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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Tätowirungsfarben in Lymphdrüsen.
Weise den Punkt getroffen, wo das Lymphgefäss in die Drüse
eintritt, und von wo es innerhalb der Bindegewebsbalken, welche
sich von der Capsel aus zwischen die Follikel erstrecken, schrauben-
förmig fortgeht, um sich in seine Aeste aufzulösen. Da, wo diese in
die benachbarten, hier freilich zum grossen Theile mit Binde-
gewebe erfüllten Follikel übergehen, haben sie die ganze
Masse des Zinnobers ausgeschüttet, so dass dieser noch zum
Theil innerhalb der Zwischenbalken liegt, zum Theil jedoch in
das feine Reticulum des Follikels eingedrungen ist. Das Prä-
[Abbildung] Fig. 68.
parat stammt von dem Arme eines Sol-
daten, der sich in den Feldzügen von
1809 die Figuren hat einreiben lassen,
so dass die Masse fast 50 Jahre lang
liegen geblieben ist. Weiter als bis hier-
her ist nichts gekommen; schon die
nächste Follikelschicht enthält nichts mehr.
Die Partikelchen sind aber so klein, und
der Mehrzahl nach selbst im Verhältnisse
zu den Zellen der Drüse so gering, dass sie mit Eiterkörper-
chen gar nicht verglichen werden können. Wo aber diese
Körnchen nicht durchgehen, wo so minimale Partikelchen eine
Verstopfung machen, da würde es etwas kühn sein, zu denken,
dass die relativ grossen Eiterkörperchen durchkommen könnten.

Diese Einrichtung, meine Herren, wodurch in den
Lymphdrüsen der offene Strom der Flüssigkeit unterbrochen
und die gröberen Partikelchen in einer ganz mechanischen
Weise zurückgehalten werden, lässt begreiflicher Weise keine
andere Form der Lymphresorption von der Peripherie herzu, als
die von einfachen Flüssigkeiten. Freilich würde man falsch
gehen, wenn man die Thätigkeit der Lymphdrüsen darauf be-
schränken wollte, dass sie, wie Filtren, zwischen die Abschnitte
des Lymphsystems eingeschoben sind. Offenbar haben sie
noch eine andere Bedeutung, indem die Drüsensubstanz un-

[Abbildung] Fig. 68.

Das mit Zinnober, nach Tätowirung des Armes, gefüllte
Reticulum aus einer Axillardrüse (Fig. 67.). a ein Theil eines interfolli-
culären Balkens mit einem Lymphgefässe; b ein in den Follikel treten-
der, stärkerer Ast; c, c die feinsten, anastomosirenden, noch kernhaltigen
Netze des Reticulums; die dunklen Körner sind Zinnoberpartikelchen.
Vergr. 300.

Tätowirungsfarben in Lymphdrüsen.
Weise den Punkt getroffen, wo das Lymphgefäss in die Drüse
eintritt, und von wo es innerhalb der Bindegewebsbalken, welche
sich von der Capsel aus zwischen die Follikel erstrecken, schrauben-
förmig fortgeht, um sich in seine Aeste aufzulösen. Da, wo diese in
die benachbarten, hier freilich zum grossen Theile mit Binde-
gewebe erfüllten Follikel übergehen, haben sie die ganze
Masse des Zinnobers ausgeschüttet, so dass dieser noch zum
Theil innerhalb der Zwischenbalken liegt, zum Theil jedoch in
das feine Reticulum des Follikels eingedrungen ist. Das Prä-
[Abbildung] Fig. 68.
parat stammt von dem Arme eines Sol-
daten, der sich in den Feldzügen von
1809 die Figuren hat einreiben lassen,
so dass die Masse fast 50 Jahre lang
liegen geblieben ist. Weiter als bis hier-
her ist nichts gekommen; schon die
nächste Follikelschicht enthält nichts mehr.
Die Partikelchen sind aber so klein, und
der Mehrzahl nach selbst im Verhältnisse
zu den Zellen der Drüse so gering, dass sie mit Eiterkörper-
chen gar nicht verglichen werden können. Wo aber diese
Körnchen nicht durchgehen, wo so minimale Partikelchen eine
Verstopfung machen, da würde es etwas kühn sein, zu denken,
dass die relativ grossen Eiterkörperchen durchkommen könnten.

Diese Einrichtung, meine Herren, wodurch in den
Lymphdrüsen der offene Strom der Flüssigkeit unterbrochen
und die gröberen Partikelchen in einer ganz mechanischen
Weise zurückgehalten werden, lässt begreiflicher Weise keine
andere Form der Lymphresorption von der Peripherie herzu, als
die von einfachen Flüssigkeiten. Freilich würde man falsch
gehen, wenn man die Thätigkeit der Lymphdrüsen darauf be-
schränken wollte, dass sie, wie Filtren, zwischen die Abschnitte
des Lymphsystems eingeschoben sind. Offenbar haben sie
noch eine andere Bedeutung, indem die Drüsensubstanz un-

[Abbildung] Fig. 68.

Das mit Zinnober, nach Tätowirung des Armes, gefüllte
Reticulum aus einer Axillardrüse (Fig. 67.). a ein Theil eines interfolli-
culären Balkens mit einem Lymphgefässe; b ein in den Follikel treten-
der, stärkerer Ast; c, c die feinsten, anastomosirenden, noch kernhaltigen
Netze des Reticulums; die dunklen Körner sind Zinnoberpartikelchen.
Vergr. 300.

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[167/0189] Tätowirungsfarben in Lymphdrüsen. Weise den Punkt getroffen, wo das Lymphgefäss in die Drüse eintritt, und von wo es innerhalb der Bindegewebsbalken, welche sich von der Capsel aus zwischen die Follikel erstrecken, schrauben- förmig fortgeht, um sich in seine Aeste aufzulösen. Da, wo diese in die benachbarten, hier freilich zum grossen Theile mit Binde- gewebe erfüllten Follikel übergehen, haben sie die ganze Masse des Zinnobers ausgeschüttet, so dass dieser noch zum Theil innerhalb der Zwischenbalken liegt, zum Theil jedoch in das feine Reticulum des Follikels eingedrungen ist. Das Prä- [Abbildung Fig. 68.] parat stammt von dem Arme eines Sol- daten, der sich in den Feldzügen von 1809 die Figuren hat einreiben lassen, so dass die Masse fast 50 Jahre lang liegen geblieben ist. Weiter als bis hier- her ist nichts gekommen; schon die nächste Follikelschicht enthält nichts mehr. Die Partikelchen sind aber so klein, und der Mehrzahl nach selbst im Verhältnisse zu den Zellen der Drüse so gering, dass sie mit Eiterkörper- chen gar nicht verglichen werden können. Wo aber diese Körnchen nicht durchgehen, wo so minimale Partikelchen eine Verstopfung machen, da würde es etwas kühn sein, zu denken, dass die relativ grossen Eiterkörperchen durchkommen könnten. Diese Einrichtung, meine Herren, wodurch in den Lymphdrüsen der offene Strom der Flüssigkeit unterbrochen und die gröberen Partikelchen in einer ganz mechanischen Weise zurückgehalten werden, lässt begreiflicher Weise keine andere Form der Lymphresorption von der Peripherie herzu, als die von einfachen Flüssigkeiten. Freilich würde man falsch gehen, wenn man die Thätigkeit der Lymphdrüsen darauf be- schränken wollte, dass sie, wie Filtren, zwischen die Abschnitte des Lymphsystems eingeschoben sind. Offenbar haben sie noch eine andere Bedeutung, indem die Drüsensubstanz un- [Abbildung Fig. 68. Das mit Zinnober, nach Tätowirung des Armes, gefüllte Reticulum aus einer Axillardrüse (Fig. 67.). a ein Theil eines interfolli- culären Balkens mit einem Lymphgefässe; b ein in den Follikel treten- der, stärkerer Ast; c, c die feinsten, anastomosirenden, noch kernhaltigen Netze des Reticulums; die dunklen Körner sind Zinnoberpartikelchen. Vergr. 300.]

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/189>, abgerufen am 21.11.2024.