dir zu ſpaͤt die Friſt,</l><lb/> <l>Wenn Klang und Schein vergangen!</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [86/0094]
Draußen ſo heller Sonnenſchein,
Alter Mann, laß mich hinaus!
Jch kann jetzt nicht geduldig ſeyn,
Lernen und bleiben zu Haus.
Mit luſtigem Trompetenklang
Ziehet die Reuterſchaar dort,
Mir iſt im Zimmer hier ſo bang,
Alter Mann, laß mich doch fort!
Er bleibt ungeruͤhrt,
Er hoͤrt mich nicht:
„Erlaubt wird, was dir gebuͤhrt,
Thuſt du erſt deine Pflicht!‟
Pflicht iſt des Alten ſtreng Gebot;
Ach, armes Kind! du kennſt ſie nicht,
Du fuͤhlſt nur ungerechte Noth,
Und Thraͤnen netzen dein Geſicht.
Wenn es dann laͤngſt voruͤber iſt,
Wonach du trugſt Verlangen,
Dann goͤnnt man dir zu ſpaͤt die Friſt,
Wenn Klang und Schein vergangen!
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