Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.Die Contractilität. Atrophie überhaupt macht, ist die Verkleinerung des Durch-messers der Primitivbündel; bei der fettigen Atrophie kommt dazu die gröbere Veränderung, dass im Innern des Primitiv- bündels kleine Reihen von Fettkörnchen auftreten, unter deren Entwicklung die eigentliche contractile Substanz an Masse abnimmt. Je mehr Fett, desto weniger contractile Substanz, oder mit anderen Worten: der Muskel wird weniger leistungs- fähig, je geringer der normale Inhalt seiner Primitivbündel wird. Auch die pathologische Erfahrung bezeichnet daher als die Trägerin der Contractilität eine bestimmte Substanz, deren Vorkommen, wie namentlich die wichtigen Untersuchungen von Kölliker gelehrt haben, an bestimmte Gewebselemente gebun- den ist. Während man früher neben der Muskelsubstanz noch manche andere Dinge, z. B. Bindegewebe als contractil annahm, so hat sich neuerlich die ganze Lehre von der Contractilität eigent- lich auf jene Substanz zurückgezogen, und es ist gelungen, fast alle die sonderbaren Phänomene der Bewegung auf die Existenz von minutiösen Theilen wirklich muskulöser Natur zurückzufüh- ren. So liegen in der Haut des Menschen kleine Muskeln, unge- fähr so gross wie die kleinsten Fascikel von der Harnblasen- wand, aus ganz kleinen Faserzellen bestehende Bündel, welche vom Grunde der Haarfollikel gegen die Haut verlaufen, und welche, wenn sie sich zusammenziehen, die Oberfläche der Haut gegen die Wurzel des Haarbalges nähern. Das Resultat davon ist natürlich, dass die Haut uneben wird und man, wie man sagt, eine Gänsehaut bekommt. Dies sonderbare Phä- nomen, welches nach den früheren Anschauungen unerklär- lich war, ist einfach erklärt durch den Nachweis dieser rein mikroskopischen Muskeln, der Arrectores pili. So wissen wir gegenwärtig, dass der grösste Theil der 4*
Die Contractilität. Atrophie überhaupt macht, ist die Verkleinerung des Durch-messers der Primitivbündel; bei der fettigen Atrophie kommt dazu die gröbere Veränderung, dass im Innern des Primitiv- bündels kleine Reihen von Fettkörnchen auftreten, unter deren Entwicklung die eigentliche contractile Substanz an Masse abnimmt. Je mehr Fett, desto weniger contractile Substanz, oder mit anderen Worten: der Muskel wird weniger leistungs- fähig, je geringer der normale Inhalt seiner Primitivbündel wird. Auch die pathologische Erfahrung bezeichnet daher als die Trägerin der Contractilität eine bestimmte Substanz, deren Vorkommen, wie namentlich die wichtigen Untersuchungen von Kölliker gelehrt haben, an bestimmte Gewebselemente gebun- den ist. Während man früher neben der Muskelsubstanz noch manche andere Dinge, z. B. Bindegewebe als contractil annahm, so hat sich neuerlich die ganze Lehre von der Contractilität eigent- lich auf jene Substanz zurückgezogen, und es ist gelungen, fast alle die sonderbaren Phänomene der Bewegung auf die Existenz von minutiösen Theilen wirklich muskulöser Natur zurückzufüh- ren. So liegen in der Haut des Menschen kleine Muskeln, unge- fähr so gross wie die kleinsten Fascikel von der Harnblasen- wand, aus ganz kleinen Faserzellen bestehende Bündel, welche vom Grunde der Haarfollikel gegen die Haut verlaufen, und welche, wenn sie sich zusammenziehen, die Oberfläche der Haut gegen die Wurzel des Haarbalges nähern. Das Resultat davon ist natürlich, dass die Haut uneben wird und man, wie man sagt, eine Gänsehaut bekommt. Dies sonderbare Phä- nomen, welches nach den früheren Anschauungen unerklär- lich war, ist einfach erklärt durch den Nachweis dieser rein mikroskopischen Muskeln, der Arrectores pili. So wissen wir gegenwärtig, dass der grösste Theil der 4*
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Die Contractilität.
Atrophie überhaupt macht, ist die Verkleinerung des Durch-
messers der Primitivbündel; bei der fettigen Atrophie kommt
dazu die gröbere Veränderung, dass im Innern des Primitiv-
bündels kleine Reihen von Fettkörnchen auftreten, unter deren
Entwicklung die eigentliche contractile Substanz an Masse
abnimmt. Je mehr Fett, desto weniger contractile Substanz,
oder mit anderen Worten: der Muskel wird weniger leistungs-
fähig, je geringer der normale Inhalt seiner Primitivbündel
wird. Auch die pathologische Erfahrung bezeichnet daher als
die Trägerin der Contractilität eine bestimmte Substanz, deren
Vorkommen, wie namentlich die wichtigen Untersuchungen von
Kölliker gelehrt haben, an bestimmte Gewebselemente gebun-
den ist. Während man früher neben der Muskelsubstanz noch
manche andere Dinge, z. B. Bindegewebe als contractil annahm,
so hat sich neuerlich die ganze Lehre von der Contractilität eigent-
lich auf jene Substanz zurückgezogen, und es ist gelungen, fast
alle die sonderbaren Phänomene der Bewegung auf die Existenz
von minutiösen Theilen wirklich muskulöser Natur zurückzufüh-
ren. So liegen in der Haut des Menschen kleine Muskeln, unge-
fähr so gross wie die kleinsten Fascikel von der Harnblasen-
wand, aus ganz kleinen Faserzellen bestehende Bündel, welche
vom Grunde der Haarfollikel gegen die Haut verlaufen, und welche,
wenn sie sich zusammenziehen, die Oberfläche der Haut
gegen die Wurzel des Haarbalges nähern. Das Resultat
davon ist natürlich, dass die Haut uneben wird und man, wie
man sagt, eine Gänsehaut bekommt. Dies sonderbare Phä-
nomen, welches nach den früheren Anschauungen unerklär-
lich war, ist einfach erklärt durch den Nachweis dieser rein
mikroskopischen Muskeln, der Arrectores pili.
So wissen wir gegenwärtig, dass der grösste Theil der
Gefässmuskeln aus Elementen dieser Art besteht, und dass die
Contractionsphänomene der Gefässe einzig und allein auf die
Wirkung von Muskeln zurückbezogen werden müssen, welche
in ihnen in Form von Ring- oder Längsmuskeln enthal-
ten sind. Eine kleine Vene oder eine kleine Arterie kann
sich nur soweit zusammenziehen, als sie mit Muskeln
versehen ist, und sie unterscheiden sich nur durch den
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