Neunte Vorlesung. 13. März 1858. Pyämie und Leukocytose.
Vergleich der farblosen Blut- und Eiterkörperchen. Die physiologische Eiterresorption: die unvollständige (Inspissation, käsige Umwandlung) und die vollständige (Fettmetamorphose, milchige Umwandlung). Intravasation von Eiter. Eiter in Lymphgefässen. Die Hemmung der Stoffe in den Lymphdrüsen. Mechanische Tren- nung (Filtration): Tätowirungsfarben. Chemische Trennung (Attraction): Krebs, Syphilis. Die Reizung der Lymphdrüsen und ihre Bedeutung für die Leukocytose. Die (physiologische) digestive und puerperale Leukocytose. Die pathologische Leukocytose (Skrophulose, Typhus, Krebs, Erysipel). Die lymphoiden Apparate: Solitäre und Peyersche Follikel des Darms. Tonsillen und Zungen- follikel. Thymus. Milz. Völlige Zurückweisung der Pyämie als einer morphologisch nachweisbaren Dyscrasie.
Vom praktischen Gesichtspunkte aus schliesst sich an die zuletzt betrachteten Veränderungen mit eindringlicher Nothwen- digkeit die Frage von der Pyämie an, und da dies ein Ge- genstand ist, welcher noch immer zu den am meisten streitigen zu rechnen ist, so erlauben Sie wohl, dass ich specieller darauf eingehe.
Was soll man unter Pyämie verstehen? In der Regel hat man sich gedacht, dass dies ein Zustand sei, wo das Blut Eiter enthalte, und da wir den Eiter wesentlich durch seine morphologischen Bestandtheile charakterisiren, so handelt es sich natürlich darum, dass im Blute die Eiterkörperchen gezeigt würden. Nachdem wir aber erfahren haben, dass die farblo- losen Blutkörperchen in ihrer gewöhnlichen Erscheinung, wie sie sich bei Leuten im besten Gesundheitszustande wahrneh- men lassen, den Eiterkörperchen ganz ähnlich sind (S. 135),
Neunte Vorlesung. 13. März 1858. Pyämie und Leukocytose.
Vergleich der farblosen Blut- und Eiterkörperchen. Die physiologische Eiterresorption: die unvollständige (Inspissation, käsige Umwandlung) und die vollständige (Fettmetamorphose, milchige Umwandlung). Intravasation von Eiter. Eiter in Lymphgefässen. Die Hemmung der Stoffe in den Lymphdrüsen. Mechanische Tren- nung (Filtration): Tätowirungsfarben. Chemische Trennung (Attraction): Krebs, Syphilis. Die Reizung der Lymphdrüsen und ihre Bedeutung für die Leukocytose. Die (physiologische) digestive und puerperale Leukocytose. Die pathologische Leukocytose (Skrophulose, Typhus, Krebs, Erysipel). Die lymphoiden Apparate: Solitäre und Peyersche Follikel des Darms. Tonsillen und Zungen- follikel. Thymus. Milz. Völlige Zurückweisung der Pyämie als einer morphologisch nachweisbaren Dyscrasie.
Vom praktischen Gesichtspunkte aus schliesst sich an die zuletzt betrachteten Veränderungen mit eindringlicher Nothwen- digkeit die Frage von der Pyämie an, und da dies ein Ge- genstand ist, welcher noch immer zu den am meisten streitigen zu rechnen ist, so erlauben Sie wohl, dass ich specieller darauf eingehe.
Was soll man unter Pyämie verstehen? In der Regel hat man sich gedacht, dass dies ein Zustand sei, wo das Blut Eiter enthalte, und da wir den Eiter wesentlich durch seine morphologischen Bestandtheile charakterisiren, so handelt es sich natürlich darum, dass im Blute die Eiterkörperchen gezeigt würden. Nachdem wir aber erfahren haben, dass die farblo- losen Blutkörperchen in ihrer gewöhnlichen Erscheinung, wie sie sich bei Leuten im besten Gesundheitszustande wahrneh- men lassen, den Eiterkörperchen ganz ähnlich sind (S. 135),
<TEI><text><body><pbfacs="#f0181"n="[159]"/><divn="1"><head><hirendition="#b">Neunte Vorlesung.<lb/>
13. März 1858.<lb/>
Pyämie und Leukocytose.</hi></head><lb/><argument><p>Vergleich der farblosen Blut- und Eiterkörperchen. Die physiologische Eiterresorption: die<lb/>
unvollständige (Inspissation, käsige Umwandlung) und die vollständige (Fettmetamorphose,<lb/>
milchige Umwandlung). Intravasation von Eiter.<lb/>
Eiter in Lymphgefässen. Die Hemmung der Stoffe in den Lymphdrüsen. Mechanische Tren-<lb/>
nung (Filtration): Tätowirungsfarben. Chemische Trennung (Attraction): Krebs, Syphilis.<lb/>
Die Reizung der Lymphdrüsen und ihre Bedeutung für die Leukocytose.<lb/>
Die (physiologische) digestive und puerperale Leukocytose. Die pathologische Leukocytose<lb/>
(Skrophulose, Typhus, Krebs, Erysipel).<lb/>
Die lymphoiden Apparate: Solitäre und Peyersche Follikel des Darms. Tonsillen und Zungen-<lb/>
follikel. Thymus. Milz.<lb/>
Völlige Zurückweisung der Pyämie als einer morphologisch nachweisbaren Dyscrasie.</p></argument><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">V</hi>om praktischen Gesichtspunkte aus schliesst sich an die<lb/>
zuletzt betrachteten Veränderungen mit eindringlicher Nothwen-<lb/>
digkeit die Frage von der <hirendition="#g">Pyämie</hi> an, und da dies ein Ge-<lb/>
genstand ist, welcher noch immer zu den am meisten streitigen<lb/>
zu rechnen ist, so erlauben Sie wohl, dass ich specieller darauf<lb/>
eingehe.</p><lb/><p>Was soll man unter Pyämie verstehen? In der Regel hat<lb/>
man sich gedacht, dass dies ein Zustand sei, wo das Blut<lb/>
Eiter enthalte, und da wir den Eiter wesentlich durch seine<lb/>
morphologischen Bestandtheile charakterisiren, so handelt es sich<lb/>
natürlich darum, dass im Blute die Eiterkörperchen gezeigt<lb/>
würden. Nachdem wir aber erfahren haben, dass die farblo-<lb/>
losen Blutkörperchen in ihrer gewöhnlichen Erscheinung, wie<lb/>
sie sich bei Leuten im besten Gesundheitszustande wahrneh-<lb/>
men lassen, den Eiterkörperchen ganz ähnlich sind (S. 135),<lb/></p></div></body></text></TEI>
[[159]/0181]
Neunte Vorlesung.
13. März 1858.
Pyämie und Leukocytose.
Vergleich der farblosen Blut- und Eiterkörperchen. Die physiologische Eiterresorption: die
unvollständige (Inspissation, käsige Umwandlung) und die vollständige (Fettmetamorphose,
milchige Umwandlung). Intravasation von Eiter.
Eiter in Lymphgefässen. Die Hemmung der Stoffe in den Lymphdrüsen. Mechanische Tren-
nung (Filtration): Tätowirungsfarben. Chemische Trennung (Attraction): Krebs, Syphilis.
Die Reizung der Lymphdrüsen und ihre Bedeutung für die Leukocytose.
Die (physiologische) digestive und puerperale Leukocytose. Die pathologische Leukocytose
(Skrophulose, Typhus, Krebs, Erysipel).
Die lymphoiden Apparate: Solitäre und Peyersche Follikel des Darms. Tonsillen und Zungen-
follikel. Thymus. Milz.
Völlige Zurückweisung der Pyämie als einer morphologisch nachweisbaren Dyscrasie.
Vom praktischen Gesichtspunkte aus schliesst sich an die
zuletzt betrachteten Veränderungen mit eindringlicher Nothwen-
digkeit die Frage von der Pyämie an, und da dies ein Ge-
genstand ist, welcher noch immer zu den am meisten streitigen
zu rechnen ist, so erlauben Sie wohl, dass ich specieller darauf
eingehe.
Was soll man unter Pyämie verstehen? In der Regel hat
man sich gedacht, dass dies ein Zustand sei, wo das Blut
Eiter enthalte, und da wir den Eiter wesentlich durch seine
morphologischen Bestandtheile charakterisiren, so handelt es sich
natürlich darum, dass im Blute die Eiterkörperchen gezeigt
würden. Nachdem wir aber erfahren haben, dass die farblo-
losen Blutkörperchen in ihrer gewöhnlichen Erscheinung, wie
sie sich bei Leuten im besten Gesundheitszustande wahrneh-
men lassen, den Eiterkörperchen ganz ähnlich sind (S. 135),
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. [159]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/181>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.