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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Pigmint der Ganglienzellen.
sich eine durchscheinende Grundsubstanz, welche mit vielen
feineren Gefässen durchsetzt ist und je nach der Füllung der-
selben bald mehr grauroth, bald mehr weissgrau erscheint.
Andererseits kommt es häufig vor, dass, wo Ganglienzellen
liegen, die Substanz gerade nicht grau aussieht, sondern eine
positive Farbe hat, die zwischen bräunlichgelb und schwarz-
braun schwankt. So haben wir an dem Gehirne Stellen, wel-
che schon seit alter Zeit unter dem Namen der Substantia
nigra, fusca u. s. w. bekannt sind, an welchen die schwarze
oder braune Farbe, die wir mit blossem Auge wahrnehmen,
den Ganglienzellen als eigentlich gefärbten Punkten anhaftet.

Diese Färbung findet sich erst im Laufe der Jahre ein.
Je älter ein Individuum wird, um so stärker treten die Farben
hervor; jedoch scheinen unter Umständen auch pathologische
Prozesse den Eintritt derselben zu beschleunigen. So ist es
an den Ganglien des Sympathicus eine auffallende Erschei-
nung, dass gewisse Krankheitsprozesse, z. B. die typhösen,
einen wirksamen Einfluss auf die frühe Pigmentirung zu üben
scheinen. Da aber das Pigment etwas relativ Fremdartiges
in der inneren Zusammensetzung der Zelle darstellt, welches,
soviel wir wissen, nicht für die eigentliche Function dienstbar
ist, sondern als ein träges Accidens auftritt, so dürfte es in
der That wohl möglich sein, dass man diese Zustände als eine
Art von vorzeitigem Altern der Ganglien zu betrachten hat.
In diesen Fällen unterscheidet man an der Ganglienzelle (Fig.

[Abbildung] Fig. 88.
88, a) ausser dem sehr deutlichen,
grossen Kerne mit seinem grossen,
glänzenden Kernkörperchen den
eigentlichen Inhalt, welcher aus
einer feinkörnigen Grundsubstanz
besteht und welcher an einer ge-
wissen Stelle das gewöhnlich ex-
centrisch, zuweilen rings um den
[Abbildung] Fig. 88.

Elemente aus dem Ganglion Gasseri. a Ganglienzelle mit
kernreicher Scheide, die sich um den abgehenden Nervenfortsatz er-
streckt; im Innern der grosse, klare Kern mit Kernkörperchen und um
ihn Pigmentanhäufung. b Isolirte Ganglienzelle mit dem an sie heran-
tretenden blassen Fortsatz. c Feinere Nervenfaser mit blassem Axency-
linder. Vergr. 300.

Pigmint der Ganglienzellen.
sich eine durchscheinende Grundsubstanz, welche mit vielen
feineren Gefässen durchsetzt ist und je nach der Füllung der-
selben bald mehr grauroth, bald mehr weissgrau erscheint.
Andererseits kommt es häufig vor, dass, wo Ganglienzellen
liegen, die Substanz gerade nicht grau aussieht, sondern eine
positive Farbe hat, die zwischen bräunlichgelb und schwarz-
braun schwankt. So haben wir an dem Gehirne Stellen, wel-
che schon seit alter Zeit unter dem Namen der Substantia
nigra, fusca u. s. w. bekannt sind, an welchen die schwarze
oder braune Farbe, die wir mit blossem Auge wahrnehmen,
den Ganglienzellen als eigentlich gefärbten Punkten anhaftet.

Diese Färbung findet sich erst im Laufe der Jahre ein.
Je älter ein Individuum wird, um so stärker treten die Farben
hervor; jedoch scheinen unter Umständen auch pathologische
Prozesse den Eintritt derselben zu beschleunigen. So ist es
an den Ganglien des Sympathicus eine auffallende Erschei-
nung, dass gewisse Krankheitsprozesse, z. B. die typhösen,
einen wirksamen Einfluss auf die frühe Pigmentirung zu üben
scheinen. Da aber das Pigment etwas relativ Fremdartiges
in der inneren Zusammensetzung der Zelle darstellt, welches,
soviel wir wissen, nicht für die eigentliche Function dienstbar
ist, sondern als ein träges Accidens auftritt, so dürfte es in
der That wohl möglich sein, dass man diese Zustände als eine
Art von vorzeitigem Altern der Ganglien zu betrachten hat.
In diesen Fällen unterscheidet man an der Ganglienzelle (Fig.

[Abbildung] Fig. 88.
88, a) ausser dem sehr deutlichen,
grossen Kerne mit seinem grossen,
glänzenden Kernkörperchen den
eigentlichen Inhalt, welcher aus
einer feinkörnigen Grundsubstanz
besteht und welcher an einer ge-
wissen Stelle das gewöhnlich ex-
centrisch, zuweilen rings um den
[Abbildung] Fig. 88.

Elemente aus dem Ganglion Gasseri. a Ganglienzelle mit
kernreicher Scheide, die sich um den abgehenden Nervenfortsatz er-
streckt; im Innern der grosse, klare Kern mit Kernkörperchen und um
ihn Pigmentanhäufung. b Isolirte Ganglienzelle mit dem an sie heran-
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linder. Vergr. 300.

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[231/0253] Pigmint der Ganglienzellen. sich eine durchscheinende Grundsubstanz, welche mit vielen feineren Gefässen durchsetzt ist und je nach der Füllung der- selben bald mehr grauroth, bald mehr weissgrau erscheint. Andererseits kommt es häufig vor, dass, wo Ganglienzellen liegen, die Substanz gerade nicht grau aussieht, sondern eine positive Farbe hat, die zwischen bräunlichgelb und schwarz- braun schwankt. So haben wir an dem Gehirne Stellen, wel- che schon seit alter Zeit unter dem Namen der Substantia nigra, fusca u. s. w. bekannt sind, an welchen die schwarze oder braune Farbe, die wir mit blossem Auge wahrnehmen, den Ganglienzellen als eigentlich gefärbten Punkten anhaftet. Diese Färbung findet sich erst im Laufe der Jahre ein. Je älter ein Individuum wird, um so stärker treten die Farben hervor; jedoch scheinen unter Umständen auch pathologische Prozesse den Eintritt derselben zu beschleunigen. So ist es an den Ganglien des Sympathicus eine auffallende Erschei- nung, dass gewisse Krankheitsprozesse, z. B. die typhösen, einen wirksamen Einfluss auf die frühe Pigmentirung zu üben scheinen. Da aber das Pigment etwas relativ Fremdartiges in der inneren Zusammensetzung der Zelle darstellt, welches, soviel wir wissen, nicht für die eigentliche Function dienstbar ist, sondern als ein träges Accidens auftritt, so dürfte es in der That wohl möglich sein, dass man diese Zustände als eine Art von vorzeitigem Altern der Ganglien zu betrachten hat. In diesen Fällen unterscheidet man an der Ganglienzelle (Fig. [Abbildung Fig. 88.] 88, a) ausser dem sehr deutlichen, grossen Kerne mit seinem grossen, glänzenden Kernkörperchen den eigentlichen Inhalt, welcher aus einer feinkörnigen Grundsubstanz besteht und welcher an einer ge- wissen Stelle das gewöhnlich ex- centrisch, zuweilen rings um den [Abbildung Fig. 88. Elemente aus dem Ganglion Gasseri. a Ganglienzelle mit kernreicher Scheide, die sich um den abgehenden Nervenfortsatz er- streckt; im Innern der grosse, klare Kern mit Kernkörperchen und um ihn Pigmentanhäufung. b Isolirte Ganglienzelle mit dem an sie heran- tretenden blassen Fortsatz. c Feinere Nervenfaser mit blassem Axency- linder. Vergr. 300.]

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/253>, abgerufen am 24.11.2024.