grossen Massen von Fibrin im Blut zu begünstigen, während andere Organe ungleich weniger dazu geeignet sind.
Ich habe ferner darauf hingewiesen, dass diejenigen Or- gane, welche diesen eigenthümlichen Zusammenhang eines so- genannten phlogistischen Blutes mit einer localen Entzündung besonders häufig darbieten, im Allgemeinen mit Lymphgefässen reichlich versehen sind und mit grossen Massen von Lymphdrüsen in Verbindung stehen, während alle diejenigen Organe, welche entweder sehr wenig Lymphgefässe enthalten, oder in welchen wir kaum Lymphgefässe kennen, auch einen nicht nennens- werthen Einfluss auf die fibrinöse Mischung des Blutes ausüben. Es haben schon frühere Beobachter bemerkt, dass es Entzün- dungen sehr wichtiger Organe gibt, z. B. des Gehirns, bei denen man eigentlich die phlogistische Krase nicht findet. Aber gerade im Gehirn kennen wir kaum Lymphgefässe. Wo dagegen die Mischung des Blutes am frühesten verän- dert wird, bei den Erkrankungen der Respirationsorgane, da findet sich auch ein ungewöhnlich reichliches Lymphnetz. Nicht bloss die Lungen sind davon durchsetzt und überzogen, sondern auch die Pleura hat ausserordentlich reiche Verbin- dungen mit dem Lymphsystem, und die Bronchialdrüsen stel- len fast die grössten Anhäufungen von Lymphdrüsen-Masse dar, die irgend ein Organ des Körpers überhaupt besitzt.
Andererseits kennen wir keine Thatsache, welche die Mög- lichkeit zeigte, dass unter einfacher Steigerung des Blutdruckes oder unter einfacher Veränderung der Bedingungen, unter de- nen das Blut strömt, in diesen Organen ein Durchtreten fibri- nöser Flüssigkeiten vom Blute her in das Parenchym oder auf die Oberfläche derselben erfolgen könnte. Man denkt sich allerdings in der Regel, dass im Verhältniss zur Stromstärke des Blutes auch eine Modification des Exsudates stattfinde, aber dies ist nie durch ein Experiment bewiesen worden. Nie- mals ist Jemand im Stande gewesen, durch blosse Veränderung in der Strömung des Blutes das Fibrin zu einer directen Trans- sudation in Form eines entzündlichen Prozesses zu vermögen; dazu bedürfen wir immer eines Reizes. Sie können die be- trächtlichsten Hemmungen im Circulationsgeschäft herbeiführen,
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Oertliche Bildung des Fibrins.
grossen Massen von Fibrin im Blut zu begünstigen, während andere Organe ungleich weniger dazu geeignet sind.
Ich habe ferner darauf hingewiesen, dass diejenigen Or- gane, welche diesen eigenthümlichen Zusammenhang eines so- genannten phlogistischen Blutes mit einer localen Entzündung besonders häufig darbieten, im Allgemeinen mit Lymphgefässen reichlich versehen sind und mit grossen Massen von Lymphdrüsen in Verbindung stehen, während alle diejenigen Organe, welche entweder sehr wenig Lymphgefässe enthalten, oder in welchen wir kaum Lymphgefässe kennen, auch einen nicht nennens- werthen Einfluss auf die fibrinöse Mischung des Blutes ausüben. Es haben schon frühere Beobachter bemerkt, dass es Entzün- dungen sehr wichtiger Organe gibt, z. B. des Gehirns, bei denen man eigentlich die phlogistische Krase nicht findet. Aber gerade im Gehirn kennen wir kaum Lymphgefässe. Wo dagegen die Mischung des Blutes am frühesten verän- dert wird, bei den Erkrankungen der Respirationsorgane, da findet sich auch ein ungewöhnlich reichliches Lymphnetz. Nicht bloss die Lungen sind davon durchsetzt und überzogen, sondern auch die Pleura hat ausserordentlich reiche Verbin- dungen mit dem Lymphsystem, und die Bronchialdrüsen stel- len fast die grössten Anhäufungen von Lymphdrüsen-Masse dar, die irgend ein Organ des Körpers überhaupt besitzt.
Andererseits kennen wir keine Thatsache, welche die Mög- lichkeit zeigte, dass unter einfacher Steigerung des Blutdruckes oder unter einfacher Veränderung der Bedingungen, unter de- nen das Blut strömt, in diesen Organen ein Durchtreten fibri- nöser Flüssigkeiten vom Blute her in das Parenchym oder auf die Oberfläche derselben erfolgen könnte. Man denkt sich allerdings in der Regel, dass im Verhältniss zur Stromstärke des Blutes auch eine Modification des Exsudates stattfinde, aber dies ist nie durch ein Experiment bewiesen worden. Nie- mals ist Jemand im Stande gewesen, durch blosse Veränderung in der Strömung des Blutes das Fibrin zu einer directen Trans- sudation in Form eines entzündlichen Prozesses zu vermögen; dazu bedürfen wir immer eines Reizes. Sie können die be- trächtlichsten Hemmungen im Circulationsgeschäft herbeiführen,
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Oertliche Bildung des Fibrins.
grossen Massen von Fibrin im Blut zu begünstigen, während
andere Organe ungleich weniger dazu geeignet sind.
Ich habe ferner darauf hingewiesen, dass diejenigen Or-
gane, welche diesen eigenthümlichen Zusammenhang eines so-
genannten phlogistischen Blutes mit einer localen Entzündung
besonders häufig darbieten, im Allgemeinen mit Lymphgefässen
reichlich versehen sind und mit grossen Massen von Lymphdrüsen
in Verbindung stehen, während alle diejenigen Organe, welche
entweder sehr wenig Lymphgefässe enthalten, oder in welchen
wir kaum Lymphgefässe kennen, auch einen nicht nennens-
werthen Einfluss auf die fibrinöse Mischung des Blutes ausüben.
Es haben schon frühere Beobachter bemerkt, dass es Entzün-
dungen sehr wichtiger Organe gibt, z. B. des Gehirns, bei
denen man eigentlich die phlogistische Krase nicht findet.
Aber gerade im Gehirn kennen wir kaum Lymphgefässe.
Wo dagegen die Mischung des Blutes am frühesten verän-
dert wird, bei den Erkrankungen der Respirationsorgane, da
findet sich auch ein ungewöhnlich reichliches Lymphnetz.
Nicht bloss die Lungen sind davon durchsetzt und überzogen,
sondern auch die Pleura hat ausserordentlich reiche Verbin-
dungen mit dem Lymphsystem, und die Bronchialdrüsen stel-
len fast die grössten Anhäufungen von Lymphdrüsen-Masse
dar, die irgend ein Organ des Körpers überhaupt besitzt.
Andererseits kennen wir keine Thatsache, welche die Mög-
lichkeit zeigte, dass unter einfacher Steigerung des Blutdruckes
oder unter einfacher Veränderung der Bedingungen, unter de-
nen das Blut strömt, in diesen Organen ein Durchtreten fibri-
nöser Flüssigkeiten vom Blute her in das Parenchym oder auf
die Oberfläche derselben erfolgen könnte. Man denkt sich
allerdings in der Regel, dass im Verhältniss zur Stromstärke
des Blutes auch eine Modification des Exsudates stattfinde,
aber dies ist nie durch ein Experiment bewiesen worden. Nie-
mals ist Jemand im Stande gewesen, durch blosse Veränderung
in der Strömung des Blutes das Fibrin zu einer directen Trans-
sudation in Form eines entzündlichen Prozesses zu vermögen;
dazu bedürfen wir immer eines Reizes. Sie können die be-
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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/169>, abgerufen am 21.11.2024.
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