Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.Achte Vorlesung. Brustaffectionen beobachtet werden, so überwiegend, dass manseit alter Zeit die Speckhaut als Crusta pleuritica bezeichnet hat, so scheint daraus mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit hervorzugehen, dass das Respirationsgeschäft einen bestimmten Einfluss hat auf das Vorkommen der fibrinogenen Substanz im Blute. Jedenfalls setzt sich die Eigenthümlichkeit, welche die Lymphe besitzt, unter Umständen auf das Blut fort, so dass entweder das ganze Blut daran Antheil nimmt und zwar um so mehr, je grössere Störungen die Respiration erleidet, oder dass neben dem gewöhnlichen, schnell gerinnenden Stoffe ein langsamer gerinnender gefunden wird. Oft bestehen nämlich zwei Arten von Gerinnung in demselben Blute neben einander, eine frühe und eine späte, namentlich in den Fällen, wo die directe Analyse eine Vermehrung des Faserstoffes, eine Hyperinose ergibt. Diese hyperinotischen Zustände scheinen also darauf hinzuführen, dass bei ihnen eine vermehrte Zufuhr von Lymphflüssigkeit zum Blute stattffndet, und dass die Stoffe, welche sich nachher im Blute finden, nicht ein Product innerer Umsetzung desselben sind, dass also in letzter Instanz die Quelle des Fibrins nicht im Blute selbst gesucht werden darf, sondern an jenen Punkten, von welchen die Lymphgefässe die vermehrte Fibrinmasse zu- führen. Zur Erklärung dieser Erscheinungen habe ich eine etwas Achte Vorlesung. Brustaffectionen beobachtet werden, so überwiegend, dass manseit alter Zeit die Speckhaut als Crusta pleuritica bezeichnet hat, so scheint daraus mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit hervorzugehen, dass das Respirationsgeschäft einen bestimmten Einfluss hat auf das Vorkommen der fibrinogenen Substanz im Blute. Jedenfalls setzt sich die Eigenthümlichkeit, welche die Lymphe besitzt, unter Umständen auf das Blut fort, so dass entweder das ganze Blut daran Antheil nimmt und zwar um so mehr, je grössere Störungen die Respiration erleidet, oder dass neben dem gewöhnlichen, schnell gerinnenden Stoffe ein langsamer gerinnender gefunden wird. Oft bestehen nämlich zwei Arten von Gerinnung in demselben Blute neben einander, eine frühe und eine späte, namentlich in den Fällen, wo die directe Analyse eine Vermehrung des Faserstoffes, eine Hyperinose ergibt. Diese hyperinotischen Zustände scheinen also darauf hinzuführen, dass bei ihnen eine vermehrte Zufuhr von Lymphflüssigkeit zum Blute stattffndet, und dass die Stoffe, welche sich nachher im Blute finden, nicht ein Product innerer Umsetzung desselben sind, dass also in letzter Instanz die Quelle des Fibrins nicht im Blute selbst gesucht werden darf, sondern an jenen Punkten, von welchen die Lymphgefässe die vermehrte Fibrinmasse zu- führen. Zur Erklärung dieser Erscheinungen habe ich eine etwas <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0168" n="146"/><fw place="top" type="header">Achte Vorlesung.</fw><lb/> Brustaffectionen beobachtet werden, so überwiegend, dass man<lb/> seit alter Zeit die Speckhaut als Crusta pleuritica bezeichnet<lb/> hat, so scheint daraus mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit<lb/> hervorzugehen, dass das Respirationsgeschäft einen bestimmten<lb/> Einfluss hat auf das Vorkommen der fibrinogenen Substanz<lb/> im Blute. Jedenfalls setzt sich die Eigenthümlichkeit, welche<lb/> die Lymphe besitzt, unter Umständen auf das Blut fort, so dass<lb/> entweder das ganze Blut daran Antheil nimmt und zwar um<lb/> so mehr, je grössere Störungen die Respiration erleidet, oder<lb/> dass neben dem gewöhnlichen, schnell gerinnenden Stoffe ein<lb/> langsamer gerinnender gefunden wird. Oft bestehen nämlich zwei<lb/> Arten von Gerinnung in demselben Blute neben einander, eine frühe<lb/> und eine späte, namentlich in den Fällen, wo die directe Analyse<lb/> eine Vermehrung des Faserstoffes, eine <hi rendition="#g">Hyperinose</hi> ergibt.<lb/> Diese hyperinotischen Zustände scheinen also darauf hinzuführen,<lb/> dass bei ihnen eine vermehrte Zufuhr von Lymphflüssigkeit zum<lb/> Blute stattffndet, und dass die Stoffe, welche sich nachher im<lb/> Blute finden, nicht ein Product innerer Umsetzung desselben sind,<lb/> dass also in letzter Instanz die Quelle des Fibrins nicht im<lb/> Blute selbst gesucht werden darf, sondern an jenen Punkten,<lb/> von welchen die Lymphgefässe die vermehrte Fibrinmasse zu-<lb/> führen.</p><lb/> <p>Zur Erklärung dieser Erscheinungen habe ich eine etwas<lb/> kühne Hypothese gewagt, welche ich jedoch für vollkommen<lb/> discussionsfähig erachte, nämlich die, dass <hi rendition="#g">das Fibrin über-<lb/> haupt, wo es im Körper ausserhalb des Blutes vor-<lb/> kommt, nicht als eine Abscheidung aus dem Blute zu<lb/> betrachten ist, sondern als ein Local-Erzeugniss</hi>, und<lb/> ich habe versucht, eine wesentliche Veränderung in der Auf-<lb/> fassung der sogenannten phlogistischen Krase in Beziehung auf<lb/> die Localisation derselben einzuführen. Während man früher ge-<lb/> wöhnt war, die veränderte Mischung des Blutes bei der Entzündung<lb/> als ein von vorn herein bestehendes und namentlich durch eine pri-<lb/> märe Vermehrung des Faserstoffes constituirtes Moment zu be-<lb/> trachten, so habe ich vielmehr die Krase als ein von der localen<lb/> Entzündung abhängiges Ereigniss entwickelt. Gewisse Organe<lb/> und Gewebe besitzen an sich in grösserer Ausdehnung die<lb/> Eigenschaft, Fibrin zu erzeugen und das Vorkommen von<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [146/0168]
Achte Vorlesung.
Brustaffectionen beobachtet werden, so überwiegend, dass man
seit alter Zeit die Speckhaut als Crusta pleuritica bezeichnet
hat, so scheint daraus mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit
hervorzugehen, dass das Respirationsgeschäft einen bestimmten
Einfluss hat auf das Vorkommen der fibrinogenen Substanz
im Blute. Jedenfalls setzt sich die Eigenthümlichkeit, welche
die Lymphe besitzt, unter Umständen auf das Blut fort, so dass
entweder das ganze Blut daran Antheil nimmt und zwar um
so mehr, je grössere Störungen die Respiration erleidet, oder
dass neben dem gewöhnlichen, schnell gerinnenden Stoffe ein
langsamer gerinnender gefunden wird. Oft bestehen nämlich zwei
Arten von Gerinnung in demselben Blute neben einander, eine frühe
und eine späte, namentlich in den Fällen, wo die directe Analyse
eine Vermehrung des Faserstoffes, eine Hyperinose ergibt.
Diese hyperinotischen Zustände scheinen also darauf hinzuführen,
dass bei ihnen eine vermehrte Zufuhr von Lymphflüssigkeit zum
Blute stattffndet, und dass die Stoffe, welche sich nachher im
Blute finden, nicht ein Product innerer Umsetzung desselben sind,
dass also in letzter Instanz die Quelle des Fibrins nicht im
Blute selbst gesucht werden darf, sondern an jenen Punkten,
von welchen die Lymphgefässe die vermehrte Fibrinmasse zu-
führen.
Zur Erklärung dieser Erscheinungen habe ich eine etwas
kühne Hypothese gewagt, welche ich jedoch für vollkommen
discussionsfähig erachte, nämlich die, dass das Fibrin über-
haupt, wo es im Körper ausserhalb des Blutes vor-
kommt, nicht als eine Abscheidung aus dem Blute zu
betrachten ist, sondern als ein Local-Erzeugniss, und
ich habe versucht, eine wesentliche Veränderung in der Auf-
fassung der sogenannten phlogistischen Krase in Beziehung auf
die Localisation derselben einzuführen. Während man früher ge-
wöhnt war, die veränderte Mischung des Blutes bei der Entzündung
als ein von vorn herein bestehendes und namentlich durch eine pri-
märe Vermehrung des Faserstoffes constituirtes Moment zu be-
trachten, so habe ich vielmehr die Krase als ein von der localen
Entzündung abhängiges Ereigniss entwickelt. Gewisse Organe
und Gewebe besitzen an sich in grösserer Ausdehnung die
Eigenschaft, Fibrin zu erzeugen und das Vorkommen von
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |