Allgemeinen beginnt und aufhört, was die Aufhebung aller Vermittlung voraussetzt und diese in der Mitte ihres Wegs nur frei und selbstthätig, ebendaher mit der bewußten Bestimmung, daß sie zu überwinden sey, hervortreten läßt. Die Religion wird sich als Gefühl darstellen, worin Subject und Object noch gar nicht geschieden sind; was sie von Formen der Vermittlung aus sich erzeugt, das bleibt, eben weil sie sich von jener Grundlage auch in ihren höheren Formen nicht zu befreien vermag, in der stoffartigen Verwechslung von Subject und Object hängen, welche in §. 5 Anm. schon berührt ist. Die Kunst dagegen entspricht der An- schauung, worin dem Subject -- zwar in sinnlicher Weise -- klar ge- schieden ein Object gegenübertritt; diese Gegenüberstellung ist offenbar bereits Vermittlung. Die Kunst wird sich auch wirklich als die Ver- mittlerin zwischen Religion und Philosophie darstellen. Der §. hat sich jedoch auf die besonderen Formen Religion und Kunst noch nicht einzulassen, sondern nur abstract zu Behuf der ersten Grundlegung auf das dargestellte Gesetz des logischen Prozesses überhaupt zu berufen, der auch der Prozeß des wirklichen Geistes ist. Gegeben ist im obigen Zusammenhang zunächst nur die Philosophie, welche als die einzig adäquate Form der absoluten Idee im Anfang des §. ausgesprochen ist; nur mit dieser ist jetzt der Stand- punkt des Schönen zu vergleichen, und da also nur ein Verhältniß zwischen zwei Formen gegeben ist, so kann das in Rede stehende Gesetz nur nach der allgemeinen Bestimmung aufgeführt werden, daß es einen Ausgang vom Unmittelbaren und einen Fortgang zum Vermittelten mit sich führt. Nun erwäge man, daß das Schöne als ein gegenüberstellendes Anschauen verglichen mit dem, Subject und Object dunkel in Eins schlingenden, Gefühl zwar allerdings eine vermittelte Form ist, wenn es aber nach vorwärts mit dem Denken verglichen wird, durchaus als gegründet auf Unmittel- barkeit erscheint, so wie die Anschauung überhaupt im psychologischen Gebiete mit dem Gefühl verglichen zwar eine Vermittlung, mit dem Denken aber verglichen eine Unmittelbarkeit, eine sinnliche Form ist; man erwäge überhaupt, daß das Moment der Vermittlung in der philosophischen Methode selbst überall noch in Kategorieen der Sinnlichkeit hängt (alles blos verständige Trennen rührt daher, daß der Verstand noch von den Grundformen der Sinnlichkeit, Raum und Zeit, nicht frei ist); man erwäge aber weiter, daß die Vermittlung ebensosehr die Thätigkeit ist, diesen Rest des Unmittelbaren aufzuheben: so erhellt, daß im §. der Standpunkt des Schönen als eine im absoluten Geiste selbst noch geforderte Form der Unmittelbarkeit, das reine Denken aber als Form der (sich im Fortgang
Allgemeinen beginnt und aufhört, was die Aufhebung aller Vermittlung vorausſetzt und dieſe in der Mitte ihres Wegs nur frei und ſelbſtthätig, ebendaher mit der bewußten Beſtimmung, daß ſie zu überwinden ſey, hervortreten läßt. Die Religion wird ſich als Gefühl darſtellen, worin Subject und Object noch gar nicht geſchieden ſind; was ſie von Formen der Vermittlung aus ſich erzeugt, das bleibt, eben weil ſie ſich von jener Grundlage auch in ihren höheren Formen nicht zu befreien vermag, in der ſtoffartigen Verwechslung von Subject und Object hängen, welche in §. 5 Anm. ſchon berührt iſt. Die Kunſt dagegen entſpricht der An- ſchauung, worin dem Subject — zwar in ſinnlicher Weiſe — klar ge- ſchieden ein Object gegenübertritt; dieſe Gegenüberſtellung iſt offenbar bereits Vermittlung. Die Kunſt wird ſich auch wirklich als die Ver- mittlerin zwiſchen Religion und Philoſophie darſtellen. Der §. hat ſich jedoch auf die beſonderen Formen Religion und Kunſt noch nicht einzulaſſen, ſondern nur abſtract zu Behuf der erſten Grundlegung auf das dargeſtellte Geſetz des logiſchen Prozeſſes überhaupt zu berufen, der auch der Prozeß des wirklichen Geiſtes iſt. Gegeben iſt im obigen Zuſammenhang zunächſt nur die Philoſophie, welche als die einzig adäquate Form der abſoluten Idee im Anfang des §. ausgeſprochen iſt; nur mit dieſer iſt jetzt der Stand- punkt des Schönen zu vergleichen, und da alſo nur ein Verhältniß zwiſchen zwei Formen gegeben iſt, ſo kann das in Rede ſtehende Geſetz nur nach der allgemeinen Beſtimmung aufgeführt werden, daß es einen Ausgang vom Unmittelbaren und einen Fortgang zum Vermittelten mit ſich führt. Nun erwäge man, daß das Schöne als ein gegenüberſtellendes Anſchauen verglichen mit dem, Subject und Object dunkel in Eins ſchlingenden, Gefühl zwar allerdings eine vermittelte Form iſt, wenn es aber nach vorwärts mit dem Denken verglichen wird, durchaus als gegründet auf Unmittel- barkeit erſcheint, ſo wie die Anſchauung überhaupt im pſychologiſchen Gebiete mit dem Gefühl verglichen zwar eine Vermittlung, mit dem Denken aber verglichen eine Unmittelbarkeit, eine ſinnliche Form iſt; man erwäge überhaupt, daß das Moment der Vermittlung in der philoſophiſchen Methode ſelbſt überall noch in Kategorieen der Sinnlichkeit hängt (alles blos verſtändige Trennen rührt daher, daß der Verſtand noch von den Grundformen der Sinnlichkeit, Raum und Zeit, nicht frei iſt); man erwäge aber weiter, daß die Vermittlung ebenſoſehr die Thätigkeit iſt, dieſen Reſt des Unmittelbaren aufzuheben: ſo erhellt, daß im §. der Standpunkt des Schönen als eine im abſoluten Geiſte ſelbſt noch geforderte Form der Unmittelbarkeit, das reine Denken aber als Form der (ſich im Fortgang
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Allgemeinen beginnt und aufhört, was die Aufhebung aller Vermittlung
vorausſetzt und dieſe in der Mitte ihres Wegs nur frei und ſelbſtthätig,
ebendaher mit der bewußten Beſtimmung, daß ſie zu überwinden ſey,
hervortreten läßt. Die Religion wird ſich als Gefühl darſtellen, worin
Subject und Object noch gar nicht geſchieden ſind; was ſie von Formen
der Vermittlung aus ſich erzeugt, das bleibt, eben weil ſie ſich von jener
Grundlage auch in ihren höheren Formen nicht zu befreien vermag, in
der ſtoffartigen Verwechslung von Subject und Object hängen, welche in
§. 5 Anm. ſchon berührt iſt. Die Kunſt dagegen entſpricht der An-
ſchauung, worin dem Subject — zwar in ſinnlicher Weiſe — klar ge-
ſchieden ein Object gegenübertritt; dieſe Gegenüberſtellung iſt offenbar
bereits Vermittlung. Die Kunſt wird ſich auch wirklich als die Ver-
mittlerin zwiſchen Religion und Philoſophie darſtellen. Der §. hat ſich
jedoch auf die beſonderen Formen Religion und Kunſt noch nicht einzulaſſen,
ſondern nur abſtract zu Behuf der erſten Grundlegung auf das dargeſtellte
Geſetz des logiſchen Prozeſſes überhaupt zu berufen, der auch der Prozeß
des wirklichen Geiſtes iſt. Gegeben iſt im obigen Zuſammenhang zunächſt
nur die Philoſophie, welche als die einzig adäquate Form der abſoluten
Idee im Anfang des §. ausgeſprochen iſt; nur mit dieſer iſt jetzt der Stand-
punkt des Schönen zu vergleichen, und da alſo nur ein Verhältniß zwiſchen
zwei Formen gegeben iſt, ſo kann das in Rede ſtehende Geſetz nur nach
der allgemeinen Beſtimmung aufgeführt werden, daß es einen Ausgang
vom Unmittelbaren und einen Fortgang zum Vermittelten mit ſich führt.
Nun erwäge man, daß das Schöne als ein gegenüberſtellendes Anſchauen
verglichen mit dem, Subject und Object dunkel in Eins ſchlingenden, Gefühl
zwar allerdings eine vermittelte Form iſt, wenn es aber nach vorwärts
mit dem Denken verglichen wird, durchaus als gegründet auf Unmittel-
barkeit erſcheint, ſo wie die Anſchauung überhaupt im pſychologiſchen
Gebiete mit dem Gefühl verglichen zwar eine Vermittlung, mit dem
Denken aber verglichen eine Unmittelbarkeit, eine ſinnliche Form iſt; man
erwäge überhaupt, daß das Moment der Vermittlung in der philoſophiſchen
Methode ſelbſt überall noch in Kategorieen der Sinnlichkeit hängt (alles
blos verſtändige Trennen rührt daher, daß der Verſtand noch von den
Grundformen der Sinnlichkeit, Raum und Zeit, nicht frei iſt); man erwäge
aber weiter, daß die Vermittlung ebenſoſehr die Thätigkeit iſt, dieſen
Reſt des Unmittelbaren aufzuheben: ſo erhellt, daß im §. der Standpunkt
des Schönen als eine im abſoluten Geiſte ſelbſt noch geforderte Form der
Unmittelbarkeit, das reine Denken aber als Form der (ſich im Fortgang
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Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 1. Reutlingen u. a., 1846, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_aesthetik01_1846/66>, abgerufen am 21.11.2024.
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